Interview

Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt leistet digitale Hilfe für Engagierte

Zur Gründung der DSEE präsentierten sich Dr. Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Familienministerin Franziska Giffey, MV-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sowie Stiftungsvorständin Katarina Peranic (v. l.). (c) Nils Hasenau / eventfotografen.berlin
Reportage
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Vor einem reichlichen halben Jahr wurde sie gegründet: die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, in strukturschwachen und ländlichen Räumen engagierte Menschen zu unterstützen. Wir sprachen mit Gründungsvorständin Katarina Peranic.

Die Fragen stellte Christine Schindler

Im Juli 2020 hat die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) ihre Arbeit aufgenommen. Was soll die Stiftung bewirken?
Sie soll Engagement und Ehrenamt stärken. Das klingt einfacher als gesagt. Schaut man auf die Zahlen, wird die Dimension deutlich: In Deutschland engagieren sich 30 Millionen Menschen ehrenamtlich. Das ist jeder dritte Bundesbürger. Insgesamt gibt es 600.000 Vereine. Die meisten von ihnen werden ehrenamtlich geführt. Einen besonderen Schwerpunkt legt die Stiftung auf die strukturschwachen und ländlichen Regionen. Gerade dort ist es – nicht erst seit Corona – schwieriger, ehrenamtliche Strukturen aufzubauen und zu erhalten. Zugleich wollen wir einen Beitrag leisten, dass die Zivilgesellschaft in Deutschland in Sachen Digitalisierung nicht abgehängt wird. Im Gegenteil – sie soll zu einem digitalen Vorreiter werden.

Die Bundesstiftung hat ihren Sitz in Neustrelitz. Warum hat man sich für diesen Standort weit im Nordosten von Deutschland entschieden?
Die Wahl des Standortes hat natürlich etwas mit dem Auftrag der Stiftung zu tun, Engagement und Ehrenamt vor allem in strukturschwachen und ländlichen Räumen zu stärken. Das betrifft viele Teile Deutschlands und besonders viele in Ostdeutschland. Deshalb hat sich der Bund dazu entschlossen, die Stiftung in einem ostdeutschen Flächenland anzusiedeln. Außerdem: Neustrelitz ist eine wunderschöne Stadt. Wir fühlen uns dort sehr wohl.

Ausschnitte der Arbeit des DSEE
Fotos (c) Sabine Rübensaat

Nahezu zeitgleich mit dem Aufbau der Geschäftsstelle wurde als erstes finanzielles Unterstützungsangebot für Engagement und Ehrenamt das Förderprogramm „Gemeinsam Wirken in Zeiten von Corona“ gestartet. Was und wie wollte die Stiftung damit fördern?
In den ersten Monaten waren Jan Holze, der mit mir gemeinsam die Stiftung als Vorstand führt, und ich in ganz Deutschland unterwegs, um mit den Menschen vor Ort direkt ins Gespräch zu kommen. Dabei wurde uns noch einmal sehr deutlich, dass Vereine und Organisationen vor allem Unterstützung bei der IT-Infrastruktur benötigen. Dabei geht es nicht um komplexe Vorhaben, sondern um grundlegende technische Infrastruktur. Viele Vereine und Ehrenamtliche nutzen zum Beispiel eigene Technik – was nicht nur aus Datenschutzgründen hoch problematisch ist. Einen Schwerpunkt unseres Förderprogramms haben wir daher ganz bewusst auf den Bereich Digitalisierung und Innovationsförderung gelegt. Aber auch die Nachwuchskräftegewinnung, die Stärkung von Strukturen sowie die Förderung von Innovationen waren zentrale Bestandteile des Programms. Und es ist faszinierend zu sehen, was Vereine auf die Beine stellen, wenn man ihnen die richtigen digitalen Tools an die Hand gibt. In Fürstenberg, gleich in unserer Nachbarschaft, hat zum Beispiel der Verein Verstehbahnhof ein digitales Klassenzimmer eingerichtet. Lehrer und Lehrerinnen haben dort nun die Möglichkeit, digital und auf der Höhe der Zeit zu unterrichten. Oder in Landsberg am Lech hat der Verein „dieKunstBauStelle“ aus vier Containern ein komplettes Medienstudio aufgebaut. Der Clou. Die „Kultainer“ können mit einem Lkw transportiert und an den verschiedenen Orten aufgebaut werden. Der Verein schafft damit professionelle Arbeitsbedingungen – mitten im Dorf und auf dem Land.

Wie war die Resonanz auf das erste Förderangebot? Immerhin war die Stiftung so wenige Wochen nach ihrer Gründung noch wenig bekannt?
Das hat sich innerhalb kürzester Zeit geändert. Die Neugier, aber auch der Wunsch, mit der Stiftung zusammenzuarbeiten, sind weiterhin ungebrochen. Auch die Resonanz auf unser Förderprogramm war riesig. Über 12.500 Anträge haben uns innerhalb von nur sieben Wochen erreicht. Die beantragte Fördersumme hat unsere verfügbaren Haushaltsmittel um etwa das Zehnfache überstiegen. Die beeindruckenden Zahlen zeigen ganz klar, dass wir mit unserem Förderprogramm einen Nerv getroffen haben. Nicht zuletzt sind die Zahlen aber auch ein starkes Signal, dass die Vereine und die Engagierten vor Ort in erster Linie Infrastruktur benötigen, um ihre gesamte digitale Kraft zu entfalten.

Bis zum Jahresende 2020 musste über die Vergabe entschieden werden. Konnten alle Antragsteller bedacht werden? Bei der großen Anzahl von 12.500 Anträgen ist das fast nicht vorstellbar.
Mit unserem ersten Förderprogramm konnten wir über 20 Millionen Euro an über 1.800 Vereine und Organisationen im gesamten Bundesgebiet vergeben und damit vielen in dieser schweren Zeit ein Stück weiterhelfen. Was uns besonders freut, ist, dass wir mit unserem Programm vielen kleinen Vereinen und Organisationen direkt helfen konnten. Leider konnten wir aber nicht alle Vorhaben unterstützen – was wir sehr bedauern. In diesem Jahr werden wir daher weitere Angebote für Engagement und Ehrenamt auf den Weg bringen.

Was steht nach der erfolgreichen Startphase in diesem Jahr auf der Agenda?
Wir haben viel vor. Wir bauen ein Zentrum für die Strukturstärkung in ländlichen Räumen auf, aber auch ein Servicezentrum als zentrale Anlaufstelle für Engagement und Ehrenamt sowie ein Kompetenzzentrum, das Themen identifiziert und Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen entwickelt. Auch werden wir weitere Programme auflegen – nicht zuletzt im Bereich der Digitalisierung. Und natürlich geht der Personalaufbau weiter. Perspektivisch soll die Stiftung auf 75 Mitarbeitende anwachsen.

Wie geht es danach weiter? In welcher Form werden Ehrenamtler und Engagierte direkt (digital) mit der Stiftung in Kontakt treten können? Welche Schulungen, Foren, Meetings wird es geben?
Wir starten engagiert und digital in das neue Jahr. Auf dem diesjährigen Zukunftsforum Ländliche Entwicklung am 20. und 21. Januar 2021 hatten wir zu einem eigenen Forum eingeladen. Dort haben wir mit den Interessierten darüber diskutiert, woran gute Engagementstrukturen erkannt und wie nachhaltig sie gefördert werden können, welche Serviceangebote benötigt werden und wo aktuell der Unterstützungsbedarf am größten ist. Die Teilnehmenden haben uns unter anderem mit auf den Weg gegeben, dass sie sich mehr Online-Weiterbildungsveranstaltungen von uns wünschen. Im Februar startet daher eine erste Webseminarreihe zum Thema Gemeinnützigkeitsrecht, wo wir über die wichtigen Neuerungen aus dem Jahressteuergesetz 2020 informieren, die im Dezember vom Bundestag und Bundesrat noch auf den Weg gebracht wurden. Darüber hinaus setzen wir unsere Webseminare für unsere geförderten Projekte weiter fort, in denen wir Schritt für Schritt durch den Förderprozess begleiten. Als Ergebnis der vielen Rückmeldungen, die wir in den letzten Wochen und Monaten erhalten haben, laden wir am 26. Februar 2021 alle Interessierten zu einem digitalen Barcamp zum Thema offene Software ein. Auch hier gibt es riesigen Bedarf, aber auch – wie eigentlich immer – schon sehr viele Erfahrungen in der Zivilgesellschaft. Diese wollen und werden wir zusammenbringen und daraus neue Lösungen und Angebote entwickeln.
Und ansonsten kann ich nur sagen: Schauen Sie öfters auf unserer Webseite und auf unseren SocialMedia-Kanälen vorbei und melden Sie sich am besten gleich für unseren Newsletter an. Dort informieren wir über alle weiteren Angebote und Programme der Stiftung.



Mehr Infos unter: www.deutsche-stiftung-engagement-und-ehrenamt.de