Direktvermarktung: Junge Meister im Doppelpack
Das Fleischerhandwerk in der Römhilder Agrargenossenschaft liegt in jungen Händen. Betriebsleiter Sebastian Michael ist gerade mal 27 Jahre alt. Sein Weg zur Führungskraft ging schneller, als gedacht.
Von Birgitt Schunk
(Text und Fotos)
Eigentlich wollte Sebastian Michael Koch werden. „Essen und Lebensmittel interessierten mich schon immer“, sagt er. Als Kind vom Dorf war er zudem oft genug dabei, wie zu Hause geschlachtet und Wurst gemacht wurde. „Vor allem wollte ich in einem handwerklichen Betrieb lernen, in dem von der Pike auf alles noch selbst gemacht wird – so wie früher.“
Heute ist der junge Mann aus Leimrieth immer noch in seinem Lehrbetrieb, der Landwirtschaftlichen Erzeugung und Vermarktung (LEV) „Zu den Gleichbergen“ Römhild eG, und hat den Meisterbrief in der Tasche. „Ich hatte mir von Anfang an vorgestellt, irgendwann einmal Verantwortung zu übernehmen.“ Mit 26 Jahren erfüllten sich seine Berufswünsche, denn da wurde er Betriebsleiter der Fleischerei. „Das ging schneller als gedacht.“ Er weiß somit, dass es auch berufliche Chancen auf dem Lande gibt. „Ein Städter wollte ich ohnehin nie werden.“ Zeit und kurze Wege, Landleben, Familie und Freunde sind ihm wichtig.
AlS Meister Chef von sieben Leuten
Als Fleischer-Meister geht der Arbeitstag zudem früh los, nach dem Mittag kann er sich schon fast auf den Heimweg machen. So bleibe Zeit für den Nachwuchs und das Haus: „Auch das sind Vorteile in dem Beruf“, so Sebastian Michael.
Heute ist der 27-Jährige Chef von sieben Leuten und einem Lehrling – eine junge Truppe, das Durchschnittsalter liegt bei 35 Jahren. Sein 26-jähriger Kollege Andreas Heun wird ebenso seinen Meisterabschluss ablegen – die letzte Prüfung ist wegen der Coronakrise allerdings verschoben. Michael und er kennen sich schon aus der Kindergartenzeit und lernten beide im Betrieb. Zwischenzeitlich lebte und arbeitete Heun in Südbayern, kam aber wieder zurück. „Ich konnte hier wieder anfangen und wollte aber unbedingt meinen Meister machen.“
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In seinem alten Betrieb stieß er dabei auf offene Ohren. LEV-Vorstandsvorsitzender Udo Schubert hatte nur eine Bedingung: Beide sollten nicht gleichzeitig die Meister-Schulbank drücken. „Ansonsten muss man jungen Leuten, die wirklich wollen, solche Chancen bieten, um sie zu halten“, sagt er. Der Betrieb finanzierte die Lehrgänge und legte auch beim Gehalt nach erfolgreichem Abschluss etwas drauf. „Sonst funktioniert es nicht – zumal die Bewerberzahlen für eine Lehre im Fleischerhandwerk in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind.“ Dennoch kann die Genossenschaft mit dieser Konstellation nicht klagen. Die jungen Leute selbst und auch die Qualitätsprodukte werben für die Branche.
Der Aufwand ist hoch, denn das Unternehmen schlachtet noch selbst und hat hier einiges investiert. „Solange wir das können, wollen wir den Standard halten“, sagt Schubert. Rund 30 Schweine werden in der Woche geschlachtet. Die Tiere wurden viele Jahre selbst in dem nur einen Kilometer entfernten Stall aufgezogen.
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Dort werden die Schweine auch heute noch gemästet, allerdings unter einem neuen Betreiber. „Der hat ein geschlossenes System und kann effektiver arbeiten – wir waren immer vom Läuferpreis abhängig.“ Von diesem Betrieb und weiteren Partnern wird zugekauft. Wichtig sei, dass die kurzen Wege von der Schlachtung bis zur Verarbeitung erhalten blieben. „Das ist auch eine Qualitätsfrage für uns.“ Verarbeitet werden zudem zwei bis drei Bullen pro Woche. Neben der eigenen Landkaufhalle am Firmensitz betreibt die LEV Filialen in Heldburg, Schleusingen und Hildburghausen. Zwanzig Verkäuferinnen finden hier Arbeit. Die Produkte werden geschätzt und nachgefragt. „Trotzdem schauen noch zu viele Leute nach Billigangeboten – hätten wir unsere Läden in großen Städten, könnten wir mehr absetzen.“
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Das BetriebsKlima stimmt
Die Coronakrise bekommt der Betrieb am sinkenden Umsatz zu spüren. Große Feste fallen aus, private Partys sind ebenso nicht erlaubt. „Es wird längst nicht so viel gegrillt wie sonst um diese Zeit“, weiß Schubert. In den Läden mussten zudem die Corona-Auflagen umgesetzt werden – von Absperrungen bis hin zu Schutzscheiben an der Kasse. „Das volle Programm.“ Online bestellen die Kunden etwa Konserven mit Hausschlachtwurst, Knacker oder Schinken. „Das sind aber keine Riesenumsätze – vielleicht 20, 30 Pakete in der Woche.“
Wichtig aus Schuberts Sicht ist vor allem, dass das Arbeitsklima stimmt. „Das passt in der Fleischerei“, sagt er. Die junge Mannschaft kann freilich eigene Ideen umsetzen. So kam jüngst beispielsweise der „Knusperbauch“ mit verschiedenen Außenwürzungen wie Curry oder Kräuter in die Ladentheke. Neben der klassischen Thüringer Rostbratwurst gibt es auch Varianten mit Barbecue oder Käse.
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