Spritzen mit künstlicher Intelligenz

Forschen an Sensoren für bedarfsgerechten Pfl anzenschutz: Dr. Boris Buchtala, Robert Bosch GmbH, Kevin Leitenberger, ehemals Universität Hohenheim, jetzt Bonn, und Dr. Helmut Schomburg, Robert Bosch GmbH (v. l.). (c) Bosch
Junges Land
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In einem Projekt werden Sensoren und Software für den automatisierten, bedarfsgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entwickelt. Erstes Ziel ist ein Prototyp für die Erkennung von Pilzkrankheiten bei Zuckerrüben.

Von Jörg Möbius

Es sind vor allem die Rübenblätter, die von der Pilzkrankheit Cercospora befallen werden. Damit beschädigt der Pilz die Energiequelle der Zuckerrübe: Sie kann weniger Sonnenlicht umwandeln und weniger Zucker einlagern. Je nach Region und Wetter brechen dadurch bis zu 30 oder gar 50 % des Ernteertrages weg. Welche Rüben wie stark befallen sind, lässt sich allerdings auch an der Farbe der Blätter ablesen. Denn diese verfärben sich mit fortschreitender Krankheit zunehmend gelb.

Sensoren und Software erkennen Krankheiten 

Hier setzt das Projekt „Smart Spraying“ (MartA) der Universität Hohenheim in Kooperation mit Bosch und Cubert an. Sensoren der Firmen Cubert und Bosch erfassen die Zuckerrüben. Die Bildverarbeitung von Bosch erkennt kritische Blattflecken besser, als es das menschliche Auge kann. Die Software der Universität Hohenheim bewertet dann den Einfluss der Befallsstärke auf die Ernte.

Sensoren Zuckerüben Pflanzenschutz
Pflanzenkrankheiten lassen sich mit Spektralkameras frühzeitig erkennen. (c) Bosch

„Auf diese Weise können wir klären: Gibt es Krankheitsfälle? Wie entwickelt sich die Krankheit? Mit wie viel Ertragsausfall muss der Landwirt rechnen, wenn er keine Spritzmittel einsetzt und wie viel müsste er ausgeben, wenn er das Feld behandeln will“, erklärt Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger von der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung der Universität Hohenheim.

Neben der Entscheidungshilfe liefert das Programm auch eine Applikationskarte, an welchen Stellen das Feld gegebenenfalls gespritzt werden sollte und an welchen keine Behandlung notwendig ist. Die Informationen lassen sich an die Steuerung der Spritzfahrzeuge übermitteln, sodass die Krankheit räumlich differenziert und zum idealen Zeitpunkt behandelt werden kann.

Zuckerrüben: Kombinierte Erkennung und Behandlung

Ein weiterer Forschungsschritt sieht vor, die Krankheitserkennung und Behandlung zu kombinieren. Entsprechend ausgerüstete landwirtschaftliche Maschinen könnten dann künftig in einem Arbeitsgang kranke Pflanzen identifizieren und gleich mit dem passenden Pflanzenschutzmittel besprühen. Durch den schnellen und lokal stark begrenzten Einsatz ließe sich die Menge der Spritzmittel auf ein Minimum beschränken und so die Umwelt schonen. „Im Rahmen des Forschungsprojektes haben wir uns auf einen Prototyp speziell für Zuckerrüben bzw. Winterweizen beschränkt“, berichtet die Agrarwissenschaftlerin. „Aber das Modell kann auch auf weitere Kulturpflanzen ausgedehnt werden.“

Sensoren: Einsatz unter Praxisbedingungen

Größte Herausforderung bei der Entwicklung der Sensoren von Cubert und der Algorithmen von Bosch ist, die Befallsmuster auf den Blättern treffsicher zu interpretieren. „Zum einen sind nicht alle krank aussehenden Blätter tatsächlich befallen – manchmal fehlt einfach nur Wasser oder Dünger“, erläutert Dr. Helmut Schomburg, Projektleiter bei Bosch. Zum anderen sei auch die präzise Diagnose einer Krankheit nicht einfach. Hier hilft die Erkenntnis, dass Blätter je nach Gesundheitszustand das Licht unterschiedlich stark reflektieren. „Vereinfacht gesprochen, leuchtet jede Blattkrankheit unterschiedlich hell“, veranschaulicht Dr. Schomburg. „Diese Unterschiede haben wir mithilfe von Blattaufnahmen aus sogenannten Spektralkameras analysiert – wobei die Spektralkameras selbst winzige Unterschiede erfassen.“


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Bei der Entwicklung tasten sich die Forscherinnen und Forscher schrittweise an die Praxisbedingungen heran: Erste Versuche liefen im Labor. Dann folgten weitere Versuche im Gewächshaus mit Krankheiten unter kontrollierten Bedingungen. Die Praxisversuche folgten dann auf dem Ihinger Hof als Teil der Versuchsstation der Universität Hohenheim.

Ausweitung auf andere Kulturpflanzen

Für die Software nutzt Prof. Dr. Graeff-Hönninger ein sogenanntes Pflanzenwachstumsmodell. „Hier gibt es bereits Open-Source-Programme. Diese berechnen in Abhängigkeit von Boden, Temperatur und Niederschlag, wie die Pflanzen wachsen. Wir haben diese Programme erst auf Zuckerrüben ausgeweitet und dann ein Modul entwickelt, das die Pilzkrankheit Cercospora simuliert.“ Außerdem wird die Software um Pilzbefall von Weizen ergänzt. Hier sind es gleich drei Krankheiten – Septoria, Gelbrost und DTR. Weitere könnten folgen: Das Forschungsteam ist überzeugt davon, dass sich der Forschungsansatz künftig auf weitere landwirtschaftliche Kulturpflanzen anwenden lässt.