Alpaka vom Unstrut-Landhof nascht Vogelfutter

Lama-Haltung: Ist es gefährlich, wenn Lamas Vogelfutter fressen?

Er nascht aus dem Futterhäuschen, trägt stolz Löwenzahn im Maul und macht ein „Schwätzchen“ mit Lama Max – der 20-jährige Wallach Cäsar von den Unstrut-Lamas ist immer für eine Überraschung gut. (c) unstrutlamas
Reportage
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Lama-Opa Cäsar hat bei einem Ausflug vom Vogelfutter genascht. Kann das dem Lama-Wallach vom thüringischen Unstrut-Lama-Hof schaden? Wir haben beim Experten nachgefragt.

Von Bärbel Arlt

Lama-Wallach Cäsar ist im thüringischen Herbsleben zu Hause und gehört dort zur Familie der Unstrut-Lamas. „Seit rund zwölf Jahren lebt er bei uns und kam wie alle unsere Wallache aus der Tierrettung. Acht Jahre alt war er damals“, erzählt uns die Inhaberin vom Unstrut-Lama-Hof, Alina Kroll. Inzwischen ist Cäsar stolze 20 Jahre alt und damit der Opa in der Herde.

Trotzdem ist er manchmal noch wie ein junger Wilder unterwegs. „Letztens ist er wie ein Fünfjähriger den Berg hochgerannt. Einfach unglaublich“, so die Sozialpädagogin und beschreibt den kuschligen Vierbeiner so: „Er macht einfach sein Ding – damals wie heute.“ So musste am Weidezauntor extra ein Riegel angebracht werden. Denn er kann selbstständig das Tor auf- und zumachen. Das ist ungewöhnlich für ein Lama und so denkt Alina Kroll, Cäsar könnte mal ein Zirkustier gewesen sein. Als einziges Unstrut-Lama geht er durch Pfützen, rennt bei Wanderungen stets vorneweg und schaut, ob der Weg frei für die Herde ist. Trotz seines hohen Alters ist er immer noch ein weises und souveränes Leittier – und immer wieder für Überraschungen gut. So hat es der Lama-Opa doch neulich erneut geschafft, auszubüxen. Und das kam so: „Beim Füttern und Wassergeben wurde kurz der Bügel nicht geschlossen. Cäsar sieht das aus den Augenwinkeln und zack macht er die Tür einfach auf und stürzt sich auf das Vogelfutter“, berichtet uns Alina Kroll, die den Wallach beim Naschen erwischt und das mit einem Schnappschuss festgehalten hat – denn wann sieht man schon mal ein Lama am Vogelhäuschen! Doch so spaßig der Anblick auch war, Alina Kroll stellte das Foto auf Instagram verbunden mit der bangen Frage: Schadet das Futter dem Ausreißer? Hier die Antwort unseres Experten Dr. Manfred F. Golze.

Cäsar
Am liebsten würde Cäsar endlich wieder mit interessierten Besuchern durch die Unstrut-Aue wandern. (c) unstrutlamas

Streufutterräuber hat Glück gehabt

Plötzliche Konzentrat-Gabe und damit eine höhere Energie- und Stärkezufuhr kann für Wiederkäuer zu Ernährungsstörungen führen. Das gilt auch für die Lamas und Alpakas, zumal sie aus einer Gegend stammen, wo sie nahezu ausschließlich mit Weidefutter, dazu oft mit geringem Futterwert auskommen müssen. Die Sorge, dass das Streufutter dem Tier nicht bekommen könnte, ist somit nicht ganz unberechtigt. Meist besteht der größte Bestandteil aus Sonnenblumenkernen. Dazu kommen Körner verschiedener Hirse, Getreide, meist Hafer, manchmal davon auch Flocken, Weizen und ein paar Sämereien.

Es kann aber angenommen werden, dass diese kleine Menge von 200 bis 300 g Cäsar nicht geschadet hat. Wenn er den Beutel oder Sack erwischt hätte, dann wäre das schlimmer. Der Zugriff zu diesem Futter sollte aber vermieden werden. Wenn der „Schlawiner“ weiß, wo die „Schokolade“ ist, wird er noch aufmerksamer die Schließtechnik im Auge haben. Experte Golze rät daher zu einer automatischen Sicherung oder einem anderen Verschluss. Und aus ähnlichen Erfahrungen mit Ziegen macht es seiner Meinung nach Sinn, das Futterhäuschen auf einem zweiteiligen Stab für das Tier unerreichbar nach oben zu schieben und zu fixieren.

Wanderungen durch die Unstrut-Aue

Da hat Cäsar also noch mal Glück gehabt „und es geht ihm bestens“, versichert Alina Kroll. Dabei hat es Cäsar doch gar nicht nötig, Vogelfutter zu naschen. Denn Stroh und Heu gibt es für die insgesamt vier Wallache auf dem Unstrut-LamaHof reichlich und zudem sprießt schon bald nach der Schneeschmelze das frische Grün aus dem Boden. Die Tiere sind genügsam, denn auch in ihrer Heimat, dem Hochgebirge der Anden, ernähren sie sich von Gräsern, Sträuchern, Flechten und Blättern.

Doch nur fressen und im Stroh herumliegen gefällt den aufgeweckten Tieren nicht wirklich und sie langweilen sich. Zu gern würden sie endlich wieder mit Besuchern durchs wunderschöne Unstrut-Tal wandern. Doch der Lockdown verhindert das leider seit Monaten. „Dabei sind sie hervorragende Begleit- und Tragtiere und strahlen eine ansteckende Ruhe aus“, so Alina Kroll. Wer mit ihnen unterwegs ist, sollte unbedingt diese Ruhe teilen und den Stress zu Hause lassen. Zudem sind die Tiere mit ihrem kuschligen Fell gutmütig und schnell jedermanns Freund, auch wenn sie keine Kuscheltiere sein möchten und von Streicheleinheiten gar nichts halten. Auch füttern darf man sie nicht – wenngleich Oskar und Pasco, die zu den „Verfressensten“ in der Herde gehören, sicher zu dem einen oder anderem Leckerli nicht nein sagen würden.

Max und Cäsar
Lama Cäsar und Lama Max im Schnee. (c) unstrutlamas

Kurse für tiergestützte Arbeit

Doch nicht nur die Wallache warten sehnsüchtig auf Besucher und Wanderungen, auch Alina Kroll wünscht sich nichts sehnlicher, als dass es endlich wieder los geht, sorgen die Tiere doch mit für den Lebensunterhalt der Familie. Darüber hinaus sind Kurse, Praxisworkshops vor Ort und Online-Coaching, die von Alina Kroll angeboten werden, ein wichtiges Standbein des Familienbetriebes. Dabei geht es der diplomierten Sozialpädagogin vor allem um „tiergestützte Intervention“. „Das bedeutet, die Tiere ergänzen nur eine Therapie, sie selbst sind keine Therapietiere“, erklärt Alina Kroll, die auch als Referentin und Autorin tätig ist.

Die Kurse sind geeignet für Einsteiger in die tiergestützte Arbeit und übertragbar auf die Einsätze mit Hunden, Pferden, Ponys, Ziegen, Schafen und Schweinen. Auch viele Nebenerwerbslandwirte der Region, die Lamas und Alpakas halten, nehmen die Kurse gern an. „Nach nunmehr über zehn Jahren tiergestützter Arbeit mit Lamas, Alpakas und Hunden geben wir sehr gerne unsere Erfahrungen weiter – soweit es Corona wieder zulässt“, sagt Alina Kroll.


Mehr Informationen unter:
www.unstrut-lamas.eu; Facebook, Instagram: #unstrutlamas