500 Jahre Bauernkrieg: Vorgeschmack mit Zinnfiguren
Die Ereignisse des Deutschen Bauernkrieges jähren sich 2025 zum 500. Mal. Angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Landwirtschaft ist es an der Zeit, sie einmal mehr ins Bewusstsein zu rücken.
Von Dr. Nora Hilgert
Das Museum ist ein mehr als geeigneter Ort für diese historische Auseinandersetzung, und so wird im Gedenkjahr 2025 unter anderem eine große Thüringer Landesausstellung den Deutschen Bauernkrieg beleuchten.
Einer von zwei Hauptpartnern sind die Mühlhäuser Museen mit ihren seit der DDR-Zeit etablierten Gedenkstätten zu Thomas Müntzer und dem Bauernkrieg. Das Panorama Museum Bad Frankenhausen ist ebenfalls beteiligt. Viele weitere Museen und Institutionen werden sich bundesweit mit einem eigenen Programm anschließen.
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500 Jahre Bauernkrieg: Absolute Abhängigkeiten
Wie kam es dazu, dass sich 1524 und 1525 in weiten Teilen Deutschlands, Tirols, des Elsass und der Schweiz (damals noch Bestandteile des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation) Aufstände wie ein Lauffeuer ausbreiten konnten?
Bauern, Dorfbewohner, aber auch die Stadtbevölkerung begehrten gegen eine ganze Reihe von Missständen auf, die ihnen das Leben fast unerträglich machten. Doch die Ereignisse kamen keineswegs aus dem Nichts. Bereits Jahre zuvor flammten lokal begrenzte Revolten auf. Hierzu zählen die „Bundschuh“-Bewegung sowie der „Arme Konrad“.
Das Leben der ländlichen Bevölkerung war zunehmend von erheblichen persönlichen und rechtlichen Einschränkungen geprägt. So lebten viele in sogenannter Leibeigenschaft in absoluter Abhängigkeit von Fürsten, Herzögen und Grafen. Zudem war es den meisten strikt untersagt, für ihren eigenen Bedarf auf Gemeindegrund zu jagen, zu fischen oder Holz aus den angrenzenden Wäldern zu holen. Stattdessen musste ein Großteil an den Lehnsherren abgegeben werden, der häufig die juristische Gewalt über seine Untertanen hatte.
Protest und Revolte
Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts verschärften sich die Eingriffe in das tägliche Leben. Schwelender Unmut brach sich zwischen 1493 bis 1517 unter dem Zeichen des Bundschuhs, der typischen bäuerlichen Fußbekleidung, Bahn. Vor allem in den Gebieten des Oberrheins gingen die Bauern gegen die massive Beschneidung ihrer Rechte vor und forderten, das „alte Recht“ wiederherzustellen, das mehr Freiheiten vorsah. Der Protest blieb nicht immer friedlich. Die Bauern griffen zu den Waffen, doch wurden die Unruhen jedes Mal blutig niedergeschlagen.
Ähnlich endete eine ebenfalls lokal begrenzte Revolte im Herzogtum Württemberg. Der Landesherr Herzog Ulrich brachte mit einer Änderung der handelsüblichen Gewichte bei gleichbleibenden Steuern das „Fass zum Überlaufen“. Die Empörung der Bevölkerung mündete im Aufstand des „Armen Konrad“. Trotz einer raschen Zurücknahme der Gewichtsänderungen und eines Vertrages über die Einräumung weiterer Rechte ließen sich die Aufständischen nicht befrieden. Allerdings war das Heer des Herzogs übermächtig und die Wortführer des „Armen Konrad“ wurden hingerichtet.
Nur zehn Jahre später sollte ein Flächenbrand ausbrechen, der innerhalb kurzer Zeit den bisher lokalen Rahmen verlassen und sich von Süden her bis nach Mitteldeutschland ausweiten sollte. In diesem Zusammenhang spricht man vom Deutschen Bauernkrieg.
Bildung von „Haufen“
Ihren Anfang nahmen die Aufstände unter anderem in Baltringen, heute gelegen in Baden-Württemberg. Weihnachten 1524 sollen sich Bauern aus dem Dorf im Wirtshaus zusammengefunden haben, um ihrem Ärger Luft zu machen. Schnell verbanden sich einige Hundert zu einem sogenannten Haufen, also einem paramilitärischen Zusammenschluss. Fast zeitgleich bildete sich der „Allgäuer Haufen“. Es folgte der Zusammenschluss des „Seehaufens“ am Bodensee.
Anfang März 1525 kamen Abgesandte der Haufen in Memmingen zusammen, um sich erstmals auf übergreifende Forderungen zu einigen. Die „Zwölf Artikel“ entstanden und wurden als Flugschrift in alle Himmelsrichtungen verbreitet. 25.000 Stück sollen im Umlauf gewesen sein. Reformatorisch beeinflusst forderten die Autoren neben der Abschaffung bereits bekannter Missstände die freie Pfarrerwahl.
Video: Die Zwölf Artikel
Mit großer Härte gegen die Bauern
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, griffen die Bauern erneut zu den Waffen. Damit zogen sie von Dorf zu Dorf, plünderten Klöster, Burgen und Schlösser. Ebenso wurden die Städte der Region vom Aufstand ergriffen. Die Obrigkeit wurde sowohl in ihrem Besitz, als auch in ihrem Selbstverständnis empfindlich getroffen. Rasend schnell breiteten sich die Aufstände in Tirol, im Elsass, der Pfalz, am Mittelrhein, in Hessen und Thüringen aus. Doch der Widerstand gegen das Aufbegehren des „gemeinen Mannes“ ließ nicht lange auf sich warten.
Im süddeutschen Raum setzte der Schwäbische Bund, ein Zusammenschluss aus Reichsstädten, Reichsklöstern, Reichsrittern, Grafen und Fürsten, den Feldhauptmann Georg Truchseß von Waldburg ein. Er versammelte ein großes Heer hinter sich und beendete kleinere Revolten schnell. Mit großer Härte ging er in verschiedenen Schlachten gegen die Bauern vor. Viele Zehntausend ließen dort ihr Leben oder wurden gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Ähnlich erging es den Aufständischen in Thüringen.
Thomas Müntzer und was bleibt
Der radikale Prediger Thomas Müntzer galt lange als Symbol des Aufstands, doch es waren viele Wortführer, die die Bauern und Unzufriedenen zum Widerstand gegen die bestehende Ordnung aufriefen. Nicht selten wurden reformatorische Prediger zu Begleitern der Bewegung. Im thüringischen Frankenhausen kam es am 15. Mai zu einer Schlacht, in der mehr als 5.000 ihr Leben ließen. Der Sieg der adligen Truppen leitete das Ende des Krieges ein.
Der Deutsche Bauernkrieg kostete nicht nur viele Menschen das Leben, auch die geforderten Freiheiten wurden ihnen zumeist nicht gewährt. Der ländlichen Bevölkerung bot jedoch das Reichskammergericht in der Folge die Möglichkeit, Konflikte rechtsbasiert zu lösen.
Sonderausstellung: Aufstand der Zinnfiguren
Verglichen mit unserer heutigen Zeit, die geprägt ist von einer regelrechten Bilderflut in Fernsehen, Internet, Instagram und Co. sind nur wenige Darstellungen aus der Bauernkriegszeit bekannt. Auftragsporträts von Bauern gibt es nicht, denn ihnen fehlten die Mittel, sich malen zu lassen.
Auch persönliche Nachrichten aus dem Umfeld der Aufständischen sind selten überliefert. Um sich dennoch ein Bild von der Zeit und den Geschehnissen zu machen, werden seit den 1960er-Jahren, gerade in Museen, sogenannte Dioramen aus Zinnfiguren ausgestellt. Schlachtenverläufe, aber auch einzelne Ereignisse werden so lebendig. Im Laufe der Jahre ist diese Form der Darstellung in Vergessenheit geraten. Viele Museen haben neue Medien eingeführt und die Dioramen ersetzt.
Bildergalerie: 500 Jahre Bauernkrieg – Zinnfiguren
Der britische Künstler Doug Miller hat das alte Genre neu belebt und bildet viele Szenen des Bauernkrieges mit vollplastischen Zinnfiguren ab. So entstand eine ganze Reihe solcher Dioramen in den vergangenen Jahren. Eine Gesamtschau seiner Arbeiten ist gemeinsam mit einprägsamen Schautafeln über verschiedene Protagonisten derzeit in den Mühlhäuser Museen zu sehen.
Die Sonderausstellung „Aufstand der Zinnfiguren. Geschichten aus dem Bauernkrieg“ soll einen ersten Vorgeschmack auf die Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“ geben, die im April 2025 eröffnet wird. Die Mühlhäuser Museen wollen mit ihren Ausstellungen den Bauernkrieg wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Die aktuelle Sonderausstellung ist noch bis 28. Mai im Kulturhistorischen Museum in Mühlhausen zu sehen.
Dr. Nora Hilgert
Unsere Autorin, Dr. Nora Hilgert, ist Redakteurin für Wissenschaftskommunikation der Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“.
Sie studierte in Hamburg Geschichtswissenschaften und promovierte 2011 über Fernsehkrimis der 1950er-Jahre in Ost und West. Von 2009 bis 2020 war sie Geschäftsführerin des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, von 2019 bis 2020 Leiterin der Strategie- und Presseabteilung des Deutschen Historischen Instituts Washington und 2021 Leiterin des Fördervereins „Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte“. Seit 2023 ist Dr. Hilgert Mitarbeiterin für Wissenschaftskommunikation der Mühlhäuser Museen.