Start der Erdbeersaison

Erdbeerzeit: Genuss in Rot

1 Saisonarbeitskräfte aus der Ukraine (l.) helfen in Rackith bei der Erdbeerernte. Die roten Früchte wachsen derzeit in Folientunneln heran und werden dank Knoblauch. (c) Bärbel Arlt
Reportage
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Endlich ist die Erdbeersaison gestartet. Auch in der Agrargenossenschaft Rackith bei Wittenberg (Sachsen-Anhalt) reifen die köstlichen Früchte heran – und werden nach der Ernte von den Kunden sofort vernascht.

Von Bärbel Arlt

„Keine Erdbeeren mehr. Heute sind alle schon raus“, ruft Jacqueline Klügl von der Agrargenossenschaft Rackith immer wieder den Kunden zu, die mit dem Auto zum Verkaufsstand rollen. Entschuldigend hebt sie die Hände und vertröstet auf den nächsten Tag.

Was sie erntet, sind natürlich enttäuschte Gesichter. „Der Bedarf ist derzeit sehr viel größer, als wir Erdbeeren pflücken können“, sagt Tino Gast, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft. Den begehrten Früchtchen ist es zu kalt, sie reifen aufgrund der kühlen und regnerischen Witterung nicht so schnell nach, wie sie vernascht werden wollen. Außerdem sind sie etwa drei Wochen später dran als in den vergangenen Jahren.

Erdbeeren wachsen in der Agrargenossenschaft auf rund fünf Hektar, davon 0,6 Hektar in Folientunnel, auf 3,0 Hektar im Freiland und auf rund 1,5 Hektar auf Selbstpflückefeldern. Derzeit sind die Tunnelerdbeeren dran, die ukrainische Studentinnen und Studenten ab fünf Uhr morgens pflücken. Denn die frischen Früchte müssen verpackt in 500-Gramm-Schalen bis sieben Uhr zu regionalen Edeka-Märkten geliefert werden, bis neun Uhr zu den Verkaufsständen der Genossenschaft.

Regionale Vermarktung

„Wir produzieren für die Region, vermarkten in der Region und liefern nur tagesfrisch gepflückt. Das ist unser Anspruch“, sagt Tino Gast. Das trifft auf die lokalen Märkte ebenso zu wie auf die Verkaufsstände der Genossenschaft, die es an der B 182 in Rackith, und in wenigen Wochen, wenn die Selbstpflücke startet, auch in Wittenberg und Radis gibt.

Tino Gast schätzt, dass es im Freiland mit der Ernte aber noch drei bis vier Wochen dauern kann. Außerdem sei die Erdbeere eine Terminkultur, die gepflückt werden muss, wenn sie reif ist. Und gepflückt wird derzeit die Sorte „Clery“, die zu den ersten süßen und aromatischen Sorten der Saison gehört. „Eine genussvolle Frucht, die sich seit Jahren bewährt hat und bei unseren Kunden sehr beliebt ist“, weiß der 34-jährige Genossenschaftschef. Ihr folgt dann die mittelfrühe Sorte „Asia“ mit ihren großen und festen Früchten.

Knoblauch gegen Läuse

Bereits seit rund zehn Jahren werden Erdbeeren in der Genossenschaft angebaut, allerdings erst seit vier Jahren in Folientunneln. Wie das funktioniert, haben sich die Rackither Landwirte bei Kollegen in der Karlsruher Region abgeschaut, mit denen sie in einem engen und freundschaftlichen Erfahrungsaustausch sind.

Acht Meter breit, vier Meter hoch und 120 Meter lang sind die sechs Tunnel, in denen die roten Früchte auf Foliendämmen nahezu unkrautfrei reifen. Auch Mäuse und Läuse haben keine Chance, sich an ihnen und den Pflanzen zu laben. „Knoblauch, der jeweils links und rechts nahe der Tunnelwände wächst, hält sie fern“, versichert Tino Gast. Doch keine Bange, nach Knoblauch schmecken die Erdbeeren garantiert nicht.

Erdbeerernte: Nicht abrupfen und nicht drücken

Wichtig fürs Pflücken: Erdbeeren dürfen nicht abgerupft und nicht gedrückt werden. „Man sieht dann jeden Fingerabdruck – wenn nicht gleich beim Pflücken, aber spätestens dann, wenn sie eine Stunde geruht haben. Deshalb immer mit ein bisschen Stiel über der Frucht abknipsen. Das Pflücken braucht so zwar etwas mehr Zeit, aber die Erdbeere bleibt länger frisch und hat eine super Qualität“, erklärt der Erdbeer-Experte und hofft, dass in diesem Jahr wieder mehrere Tonnen pro Hektar geerntet werden. Bisher sind es täglich rund 300 Kilo.

Derzeit sind fünf ukrainische Saisonarbeitskräfte in den Tunneln im Einsatz. In den nächsten Wochen kommen noch weitere hinzu. Coronabedingte Probleme wie im vergangenen Jahr gibt es nicht. „Es ist alles entspannt“, sagt Tino Gast. Die Studenten reisen selbstständig und getestet an, müssen dann fünf Tage in Quarantäne, werden erneut getestet, und dann geht es an die Arbeit, bzw. mit einem Dienstfahrrad zur Arbeit, denn eine gemeinsame Autofahrt ist aufgrund der Corona-Regeln nicht erlaubt. Doch für die jungen Studenten ist das kein Problem, außerdem beträgt ihr Arbeitsweg nur etwa anderthalb Kilometer.

Erstmals Gurken, Kohlrabi und verschiedene Salatsorten angebaut

Auch wenn die Erdbeeren derzeit im Rampenlicht stehen – angebaut werden in der Genossenschaft mit ihren 22 Mitarbeitern in diesem Jahr auch erstmals Gurken, Kohlrabi und verschiedene Salatsorten. Damit wollen wir in unserer Region dem gestiegenen Bedarf nach heimischen Produkten Rechnung zutragen“, so Tino Gast, der in der Agrargenossenschaft seine Ausbildung zum Landwirt absolviert hat, seit 2013 im Aufsichtsrat der Genossenschaft war und dann in den Vorstand wechselte.

Insgesamt bewirtschaftet die Genossenschaft 1.500 Hektar Ackerland, auf dem neben Sonderkultur wie Erdbeeren, Salat und Gurken auch Weizen, Gerste, Roggen, Zuckerrüben und Mais angebaut werden, und in den Ställen stehen 820 Sauen plus Aufzucht.

EINE HARTE NUSS!

Botanisch gesehen sind Erdbeeren keine Beeren, sondern Sammelnussfrüchte. Die eigentlichen Früchte sind die kleinen gelben Körner auf der Oberfläche. Sie werden Nüsschen genannt, erklärt die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO).

Beeren-Power: Erdbeeren spielen in puncto Vitamin C (rund 55 Milligramm pro 100 Gramm) in der Liga von Zitronen und Orangen. Dazu kommen jede Menge Vitamin A, E und K sowie Jod, Magnesium, Eisen und Phosphor. Kaum eine Frucht enthält so viel Folsäure wie Erdbeeren – nicht zu vergessen der geringe Kaloriengehalt. Die herzförmigen Beeren-Früchte sind mit etwa 32 Kilokalorien pro 100 Gramm echte Schlankmacher.

Einkauf und Lagerung: Beim Einkauf sollte auf Farbe und feste Konsistenz geachtet werden. Reife Erdbeeren glänzen, sind gleichmäßig rot und haben einen frischen, grünen Kelch. Außerdem haben sie einen angenehm aromatischen Duft. Erdbeeren sind zarte, stoßempfindliche Früchte. Zum Transport sollten sie daher entsprechend geschützt verpackt werden. Trotzdem:
Leichte, oberflächliche Druckstellen beeinträchtigen weder Geschmack noch Haltbarkeit. Die Früchte am besten immer sofort verzehren. Falls das nicht möglich ist, sollten sie ungewaschen und abgedeckt im Kühlschrank gelagert werden. Dort sind sie mehrere Tage haltbar.

Erdbeeren sind empfindlich. Daher sollten sie nie unter fließendem Wasser abgespült werden. Der harte Strahl kann die empfindliche Oberfläche beschädigen und schwemmt viel Aroma aus, so die BVEO. Besser ist es, die Erdbeeren in einer Schüssel Wasser zu säubern. Die Blätter und den Strunk sollte man auch erst nach dem Waschen entfernen. RED