Junglandwirtinnen: Spitzenduo mit Bodenhaftung
Ihre Betriebe liegen anderthalb Autostunden auseinander. Und doch verbindet Stefanie Peters und Caroline Bartsch eine langjährige Freundschaft. Kennengelernt haben sich die beiden Junglandwirtinnen bei einem Lehrgang für Führungskräfte, und beide übernehmen Verantwortung über ihre Arbeit hinaus: Sie wollen Junglandwirte vernetzen.
So ganz jung sei der Junglandwirtestammtisch nun auch nicht mehr, schmunzelt Caroline Bartsch: „Wenn du Betriebsleiter wirst, hast du ja schon ein gewisses Alter.“ Die 35-Jährige ist wie die knapp zwanzig jungen Landwirte, mit denen sie sich seit ein paar Jahren trifft, mit ihren Aufgaben gewachsen. Fünf, sechs Mal treffen sie sich bei einem von ihnen auf dem Hof, schauen sich um, fachsimpeln, trinken ein Bier zusammen. Caro – keiner nennt sie hier anders – knüpft die Fäden.
Landwirtschaft ist ihr Zuhause: Ihr Vater, Frank Bartsch, bewirtschaftet einen Ackerbaubetrieb in Groß Rietz, Landkreis Oder-Spree, im Südosten Brandenburgs. Ihre Mutter führte die Bücher, hatte mit der Agrarpraxis nicht so viel im Sinn. Caro schon. Der Vater züchtet Pferde, sie reitet. Und auch wenn sie nach Abi und Ausbildung zur Bankkauffrau erst einmal ins Ausland ging, war klar, dass sie den väterlichen Betrieb einmal übernimmt. In ein paar Jahren wird es soweit sein.
Hand in Hand
Dass die Landwirtschaft früher als geplant an die Tür klopfte, war ein glücklicher Zufall namens Manuel. Das war 2011. Mittlerweile haben die beiden zwei Kinder. Und seit 2017 führen sie die Glienicker Agrar GmbH. Gemeinsam mit vier Mitarbeitern beackern sie 800 Hektar ganz in der Nähe des väterlichen Hofes. Vorher machte Caro ihren „Bacelor of Sience“ in Agrarwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin. In Glienicke und im Betrieb ihres Vaters erledigt sie die Buchführung, engagiert sich im Bauernverband, dazu zwei kleine Kinder. Wie man das auf die Reihe kriegt? „Familie und Arbeit gehen Hand in Hand“, erzählt sie, tradierte Rollenbilder hätten schon in ihrer Kindheit keine Rolle gespielt, jetzt auch nicht.
Im Herbst vergangenen Jahres wurde Caroline Bartsch auf dem digitalen Bauerntag in den Landesbauernverband Brandenburg gewählt. Und da sie dort so schön den Altersdurchschnitt senkt, ist sie jetzt für die Junglandwirte zuständig. Die Bilanz beim ersten Fachausschuss Junglandwirte fiel allerdings eher ernüchternd aus. In den wenigsten Landkreisen gibt es solche Begegnungsmöglichkeiten wie den Stammtisch in ihrer Region. Und bevor es ans Vernetzen geht, braucht es erst einmal motivierte Strippenzieher in den Landkreisen.
In der Landwirtschaft aufgewachsen
Eine ist Stefanie Peters aus dem Havelland. Obwohl sie sich schon ein paar Jahre kennen, ist sie heute zum ersten Mal auf dem Hof von Caroline Bartsch. Anderthalb Stunden war sie unterwegs, Brandenburg kann ziemlich groß sein, wenn man von Nordwest nach Südost an Berlin vorbei muss. Die Freude, sich zu sehen, ist dafür umso größer. Telefonate, soziale Medien und Online-Konferenzen können persönliche Begegnungen nicht ersetzen. Und ein Arbeitstreffen zu zweit ist zwar noch kein Stammtisch, aber es geht im Gespräch bei einer Tasse Kaffee und einer Runde über den Acker schon mal in die Richtung.
Kennengelernt haben sich die beiden Frauen 2018 bei einem Jahreskurs für Nachwuchsführungskräfte in der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie: Jeden Monat zwei Tage Weiterbildung in der Heimvolkshochschule am Seddiner See, das verbindet. Beide wollten nach ihrem Studium lernen, wie man einen Betrieb führt. Stefanie Peters hatte an der Universität Greifswald Biochemie studiert und wollte in den Betrieb ihres Vaters einsteigen. Anknüpfungspunkte für Unterhaltungen gab es eine Menge.
Auch Stefanie ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen. Auch bei Peters führte die Mutter die Bücher, der Vater leitetet nicht nur die Agrofarm Nauen: ein breit aufgestelltes Unternehmen mit rund 2.500 Hektar, Hofladen und angegliedertem Lohnunternehmen. Er ist auch seit vielen Jahren Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Havelland. Große Fußstapfen. Stefanie wollte erst mal eigene in den Boden drücken: Nach ihrem Biochemie-Studium arbeitete sie als wissenschaftliche Assistentin an der Uni. Aber das Hangeln von Projekt zu Projekt spricht in der Wissenschaft leider gegen eine gesunde Lebensplanung. Als 2017 vom Vater ein Angebot kam, das die Arbeit im Betrieb mit einem interessanten Wissenschaftsprojekt anreicherte, kam sie zurück nach Nauen. Sie leitet heute nicht nur die Pflanzenproduktion, sondern begleitet dabei auch ein groß angelegtes Forschungsprojekt, bei dem Methoden des Ökolandbaus in den konventionellen Landbau integriert werden. Es geht um Biodiversität, Gewässerschutz, Anwenderschutz und Digitalisierung.
Havelland gut vernetzt
Mit der Vernetzung der Junglandwirte klappt es auch im Havelland ganz gut, erzählt Stefanie: Es gibt einen Stammtisch und gemeinsame Ausflüge. Eigentlich. Ende März sollte zum Beispiel eine Studienfahrt nach Köln und Leverkusen gehen. Aber die fällt wegen Corona genauso ins Wasser wie der Stammtisch im Januar. Der Havelländer Stammtisch ist – anders als der in Oder-Spree – immer am selben Ort: bei einem Landwirt mit angeschlossener Gaststätte. Es gibt Hackepeterbrötchen, Bier und Gespräche.
Außerdem sind im Havelland die LandFrauen sehr aktiv. Und Steffi mischt auch bei ihnen mit. „Wir haben jetzt mit einem Online-Yogakurs angefangen, um auch jüngere Frauen zu erreichen, die auf dem Land leben“, erzählt sie. Landwirtinnen sind darunter aber eher selten. Kein einziges Mal fällt in unserem Gespräch das Wort Landjugend – was die Brandenburger Verhältnisse diesbezüglich gut widerspiegelt.
Dennoch können die beiden Frauen auf die guten Erfahrungen bauen, die sie in ihren Regionen gemacht haben. Damit das nicht abreißt, wollen sie andere junge Leute im Berufsstand ermutigen, sich in ihren Regionen zu engagieren. Verbandszugehörigkeit ist dafür eine Voraussetzung, die keine der beiden infrage stellt. Sie sind nicht nur in die Betriebe hineingewachsen, sondern auch in ihre Kreisverbände. Hier haben sie Freundschaften geschlossen und Verantwortung übernommen. Caroline war ein Jahr als Brandenburgische Erntekönigin Botschafterin der Landwirtschaft. Stefanie wurde im Oktober vergangenen Jahres von Julia Klöckner mit der Professor-Niklas-Medaille geehrt. Eine Auszeichnung, die sie als Ansporn für junge Leute versteht, sich für eine nachhaltigere Landwirtschaft zu engagieren. Denn bisher durften sich vor allem ehemalige Minister oder Verbandsgrößen mit würdigem Lebenswerk über die Medaille freuen – Jochen Borchert, Franz Fischler, Albrecht Bartmer … – und dafür ist Stefanie Peters eindeutig zu jung.
Große Erwartungen
Es wird also viel erwartet. Aber schnell wird es nicht gehen. Ein ganzes Jahr ist bei den Junglandwirten fast alles ausgefallen. Nach Corona müssen die beiden erst einmal die Aktivitäten in ihren beiden Regionen wieder anschieben. Und vielleicht müssen ja auch anderswo Frauen die Fäden knüpfen und zusammenführen, auch wenn sie unter den Landwirten eindeutig in der Minderheit sind. „Bei einem Frauenstammtisch würden wir nur zu dritt sitzen“, sagt Caro.
Übrigens: Zum Frauentag bekommen beide noch immer jedes Jahr Blumen. Vom Vater die eine, von einem traditionsbewussten Kollegen die andere. Gleichberechtigtes Arbeiten ist in ihren Betrieben Alltag. Und das betriebliche Highlight des Jahres – da sind sie sich einig – nicht der 8. März, sondern jeder einzelne Tag in der Erntezeit.