Landfrauenverband Nordwestmecklenburg: Brücken bauen
Landfrauen sind landauf, landab meist älteres Semester, überall fehlt der Nachwuchs. Im Landfrauenverband Nordwestmecklenburg sieht das anders aus. Dort haben sich kürzlich rund 30 junge Landfrauen zusammengeschlossen. Wir sprachen darüber mit Justine Gerkens vom Organisationsteam.
Das Gespräch führte Bärbel Arlt
Wann wurde die Saat für die jungen Landfrauen Nordwestmecklenburg gesät?
Anlass war eine Auftaktveranstaltung der Deutschen Landfrauen vor vier Jahren zum Thema Nachwuchsmangel. Ich war dabei und mir war klar, da muss und da kann man etwas bewegen. Doch aus privaten Gründen blieb es dann erst einmal beim Vorhaben. Dann aber ging alles ganz schnell, die Saat ging super auf, denn in nur kurzer Zeit konnten rund 30 junge Frauen begeistert werden.
Wie ist das gelungen? Der Zusammenschluss erfolgte zudem in der Coronazeit, in der das Vereinsleben nahezu am Boden lag.
Angeschoben haben wir das Projekt im vergangenen Herbst. Wir – das sind Katrin, Hanna, Insa und ich, das sogenannte Organisationsteam. Und bekanntermaßen sind Landwirtinnen, Landwirte und junge Leute generell ja gut vernetzt, so gibt es kurze Wege, auf denen schnell viel erreicht werden kann. Via WhatsApp, Telefon, Kontakte im Arbeits- und Freundeskreis und auch über viel Mundpropaganda gelang es ohne große Überredungskünste, junge Frauen zu motivieren, dem Landfrauenverband Nordwestmecklenburg beizutreten.
Die Keimzelle hat sich dann auch schnell weiterentwickelt?
Auftaktveranstaltung für ein erstes Kennenlernen war eine Online-Weinverkostung am 30. April. Wir konnten dafür eine junge Winzerin aus Rheinland-Pfalz gewinnen, die uns alles rund um den Wein erklärte. Darüber hinaus haben wir natürlich diskutiert, was wir bewegen wollen.
Und was wollen die jungen Frauen mit dem Landfrauenverband Nordwestmecklenburg bewegen?
Wir wollen in den Dörfern junge Frauen zusammenbringen – und zwar eingesessene und zugezogene. Denn immer mehr junge Familien ziehen aus der Stadt aufs Land oder junge Frauen, die jahrelang woanders gearbeitet oder eine Ausbildung gemacht haben, kommen zurück ins Heimatdorf. Da wollen wir Brücken schlagen.
Und wir wollen weg von den Klischees: Auf dem Dorf lebt jeder nur in seiner eigenen Welt und als Landfrau muss man Landwirtin sein. So arbeiten unsere jungen Landfrauen zum Beispiel als Zahntechnikerin, Bankkauffrau, Buchhalterin, Hauswirtschafterin und Polizistin. Mit dabei sein können junge Frauen vom Land und die, die sich dem Land zugehörig fühlen.
Der Anfang ist also gemacht – wie wird das junge Pflänzchen jetzt weiter gedeihen?
Wir hatten neben den Online-Aktivitäten unsere ersten persönlichen „Speeddatings“ bei einer Radtour zur Insel Poel und einem Grillkurs. Auch erste Freundschaften sind entstanden.
Und wir haben etliche Veranstaltungsideen entwickelt, bei denen Netzwerken und Ernährung eine große Rolle spielen. So wollen wir Städter, aber auch Leute vom Land auf die Höfe holen und Jägerschnupperkurse anbieten. Es wird Do-it-yourself-Angebote geben. Geplant haben wir unter anderem einen Kurs, in dem wir Lampen aus Holzpfählen kreieren. Auch Traditionen lassen wir nicht außen vor.
Das heißt, Sie beziehen auch die älteren Landfrauen mit ein?
Auf jeden Fall. Sie uns und wir sie. Ich denke zum Beispiel an eine Veranstaltung zum Thema Einwecken, das bei jungen Leuten wieder total im Trend ist. Da setzen wir auf das Wissen der älteren Landfrauen. Auch gemeinsame Themenabende wollen wir angehen und Erfahrungen zum Beispiel in der Kinderbetreuung austauschen.
Freuen sich denn die älteren Landfrauen über den Nachwuchs?
Ja klar, es gab viele positive Reaktionen, wir erfahren großen Rückhalt. Und so manche ältere Landfrau atmet auf, dass der Nachwuchs künftig ihr Zepter in die Hand nehmen wird.
Wie haben Sie selbst den Weg zu den jungen Landfrauen gefunden?
Vor sieben Jahren in Schleswig-Holstein über die Landjugend, der ich angehörte. Seit fünf Jahren bin ich in Mecklenburg-Vorpommern und da bleibe ich auch – derzeit wohne ich zwar noch in der Stadt, aber im nächsten Jahr geht’s wieder aufs Dorf und damit zurück ins Landleben, worauf ich mich ebenso freue wie auf die Aktivitäten mit den jungen Landfrauen.
Sie arbeiten in einem mittelständischen Saatgutunternehmen, sind Gebietsleiterin und Produktmanagerin. Bleibt da überhaupt Zeit für eine engagierte Vereinsarbeit?
Auch alle anderen jungen Landfrauen sind beruflich oder als Mutter stark eingebunden, und es ist sicherlich nicht immer einfach, alles unter einen Hut zu bekommen. Doch ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn man etwas mit Spaß und Leidenschaft angeht und dahintersteht, dann geht es auch leicht von der Hand.
Welchen Rat können Sie anderen Landfrauenverbänden bei der Nachwuchsgewinnung noch mit auf den Weg geben?
Einfach machen und keine Scheu davor haben, junge Frauen anzusprechen. Prima anschieben kann man das mit einem kleinen, verlässlichen, engagierten Team. Gern stehen wir auch mit Rat und Tat zur Seite, und Unterstützung gibt es auch beim Deutschen Landfrauenverband.