Regina Röhner im Interview: Hexenküche und Kräuter
Kochen hat für Buchautorin Regina Röhner etwas Magisches. Die Wurzeln dafür wurden bereits in ihrer Kindheit gelegt. Wir haben mit ihr über historische Rezepte und Kochkunst gesprochen.
Die Fragen stellte Bärbel Arlt
Frau Röhner, woher kommt Ihr Interesse an den historischen Rezepten?
Schon als Kind haben mich an Märchen auch die Speisen fasziniert. Als Autorin habe ich später zu verschiedenen historischen Themen recherchiert und geschrieben, auch dabei hat mich interessiert, was die Menschen zu dieser Zeit gegessen haben. Und als leidenschaftliche und experimentierfreudige Köchin habe ich vieles ausprobiert. Unter dem Arbeitstitel „Meine Hexenküche“ begann ich nach 2010, ein umfangreiches Manuskript mit historischen Rezepten zu erarbeiten, die ich für die heutige Küche mit Eigenkreationen und mit Informationen über die Zutaten, zu Kräutern und zum Brauchtum aufbereitet habe. Daraus entstanden die bereits im Buchverlag für die Frau erschienenen Bücher „Feine Naturküche. Allerlei aus Kräutern
und Blüten“ und „Küchenmagie und Zauberkraft. Rezepte aus meiner Hexenküche“, auf dem das aktuelle Buch basiert.
Woher haben Sie die Rezepte und was fasziniert Sie an der Küche von damals?
Von einigen alten Kochbüchern besitze ich Reprint-Ausgaben. Ich habe mir aber auch in Bibliotheken alte Kochbuchhandschriften angesehen. Es handelt sich darin ja nicht um Rezepte im heutigen Sinn mit genauen Mengenangaben und Anleitungen. Anregungen lieferten mir zum Beispiel die Küchenmeisterey (um 1490), das erste Kochbuch der Renaissance vom italienischen Humanisten Bartolomeo Platina aus dem 15. Jahrhundert sowie eine Meißnische Kochbuchhandschrift aus dem 16. Jahrhundert.
Kochen ist etwas Magisches
Ist Kochen für Sie persönlich „Hexerei“?
Kochen ist natürlich Arbeit, hat aber auch etwas Magisches. Wenn aus Mehl, Eiern und Salz köstliche Nudeln entstehen oder aus Kräutern, Wildpflanzen und -blüten zusammen mit Gewürzen, Öl und Essig ein köstlicher Salat „gezauber“ wird oder wir einen Kuchen backen, über den sich unsere Lieben freuen, das macht einfach glücklich. Ich experimentiere gern beim Kochen. In den 1990erJahren hat mich mein älterer Sohn dazu gedrängt, meine Ideen und die Zutaten aufzuschreiben.
Regina Röhner
1952 in HohensteinErnstthal (Sachsen) geboren, widmet sich in ihren Erzählungen, Geschichten und Porträts historischen Themen der Heimat.
In Ihrem Buch schreiben Sie auch über Volksglauben wie Zahlen, Mond- und Sonnenregeln. Glauben Sie auch an solche alten Regeln?
Beim Ernten von Kartoffeln für die Lagerung achte ich durchaus ein wenig auf die alten Regeln. Was die Zahlen betrifft, so spricht schon das Drei-Gänge Menü für die Zahl Drei. Ich bereite auch gern Dreierlei aus einem Produkt zu. Der Dreiklang steht für Harmonie in der Musik, im christlichen Glauben wird der dreifaltige Gott geehrt und wir kennen den Spruch „Aller guten Dinge sind drei“.
Ab in die Kräuter
Kräuter spielen in der Hexenküche eine große Rolle. Was schätzen Sie an ihnen?
Meine Großmutter sammelte jedes Frühjahr Kräuter und Wildpflanzen für „Griekraut“, also für Wildspinat. Der hat viel mehr Aromen als Gartenspinat. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und meine Großmutter machte mich schon als kleines Mädchen mit vielen Pflanzen vertraut. Wildpflanzen und Kräuter haben Kraft und eine große Geschmacksvielfalt. Über die Jahre kamen immer mehr in meinen Garten. Ich nutze sie für die Küche, erfreue mich an
ihrem Duft und den Blüten. Und sie sorgen mit ihren Aromen für Geschmacksvielfalt, fördern die Bekömmlichkeit von Speisen und wirken gesundheitsfördernd. Sie sind gewissermaßen „Superfood“ aus dem heimischen Garten.
Was wächst denn so alles in Ihrem Kräutergarten?
Mein Garten ist recht wild. Das liebe ich, und auch die Bienen und Schmetterlinge mögen das. Von Brennnesseln, Bärlauch und anderen Laucharten, Basilikum, Borretsch, Fenchel, Dill, Oregano, Minzen, Melisse, Salbei, roter und grüner Gartenmelde, Gartenkresse und Barbarakresse, Rosmarin, verschiedenen Sorten Thymian bis Ysop ist bei mir alles vorhanden. Und der Giersch gedeiht besser als mir lieb ist, obwohl ich ihn für Spinat und Salat schätze. Bärlauch, Basilikum, Kresse, Salbei und Zitronenthymian sind meine besonderen Lieblinge.
Regina Röhner im Interview
Sie sind Diplommathematikerin, Ökonomin – warum haben Sie diesen Berufsweg verlassen?
Geschrieben habe ich schon während des Studiums. Danach habe ich ein Fernstudium am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig absolviert. So hat es sich dann ergeben.
BUCHTIPP
Weitere magische Rezeptideen finden Sie im Kochbuch „Rezepte aus meiner Hexenküche“, Regina Röhner, Buchverlag für die Frau GmbH, Leipzig, 96 Seiten, mit Farbfotos illustriert, 9,95 €, ISBN: 978-3-89798-591-9.
Das Buch enthält rund 80 Rezepte, mit denen Autorin Regina Röhner mehr Magie in die Küche bringen möchte. Sie basieren auf uralten Überlieferungen, die sie selbst erprobt, variiert und mit persönlichen Erfahrungen garniert hat.
Welche Rolle spielt die erzgebirgische Heimat für Ihre schriftstellerische Arbeit und fürs Kochen?
Ich wohne in Rüsdorf. Das ist ein kleines Dorf im Vorerzgebirge. Meine Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits stammen alle
aus dem Erzgebirge. Aufgewachsen bin ich auf einem Bauernhof und musste auch schon früh mithelfen. Die Sagenwelt des Erzgebirges, die Geschichten meiner Großmutter und die Märchen, die sie mir vorlas, haben mich geprägt. Was das Kochen betrifft, waren wir in meiner Kindheit zum großen Teil Selbstversorger. In der Woche gab es einfache Erzgebirgsküche, oft waren es Eintöpfe. Am Sonntag kamen Fleischgerichte auf den Tisch. Gewissermaßen regionale Küche mit regionalen, saisonalen Zutaten. Heiligabend gab es immer Neunerlei. Das gibt es bei mir auch jetzt noch.
Sie schreiben aber nicht nur Bücher …
Besonders beliebt sind auch die literarisch-kulinarischen Veranstaltungen. Wenn ich zum Beispiel über Kurfürstin Anna spreche oder über Katharina Luther, gibt es Kostproben und eine kleine Bildpräsentation, also etwas zum Hören und Sehen, Riechen und Schmecken. Die gute Resonanz beim Publikum erfreut mich und inspiriert mich auch zu neuen Ideen. Jetzt in der Coronazeit fehlt mir dieser persönliche Kontakt zu meinen Leserinnen und Lesern sehr.