Ausbildung zur Fachkraft Agrarservice

Man darf keine „Püppi“ sein

Melina Meißner ist Fachkraft Agrarservice. (c) Heike Mildner
Junges Land
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Eigentlich wollte sie etwas ganz anderes machen. Jetzt ist Melina Meißner Fachkraft Agrarservice, hat mit 1,8 abgeschlossen und leitet mit 22 Jahren ihren eigenen Betrieb.

Von Heike Mildner

Manchmal gerät man ungewollt auf die Überholspur. Als im Februar 2017 Mario Meißner, Melinas Vater, viel zu früh starb, hinterließ er einen 250-ha-Marktfruchtbetrieb. Melina war – anders als ihr jüngerer Bruder – bereits volljährig. Sie hatte gerade ihr Fachabitur in der Tasche und bei der Bundeswehr eine Ausbildung begonnen. Nun also doch zurück nach Obersdorf und ab in die Landwirtschaft.

Melina Meißner (c) Heike Mildner

In Obersdorf im Landkreis Märkisch-Oderland heißen viele Meißner. Steffen Meissner, der dort einen Landwirtschaftsbetrieb führt und Melinas Ausbilder wurde, ist nicht mit ihr verwandt. Aber man kennt und hilft sich von Anfang an. Eigentlich wollte sie den Betrieb ihres Vaters im Nebenerwerb führen und sich auf die Ausbildung konzentrieren. Aber das ging nicht. Von Anfang an galt Melina Meißner als selbstständig, zahlte in die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ein, führte den Familienbetrieb und absolvierte parallel ihre Ausbildung.

Die Ausbildung zur Fachkraft Agrarservice zog sie der Landwirtsausbildung vor, weil sie wenigstens im Winter etwas mehr Zeit für die Buchführung im Familienbetrieb haben wollte. Und Tiere hat ihr Betrieb sowieso nicht. Zur Berufsschule fuhr sie nach Groß Kreutz und schlug sich dort als einzige Frau unter den am Ende elf Berufsschülern dieses Ausbildungsberufes ausgesprochen gut: 1,1 die Theorie, Gesamtnote 1,8 und als Zugabe eine gute Portion Durchsetzungsvermögen.

Ohne die braucht man aber auch gar nicht anzufangen, sagt Melina. „Ich schmink mich auch mal, weiß aber auch, dass ich nicht mit schönem Outfit auf den Trecker zu steigen brauche“, sagt sie. Wenn es körperlich schwer werde, müsse sie mit Ganzkörpereinsatz arbeiten, und dabei mache man sich auch mal dreckig. „Man muss es wollen, sich darauf einlassen, muss sich hineindenken in die Technik“, sagt sie und ließ Zweifel gar nicht erst zu. Schließlich war sie zum Erfolg verpflichtet.

Dennoch ist sie froh, sich jetzt auf die Selbstständigkeit konzentrieren zu können. Hätte sie länger als zwei Wochen Zeit gehabt, sich für eine verkürzte Ausbildung zu entscheiden, hätte sie es gemacht, sagt Melina Meißner. Sich diesbezüglich in den ersten zwei Wochen der Ausbildung entscheiden zu müssen, findet sie lebensfremd. Zuerst habe sie es sich nicht zugetraut zu verkürzen, später habe sie sich teils gelangweilt in der Schule.

Auf ihrem Betrieb hat Melina in diesem Jahr Mais, Raps, Gerste, Triticale und Roggen wachsen lassen. Gerade steht die Maisernte an: auf dem Ausbildungsbetrieb und auf dem eigenen. Wie gesagt, man hilft sich in Obersdorf. Über die Meisterschule denkt sie noch nicht nach. Eher Finanzbuchhaltung, das würde sie jetzt dringender brauchen. Und schon ist sie unterwegs zum Schlepper, zum Feld, zum Mais. Die nächsten vier Wochen wird gehäckselt, was das Zeug hält.