Erntekrone: Welche wird die Schönste im ganzen Land?

(c) Sabine Rübensaat
Landleben
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Sie binden die Erntekrone ganz traditionell und im vergangenen Jahr stand ihr Kunstwerk ganz oben auf dem Siegertreppchen – die Landfrauen aus dem sächsischen Beerendorf. Wird ihre Krone in diesem Jahr wieder das Rennen machen? Wir haben ihnen beim Binden über die Schultern geschaut.

Von Bärbel Arlt
Fotos: Sabine Rübensaat

Wird es in diesem Jahr einen landesweiten Wettbewerb um die schönste Erntekrone und den schönsten Erntekranz in Sachsen geben? Lange stand eine Antwort darauf aufgrund von Corona in den Sternen. Doch Anfang Juli stand dann fest: Der 27. Wettbewerb findet statt! Aufatmen und Freude auch bei den Landfrauen im sächsischen Beerendorf, die sich sofort an die Arbeit machten, denn so eine Erntekrone bindet sich nicht von heute auf morgen. Wir haben ihnen – stellvertretend für viele andere Landrauen von Rügen bis zum Erzgebirge – dabei über die Schultern geschaut.

Es ist sonniger Montagnachmittag in Beerendorf, und in dem Ortsteil von Delitzsch ist es relativ still, nur ein Eichhörnchen flitzt über die Friedhofsmauer. Doch in einem kleinen Gebäude gegenüber der Kirche herrscht geschäftiges Treiben. Denn die Landfrauen haben sich getroffen, um die diesjährige Erntekrone weiter in Form zu bringen. Und dabei sitzt ihnen die Zeit im Nacken, will sich doch ab dem 29. September ihr Exemplar mit vielen anderen Kronen und Kränzen in der Dresdner Kreuzkirche präsentieren und um eine Prämierung wetteifern – und das sogar als Titelverteidigerin.

Erste ErnteKrone schon 2005

Im vergangenen Jahr stand die Beerendorfer Krone in der Kategorie der traditionell gebundenen Exemplare ganz oben auf dem Siegertreppchen. „Und anschließend stand sie sogar noch ein paar Wochen im Regierungspräsidium“, sagt stolz Hannelore Krausch, Vorsitzende des Beerendorfer Landfrauenvereins und Vizepräsidentin des Landfrauenverbandes, und führt uns in die Kirche, wo das prämierte Prachtexemplar noch immer bewundert werden kann. Und während wir das tun, erzählt sie, dass sich der Ortsverein 2004 gegründet und inzwischen 28 Mitglieder hat. „Schon 2005 haben wir dann unsere erste Krone gebunden und seither fast jedes Jahr.

Erntekrone

Und wir sind sehr dankbar, dass wir auch in diesem Jahr wieder loslegen konnten“, so Hannelore Krausch, die ungeduldig wird. Also genug der Vorrede und endlich ran ans Werk beziehungsweise die Krone, denn bekanntlich drängt die Zeit. Gemeinsam mit Brigitte Pönicke befestigt sie von oben nach unten Bündel für Bündel Roggenähren an einem drahtigen Gestell – immer penibel darauf achtend, dass die Proportionen stimmen. Jede der kleinen Garben muss akkurat eingebunden werden. „Es darf keine Volumenunterschiede und keine Löcher geben“, erklärt Hannelore Krausch, die sich das Wissen in Workshops angeeignet hat und gern an ihre Mitstreiterinnen weitergibt.

Am Ende müssen die vier Kronenarme gleich sein in Form und Größe. „Gemogelt und geschummelt werden darf nicht“, lacht Vizevereinschefin Jutta Hesselbarth, die die passenden Bündel aussucht. Und auch ganz wichtig: Bei der klassischen Erntekrone darf nichts geklebt oder geklammert werden, und erlaubt sind nur Naturmaterialien. Und warum ist der bereits fertige Gerstenarm verbunden? „Nein verletzt ist er nicht“, lacht die Ortsvorsitzende, „Gerste ist empfindlich und sehr stachlig. Wir könnten beim Binden der anderen Arme an den Ähren hängenbleiben und den Arm verletzen.“ Und das darf auf keinen Fall passieren, wäre doch dann die Schönheit dahin.

Erntekrone

Die Beerendorfer Landfrauen schmücken ihre Krone in diesem Jahr mit vier verschiedenen Getreidesorten – neben Gerste und Roggen noch mit Triticale und Weizen. Geschnitten wurden die Halme auf den Feldern der örtlichen Agrargenossenschaft von den Landfrauen höchstpersönlich, die sie dort auch gleich zu kleinen Sträußen gebunden haben, um sich die Arbeit beim späteren Binden der Krone zu erleichtern. Allerdings bedauern sie ein bisschen, dass die Ähren in diesem Jahr nicht ganz so strahlend strohgelb ausschauen wie im vergangenen. „Aber Getreide ist nun mal ein Naturprodukt und es wird gebunden wie geerntet“, so Hannelore Krausch.

Übrigens hat die vielerorts in Ostdeutschland wiederbelebte Tradition Jahrtausende alte Wurzeln. So sollten einst mit Erntebüscheln Korndämonen vertrieben oder milde gestimmt werden. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Büschel, die auch als Saatreserve dienten, zu Kronen und Kränzen – und damit zu Symbolen für den Erntedank. Unter ihnen wurde getanzt, geschlemmt, getrunken. Das ist vielerorts auch heute noch so, wenngleich in diesem Jahr viele Veranstaltungen anders gefeiert werden als sonst oder ganz ausfallen wie das sächsische Landeserntedankfest im vogtländischen Oelsnitz, auf dem auch die Erntekronen und -kränze präsentiert und prämiert werden sollten.

Das erfolgt nun vom 29. September bis 4. Oktober in der Dresdner Kreuzkirche und damit erstmals in der Landeshauptstadt. Dann werden 34 Exemplare in verschiedenen Kategorien zu sehen sein: Sieben traditionelle Erntekronen, zehn traditionelle Kränze, 16 Freestyle Exponate sowie eine grenzüberschreitende Krone. „Damit können wir den Bewohnern Dresdens ein besonderes Highlight bieten, welches sie sonst zum Erntedank in dieser Form noch nie hatten. Und wir erwarten viele Besucher, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und eine Brücke zwischen Land und Stadt zu bauen und die ländlichen Traditionen und das Brauchtum bekannt zu machen“, sagt Heike Sparmann, Geschäftsführerin des Sächsischen Landfrauenverbandes.

Viel vorgenommen

Doch zurück zu den Landfrauen nach Beerendorf. Während die einen die Erntekrone binden, binden andere Lein und Hafer zu kleinen Garben und sprechen dabei auch über die vergangenen Monate, in denen Corona das Vereinsleben lahmgelegt hatte. Vorträge, Workshops, Buchlesungen, Ausflüge, Schaubinden auf Dorffesten – vieles hatten sich die Beerendorfer Landfrauen vorgenommen. Anfang September sind sie dann endlich mal wieder gemeinsam zur zwölf Kilometer entfernten Löbnitzer Kirche geradelt – natürlich mit selbstgebackenem Kuchen im Gepäck.

Und sie hoffen, dass das Vereinsleben generell wieder Fahrt aufnimmt. Doch – und da sind sich die Frauen einig – so manches Vorhaben im Vereinsleben wäre ohne engagierte Helfer nicht möglich. Das zeigte sich in diesen Wochen vor allem beim Erntekronenbinden. Da stellte die Agrargenossenschaft wie auch in den vergangenen Jahren das Getreide zur Verfügung. Das Sozial- und Beschäftigungszentrum Delitzsch fertigte die Schleifen, der Dachdecker das Kronengestell und der Ehemann der Vereinsvorsitzenden das Gestell für den Transport der Krone – in diesem Jahr nach Dresden. Ob sie dort wieder zu den schönsten im ganzen Land gehören wird – in der Bauernzeitung werden Sie es erfahren.