Lebendiger Adventskalender in Trebbin

Reportage
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Auch im brandenburgischen Trebbin mit seinen 13 Ortsteilen fällt diesmal der Weihnachtsmarkt aus. Aber mit dem lebendigen Adventskalender bieten Stadt und Gemeinden eine spannende Alternative.

Von Bärbel Arlt
Fotos von Thomas Uhlemann

Krapfen- und Glühweinduft, Weihnachtslieder, leuchtende Lichter – der Weihnachtsmarkt gehört zur Adventszeit. Doch Corona hat aus vielen Orten in diesem Jahr diese beliebte Tradition verbannt. Das ist auch so in Trebbin, im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming. „Den Markt ausfallen zu lassen, war keine leichte Entscheidung, dennoch wollten wir auf vorweihnachtliche Stimmung nicht verzichten“, sagt Karin Kroll von der Stadtverwaltung. Und so wurde nach einer Alternative gesucht – und mit dem lebendigen Adventskalender, einer Idee der Evangelischen Kirche, war sie gefunden. „Hinter jedem Türchen verbirgt sich vom 1. bis zum 24. Dezember eine vorweihnachtliche Überraschung inForm einer Veranstaltung oder einer Aktion zum Mitmachen“, verrät die Abteilungsleiterin Bürgerservice/Kultur/Tourismus. Doch das nicht nur in der Stadt Trebbin selbst, auch die 13 Ortsteile werden einbezogen – und viele Partner und Akteure konnten mit ins Boot geholt werden, die den Adventskalender mit großartigen Ideen gefüllt haben.

Landwirtschaft am Lagerfeuer

Programm lebendiger Adventskalender
Stolz wird das Programm des lebendigen Adventskalender präsentiert.

Dazu gehört auch die agt Trebbin in Klein Schulzendorf. Eine landwirtschaftliche Genossenschaft mit knapp 2.900 ha Ackerland, 1.100 ha Grünland, 1.750 Rindern sowie 135 Mitarbeitern inklusive 15 Azubis. Bereits in der ersten Welle der Coronapandemie hatte die Bauernzeitung die agt, die einer der größten Arbeitgeber in
der Region ist, besucht und darüber berichtet, wie das Unternehmen mit der Viruskrise umgeht (Bauernzeitung 14/2020).

Großes Sorgenkind war damals – und ist es heute wieder – der Bereich Kantine, Küche, Catering und Eventservice. Doch damals wie heute kann der Betrieb mit einem kontinuierlichen AußerHaus-Verkauf aufrechterhalten werden. Das wurde und wird super angenommen, versichert Vorstand Dr. Thomas Gäbert. Auch auf den beliebten Gänsebraten muss in diesem Jahr niemand verzichten: Der wird auf Vorbestellung bis zum 23. Dezember ausgeliefert. „Unser Dank gilt allen, die uns die Treue halten. Denn nur gemeinsam können wir auch die zweite Welle durchstehen“, sagt Dr. Gäbert. Doch nicht nur Corona sorgt bei dem Landwirt für Sorgenfalten. Denn bei den pflanzli
chen Kulturen hat das Unternehmen ein drittes kritisches Jahr in Folge erlebt. „Die Erträge haben sich zwar stabilisiert, aber wir sind immer noch nicht im langjährigen Mittel, vor allem beim Mais“, resümiert Gäbert, der ein leidenschaftlicher Verfechter für mehr Vielfalt auf dem Acker ist. So hat die Genossenschaft in diesem Jahr nicht nur Klassiker wie Weizen, Roggen, Gerste, Raps und Mais angebaut, sondern auch Kichererbsen, Hartweizen, Buchweizen und Sonnenblumen. Und die Flächen für diese Kulturen sollen im kommenden Jahr ausgebaut werden. Aber der Anbau ist das eine, der Absatz das andere. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. „Wir müssen uns breiter und regionaler aufstellen, neue Geschäftsfelder erschließen, so Dr. Gäbert, durch dessen Kopf dafür längst neue Ideen „spuken“.

 Constanze Vollmar
Constanze Vollmar mit ihren „Wundern aus Holz“.

Doch jetzt freuen er und sein Team sich erstmal darauf, am 5. Dezember die Tür des Adventskalenders öffnen zu dürfen. Geplant ist ein lockerer Vortrag über nachhaltige Landwirtschaft auf dem Hof der Genossenschaft – „wenn möglich mit dampfendem Glühwein am Feuer und auf die Hauswand projizierten landwirtschaftlichen Motiven“, so Gäbert, der auf einen besinnlichen Nachmittag und interessierte Gäste hofft. „Zuvor wird es noch einen weihnachtlichen Spaziergang durch Klein Schulzendorf geben – „mit Reim, Prosa und Bläsermusik im Gepäck“, sagt Anika Heyer von der Trebbiner Stadtbibliothek, die 11.557 Bücher, interaktive Bücher, Hörbücher, DVD und Spiele in ihrem Bestand sowie 3.152 Nutzer hat und auch in den sozialen Netzwerken aktiv ist.

Das ist auch das Bauernmuseum in Blankensee, das aufgrund der Corona-Pandemie seine Türen schließen musste. „Doch wir waren nicht untätig und haben die Zeit genutzt, das Museum in den sozialen Medien zu präsentieren. Denn wir wollen trotz Corona an den Menschen dran und mit ihnen im Gespräch bleiben.“ So beteiligt sich das Bauernmuseum am 13.Dezember am Adventskalender. „Unsere Besucher werden dabei durch 300 Jahre spannende gartenhistorische Geschichte wandeln“, lüftet Museumleiterin Carola Hansche schon mal Geheimnis hinter der Kalendertür. Der Spaziergang startet auf dem Museumshof mit Posaunenklängen der Kreismusikschule, führt dann durch Dorf und Schlosspark zu den „Wundern aus Holz, die Constanze Vollmar auf ihrem Hof anbietet. Dazu gehören unter anderem Skulpturen und Vogelfutterhäuschen. Auch Weihnachtsbäume und von ihr selbst gestaltete kreative Adventskränze können bestaunt und gekauft werden.

Honigkekse und Borschtsch

Selbstgestaltete kreative Torten und köstlichen Blechkuchen, bei deren Anblick bereits das Wasser im Mund zusammenläuft, macht Luise Kühler den Besuchern ihres Hofcafés in Stangenhagen schmackhaft. Dorthin will der Trebbiner Bürgermeister am 10. Dezember mit interessierten Teilnehmern eine E-Bike-Tour unternehmen, wofür die Stadt die Bikes Interessierten kostenlos zur Verfügung stellt. Das Hofcafé in dem kleinen Dorf betreibt Luise Kühler seit 2016. Schon als Kind habe sie gern gebacken. „Mama hat mich immer experimentieren lassen“, erzählt uns die 41-Jährige, die 1995 mit ihren deutschstämmigen Eltern aus dem russischen Uralgebirge nach Deutschland gekommen ist und Mathe und Physik auf Lehramt studiert hat. Doch die Leidenschaft für süße Torten und Kuchen war stärker als die für Zahlen und Formeln. Auch die russische Küche liegt ihr am Herzen. Kulinarischer Höhepunkt ist eine elfgängige Zarenmahlzeit, die leider auch im November coronabedingt ausfallen musste. Doch man kann sich das Menü wie all die anderen Köstlichkeiten aus der Back- und Kochwerkstatt von Luise Kühler für zu Hause bestellen. „Auch viele Stammkunden haben mich in diesem Jahr sehr unterstützt und die Treue gehalten. Das macht mich sehr glücklich.“ Und sie ist sehr stolz auf ihre Vorfahren, die bis heute die deutsche Werte und Traditionen liebevoll gepflegt und weitergegeben haben. „So haben wir auch immer Weihnachten und Ostern gefeiert und in der Familie deutsch gesprochen.“ Jetzt freut
sie sich auf die E-Biker, die sie mit Birkensaftpunsch, Honigkeksen, Blechkuchen und Borschtsch, der nach mütterlichem Rezept gekocht wird, in weihnachtliche Stimmung bringen möchte.

In Trebbin mit seinen 13 Ortsteilen sorgt in diesem Jahr ein lebendiger Adventskalender für weihnachtliche Vorfreude. Karin Kroll (l.) von der Stadtverwaltung hat mit ihrem Team viel Arbeit reingesteckt und freut sich, dass viele Partner mit an Bord sind. So wird in der agt Trebbin in Klein Schulzendorf Vorstand Dr. Thomas Gäbert (r.) – hier inmitten von Senf, der derzeit auf den Feldern blüht – Besuchern nachhaltige Landwirtschaft näher bringen, und Anika Heyer (M.) von der Stadtbibliothek hat dazu weihnachtliche Prosa im Gepäck. Ein riesiges Pfefferkuchenhaus kann im Clauert-Haus in Trebbin bestaunt werden, das nach dem märkischen Till Eulenspiegel Hans Clauert benannt ist, der 1506 in Trebbin geboren wurde und der Obrigkeit so manchen närrischen Streich gespielt haben soll.

Mit Weihnachtsliedern möchte das Trebbiner Duo „Mit/Ohne“ im Innenhof des AWO-Seniorenzentrums Fröhlichkeit in die Gesichter der Heimbewohner zaubern. Die Künstler Christoph und Marcel Stadler sind keine Unbekannten, ziehen sie doch mit ihren musikalisch-kulinarischen Veranstaltungen nicht nur die Trebbiner in ihren Bann. Zu ihrem Repertoire gehören Rock und Pop, aber auch Schlager und Balladen – verfeinert mit einem Drei-Gänge-Menü. Das wird es zum Adventsauftritt am 19. Dezember in der Altstadt zwar nicht geben, aber eine leckere Maronensuppe wird auch die Herzen erwärmen, ist sich Hobbykoch Marcel Stadler sicher.

Karin Kroll und alle Mitstreiter hoffen nun, dass Corona keinen Strich durch die geplanten Veranstaltungen macht, der lebendige Adventskalender gut angenommen wird und für weihnachtliche Stimmung sorgt – denn Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.