Landwirtschaft auch aus der Ferne studieren

Der Campus des Fachbereichs liegt in Bernburgs Ortsteil Strenzfeld. Die Wohnheime für Studierende liegen inmitten von Grün- und Sportanlagen. © Hochschule Anhalt
Junges Land
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Die Hochschule Anhalt bietet neben dem Bachelor Landwirtschaft und dem Master Food and Agribusiness die berufsbegleitenden Studiengänge Landwirtschaft/Agrarmanagement (Bachelor) und Agrarmanagement (Master).

Von Ulrike Bletzer

„Wir kochen auch nur mit Wasser“, stellt Prof. Dr. Heiko Scholz, Studienfachberater am Fachbereich 1 der Hochschule Anhalt, nüchtern fest – und nennt im nächsten Atemzug doch einige Qualitätsmerkmale, die den Bachelor-Studiengang Landwirtschaft, den er gemeinsam mit acht weiteren Professorinnen und Professoren, zwölf Mitarbeitenden und etlichen externen Lehrbeauftragten betreut, besonders auszeichnen. „Die Atmosphäre ist familiär, und der Umgang zwischen Dozenten und Studierenden ist von einem Vertrauensverhältnis geprägt“, sagt er und schickt hinterher: „Das ist eben der Vorteil einer kleinen Einrichtung.“

Hochschule Anhalt: Zwischen 19 berufsbegleitenden Fernstudiengängen wählen

Rund 7.500 Studierende zählt die Hochschule Anhalt, die im vergangenen Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern konnte, insgesamt. Die sieben verschiedenen Fachbereiche sind auf drei unterschiedliche Standorte verteilt. Am Campus in Bernburg ist neben dem Fachbereich 2 (Wirtschaft) der Fachbereich 1 (Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung) beheimatet.

„Im Bachelor-Studiengang Landwirtschaft haben wir 50 bis 100 Direktstudenten pro Semester und noch einmal so viele Fernstudenten“, berichtet Prof. Scholz. Womit wir auch schon bei einer Besonderheit wären, die allerdings weit über den „grünen Fachbereich“ hinausreicht: An der Hochschule Anhalt kann man zwischen insgesamt 19 berufsbegleitenden Fernstudiengängen wählen.

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Keine Vertiefung in eine bestimmte Richtung

Der für Direktstudenten angebotene sechssemestrige Bachelor-Studiengang Landwirtschaft umfasst 22 Pflicht- und 17 Wahlpflichtmodule, wobei die Schwerpunkte zu etwa gleichen Anteilen auf den drei großen Bereichen Tierproduktion, Pflanzenproduktion und Betriebswirtschaft liegen.

Er vermittelt das fachliche und ökonomische Wissen, das man braucht, um ein Unternehmen in der Primärproduktion oder im vor- oder nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft zu führen. „Eine Vertiefungsrichtung gibt es nicht. Schließlich handelt es sich um einen Bachelor-Studiengang, der ein möglichst breit gefächertes Grundlagenwissen vermitteln soll“, erklärt Prof. Scholz. Und fügt, was die Zugangsvoraussetzungen betrifft, hinzu: „Etwa zwei Drittel unserer Studienanfänger haben eine abgeschlossene landwirtschaftliche Lehre, das restliche Drittel dagegen das Abitur in der Tasche. Auf diese Weise verbindet sich das praktische Denken mit dem methodisch korrekten Denken, was für die Zusammenarbeit der Studierenden untereinander sehr bereichernd ist.“

Bernburgs grüner Campus mit 55 ha Versuchsfeldfl äche, zahlreichen Projektgärten  und Versuchsanlagen sowie modernsten Laboren bietet exzellente Experimentalplätze  für die Lehre und angewandte Forschung.
Bernburgs grüner Campus mit 55 ha Versuchsfeldfläche, zahlreichen Projektgärten und Versuchsanlagen sowie modernsten Laboren bietet exzellente Experimentalplätze für die Lehre und angewandte Forschung. © Hochschule Anhalt

Praxisbezug in vielerlei Hinsicht

Dass der Praxisbezug in Bernburg mehr als eine gut klingende Floskel ist, spiegelt sich in verschiedener Hinsicht wider. „Unser Standort Bernburg-Strenzfeld liegt inmitten einer Agrarlandschaft“, nennt der Professor eine davon und präzisiert: „Vom Hörsaal aus sind wir in spätestens fünf Minuten auf einem der Versuchsfelder, von denen der Campus umrahmt ist.“ Zudem findet man im Bernburger Stadtteil Strenzfeld und seiner Umgebung neben dem Internationalen Pflanzenbauzentrum der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft und der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau eine ganze Reihe von landwirtschaftlichen Unternehmen.

Synergien werden aber auch anderweitig genutzt. „Wir sind sowohl mit den Ökotrophologen als auch mit den Landschaftsarchitekten und Naturschützern in Strenzfeld eng vernetzt. Die Kombination dieser Studiengänge innerhalb eines Fachbereichs ist ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Prof. Scholz und berichtet von einer Studierenden-Initiative namens „Landwirtschaft meets Naturschutz“, die in vierwöchigem Rhythmus wechselseitig Projekte aus beiden Bereichen vorstellt.

Praktika, Praxistage und Exkursionen

Einen großen Stellenwert besitzen die Praxistage, an denen beispielsweise Besichtigungen von Schülerbetrieben auf dem Programm stehen. Auch mehrtägige Exkursionen finden regelmäßig statt. Dazu kommen zwei längere Pflichtpraktika: Nach dem 2. Semester sind acht und nach dem 4. Semester zehn Wochen Praktikum vorgeschrieben – eine Zeit, während der die Studierenden in einem Betrieb, einem Amt oder einer Forschungseinrichtung aus dem landwirtschaftlichen Bereich ihren Horizont erweitern.

Prof. Dr. Heiko  Scholz ist Studienfachberater am  Fachbereich 1 der  Hochschule Anhalt.
Prof. Dr. Heiko Scholz ist Studienfachberater am Fachbereich 1 der Hochschule Anhalt. © Hochschule Anhalt

Ein enger Bezug zur Welt außerhalb der Hochschule sei aber auch während der Vorlesungen und Seminare gegeben, betont Prof. Scholz, dessen Lehrgebiet die Tierernährung und Ökonomie in der Tierproduktion ist: „Fast alle Kolleginnen und Kollegen waren vorher in der Praxis tätig.“ Da-zu kommen die externen Dozenten. Bei ihnen handelt es sich unter anderem um Betriebsleiter und Vertreter des Bauernverbandes, die über Themen wie Agrarpolitik, Düngerecht oder Tierschutz referieren. „Da sie sich tagtäglich mit diesen Themen beschäftigen, können sie den Studierenden immer den jeweils aktuellen Stand vermitteln“, so der Studienfachberater.

„Das Gesamtpaket stimmt“, sagt Norman Langenbrink über das beschriebene Studienangebot. Im Vorfeld habe er auch ein landwirtschaftliches Universitätsstudium in Betracht gezogen, sich letztlich dann aber für das in seinen Augen praxisnähere Studium an der Fachhochschule entschieden, erzählt der 20-Jährige, der in Bernburg inzwischen im dritten Semester ist und das im Bachelor-Studiengang Landwirtschaft erworbene Wissen mit den Erfordernissen des Praxisbetriebs vergleicht, in dem er ab und zu arbeitet. „Da gibt es eine große Übereinstimmung“, fasst er zusammen und hebt zudem den von Versuchsfeldern „umzingelten“ Standort des Fachbereichs positiv hervor.

Verbale Kompetenz ist wichtig

Außer in der Bachelorarbeit, die die Studierenden am Ende schreiben, müssen sie ihr Wissen auch in zwei Prüfungsphasen pro Semester unter Beweis stellen, wobei die Zahl der mündlichen Prüfungen genauso groß ist wie der mündlichen. Schwierig für jemanden, dem das Rhetorische nicht so liegt? „Man kann keinen Betrieb leiten, ohne sich auch mal vor eine Gruppe zu stellen, zu sprechen und sachlogisch zu argumentieren“, gibt Prof. Scholz zu bedenken.

Die Studierenden des Bernburger Fachbereiches Landwirtschaft  wechseln oft vom Schreibtisch in die Praxis.
Die Studierenden des Bernburger Fachbereiches Landwirtschaft wechseln oft vom Schreibtisch in die Praxis © Hochschule Anhalt

Bleibt noch die Frage, wo die Bernburger Absolventinnen und Absolventen später arbeiten. „Zu rund 80 Prozent in landwirtschaftlichen Betrieben, wo sie zum Beispiel die Funktion des Ackerbauleiters, des Tierproduktionsleiters oder auch des Chefs innehaben“, antwortet er und ergänzt, etwa zehn Prozent der Studierenden seien anschließend in der Beratung und weitere zehn Prozent im vor- oder nachgelagerten Bereich der Landwirtschaft tätig. Dazu kommen einige, die – etwa an der Humboldt-Universität Berlin oder der Georg-August-Universität Göttingen – den Master draufsatteln.

An der Hochschule Anhalt selbst gibt es bislang keinen Master-Studiengang Landwirtschaft. Aber der Professor betont: „Wir sind gerade dabei, einen solchen Studiengang zu entwickeln.“ Von der Möglichkeit, den unter anderem für die Landwirtschafts-Bachelorstudenten konzipierten und bereits in Bernburg angebotenen Master-Studiengang Food and Agribusiness zu belegen, würden wenige Gebrauch machen, fügt er hinzu: „Das ist nur für diejenigen interessant, die später in die Direktvermarktung gehen möchten.“

Hochschule Anhalt: Wie groß ist das Einzugsgebiet?

„Bei den Direktstudenten umfasst es alle ostdeutschen Bundesländer und reicht darüber hinaus bis nach Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Sie können auf mehrere Studentenwohnheime zurückgreifen“, so der Studienfachberater, der darauf hinweist, dass die Lebenshaltungskosten in Bernburg und Umgebung relativ niedrig sind. Fast überflüssig zu erwähnen, dass das Einzugsgebiet bei den Fernstudenten noch deutlich größer ist – neben ganz Deutschland umfasst es Österreich und sogar Norditalien.

Das berufsbegleitende Fernstudium richtet sich zum einen an Personen, die schon länger berufstätig und familiär an einen bestimmten Ort gebunden sind, und zum anderen an junge Menschen, die nach der Ausbildung als Angestellte in einem Betrieb arbeiten und sich parallel dazu weiterqualifizieren möchten. Beide Gruppen erhalten die Unterlagen zum Selbststudium sowohl online als auch in Papierform, sind aber auch immer wieder zum Unterricht vor Ort in Bernburg.

In der Regel findet pro Modul ein Präsenzwochenende von Freitag- bis Samstagnachmittag statt. „Diese Präsenzphasen sind sehr wichtig, damit die Studierenden mit ihren offenen Fragen nicht allein bleiben und sich austauschen können“, betont Prof. Scholz und berichtet, bei etwa einem Drittel der Fernstudenten handle es sich um branchenfremde Quereinsteiger: „Unter anderem haben wir Lehrer und Polizisten dabei. Aus dieser Vielfalt ergeben sich spannende Diskussionen.“

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Lehre am Objekt: Eine Gruppe von Studenten unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Christa Volkmar auf den Versuchsfeldern. © Frank Steinheimer

Bachelor-Studiengang Landwirtschaft/Agrarmanagement

Konkret ist bei den Fernstudiengängen zum einen der Bachelor-Studiengang Landwirtschaft/Agrarmanagement zu nennen, dessen Absolventen nach sieben Semestern den „Bachelor of Engineering“ in der Tasche haben. Dieser Studiengang vermittelt Grundlagen der Agrarwirtschaft, weitere Schwerpunkte liegen auf der speziellen Tier- und Pflanzenproduktion, der Unternehmensführung sowie der Agrarmarktlehre und -politik.

Zum anderen wird in Bernburg in Zusammenarbeit mit der Andreas-Hermes-Akademie der Master-Studiengang Agrarmanagement angeboten. Er dient der Vertiefung von Kenntnissen und Kompetenzen in den Bereichen Personalmanagement, Verhandlungsführung, Controlling, strategisches Management, Führungsmethodik, Selbstorganisation und Kommunikation und führt in fünf Semestern zum Abschluss „Master of Business Administration“. Nach Angaben der Hochschule handelt es sich dabei um den deutschlandweit ersten Fernstudiengang für landwirtschaftliche Führungskräfte.

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