Pferdehof Pardemann

Unterkunft frei für Schleiereulen auf Pferdehof

© NABU/Rosl Rössner
Reportage
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Das Angebot für die Schleiereule klingt verlockend: kostenfrei wohnen, gefahrlos brüten mit freiem Zugriff auf Mäuse. Auf dem Pferdehof Pardemann im brandenburgischen Bredow ist das möglich.

Von Silvia Passow

Volker Pardemann wollte eigentlich Tierarzt werden. Doch das Leben wollte es anders, und er ist glücklich damit. Statt einer Tierarztpraxis führt er den Pferdehof Pardemann im havelländischen Bredow. Der Vierseitenhof wurde in den 1860er-Jahren erbaut, ist seither im Familienbesitz, und Volker Pardemann ist die nunmehr fünfte Generation. Zu Zeiten der DDR war der Hof Teil der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). „Enteignet waren wir aber nicht“, erzählt Pardemann. Seine Söhne, 18 und 20 Jahre alt, würden den Hof gern übernehmen. Doch sie würden sich einigen müssen, sagt der 53-Jährige. Der Ertrag des Hofes werde nur für einen reichen.

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Pferdehof Pardemann: Pferde-, aber auch Rinderzucht

75 ha Land gehören zum landwirtschaftlichen Betrieb. Davon sind 40 ha Grünland, 35 ha Ackerland. Hier baut Volker Pardemann Getreide an: Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Triticale, manchmal auch Raps sowie Futter sowohl zum Verkauf als auch für die 35 Pferde, vier Shetlandponys und das Dutzend Rinder.

Pardemann züchtet Deutsche Sportpferde, die sogar in die USA verkauft werden. Auch eine Pferdepension gehört zum Pferdehof. Die kleine Rinderherde sei mehr Leidenschaft als Verdienstmöglichkeit, sagt er. Einer der Söhne mag Rinder, also kamen wieder Rinder auf den Hof.

Pardemann züchtet Black-Welsh-Rinder und finde für die Jungtiere dankbare Abnehmer, sagt er. Allein die Kühe mampfen täglich einen Heuballen, zehn Ballen pro Woche gehen an die Pferde. Zum tierischen Hofpersonal zählen auch Hühner, Kaninchen, Katzen und die elfjährige Schäferhündin.

Volker Pardemann führt den  landwirtschaftlichen Familienhof  in fünfter Generation.
Volker Pardemann vor der „Ahnentafel“. Die Zahlen, sagt er, sind nicht korrekt. © Silvia Passow

Samtpfoten leisten gute Arbeit

Von den Kunden, an die Pardemann Tierfutter verkauft, höre er immer wieder, dass die Tiere den Weizen besonders gern mögen, und glaubt, das hänge mit der Art zusammen, wie er den Acker bearbeitet – sparsam an Dünger und Pflanzenschutz. „Die Preise für Dünger sind regelrecht explodiert“, sagt er. Auch Pflanzenschutzmittel sind sehr teuer geworden. Also versucht er es weitgehend ohne, allerdings sei dies deutlich arbeitsintensiver.

Direkt auf dem Pferdehof Pardemann kommt gar kein Pflanzenschutz zum Einsatz. Hier laufen die Hühner, Katzen, die Hündin frei herum, denn Pardemann hat ein inniges Verhältnis zu den tierischen Mitbewohnern. So muss Huhn Mathilde sich nicht vor dem Suppentopf fürchten. „Sie wird bestimmt nicht geschlachtet“, sagt er lachend und erzählt, dass Mathilde sich aus der Hand füttern lässt. Sie ist an seiner Seite, sobald er zur Schaufel greift, denn der aufgewühlte Boden könnte kulinarische Köstlichkeiten freigeben. Zumindest aus Hühnersicht.

„Auch die Katzen-Armee haben wir verstärkt“, sagt Pardemann, „war auch nicht geplant, nun erfüllen sie treu ihre Pflicht.“ Die Katze und ihre vier Kitten fand Pardemann bei der Arbeit auf dem Acker, brachte sie zum Tierarzt und sorgt gemeinsam mit seiner Frau für die Samtpfoten. Im Gegenzug helfen sie bei der Mäusebekämpfung. „Früher“, sagt Pardemann, „zählten Katzen zu den Maßnahmen, die ein Landwirt gegen Mäuse einsetzen kann.“ Inzwischen ist die natürliche Feindin der Maus zumindest von Behördenseite kein zulässiges Mäuse-Abwehrmittel.

Schleiereulen stehen auf der Roten Liste Brandenburg

Neben den Katzen gibt es noch eine andere große Mäusejägerin – die Schleiereule, auf deren Speisezettel hauptsächlich Feld- und Spitzmäuse stehen. Die Not muss groß sein, wenn sie etwas anderes frisst. „Ich habe in den sechs Jahren, in denen ich mich um die Eulen kümmere, kürzlich zum ersten Mal die Überreste eines Feldsperlings in einem von Eulen bewohnten Nistkasten gefunden“, sagt Konrad Bauer vom NABU Osthavelland.

Der 73-Jährige kümmert sich gemeinsam mit den Mitgliedern seiner Arbeitsgruppe „Dohlen, Turmfalken, Schleiereulen“ um die drei bedrohten Turmvogelarten. Die Schleiereule wird in der Roten Liste Brandenburg in der Kategorie 1, also „Vom Aussterben bedroht“, geführt. Neben einem Mangel an geeigneten Nistplätzen zählen der Straßenverkehr und Mäusegift zu den großen Gefahren für die bedrohten Eulen. „Trägt das Elterntier eine vergiftete Maus ins Gelege, bedeutet dies fast immer den Tod für die Küken“, erläutert Konrad Bauer.

Alte Scheunen bieten ideale Schlupflöcher für Schleiereulen

Der engagierte Naturschützer sucht in Kirchen, Trafo-Häuschen und Scheunen nach geeigneten Standorten für Nistkästen. Sie werden von ihm und seinem Team angebracht, gewartet, und die Bruterfolge, so es welche gibt, werden notiert. Vor allem Scheunen eignen sich hervorragend für die Schleiereulen, denn meist ist es von dort aus bis zum nächsten Feld oder zur Wiese nicht weit.

Hier jagt der Vogel, und sein Hunger kann enorm sein. Drei bis vier Mäuse frisst eine Schleiereule am Tag. Das klingt zunächst überschaubar, doch der Bedarf steigt rasant, wenn die Schleiereule erfolgreich brütet. Vier bis zehn Eier legt sie, dazu baut sie kein Nest, sondern sucht sich bevorzugt dunkle Ecken. Und um den Nachwuchs dann sattzubekommen, heißt es für die Altvögel, Futter heranzuholen. Zur Aufzucht der Jungen benötigen die Eulen 3.000 Mäuse. Das entspreche 115 kg, rechnet Konrad Bauer um. In für die Eulen guten Mäusejahren brüten sie ein zweites Mal. Was dann einen Bedarf von noch mal 115 kg Maus ausmacht.

Vereins Sinalkol in Nauen zimmert Nistkästen

Wie effizient die Schleiereule sein kann, hat Volker Pardemann bereits erlebt. Einen Nistkasten hat er selbst gebaut und in eine der Scheunen gehängt. Es zog eine Schleiereule ein, die sich schon mal zu den Reitenden in der benachbarten Reithalle gesellte. Doch dann kamen Dohlen und vertrieben die Schleiereule. Der von Pardemann gebaute Kasten ist inzwischen durch einen vom NABU ersetzt worden.

Vor ein paar Wochen bauten Konrad Bauer und sein Team einen weiteren Kasten an, nachdem in der Scheune eine Schleiereule gesichtet wurde. Diese Nistkästen werden von der Tischlerei des Vereins Sinalkol in Nauen gezimmert, der Suchtkranke und Langzeitarbeitslose beschäftigt und ins Arbeitsleben zurückführen möchte. Für die Fertigung werden Einweg-Paletten genutzt, die sonst entsorgt werden. Die Kosten übernimmt der NABU, für Volker Pardemann ist die Behausung für die neue Kollegin kostenlos. „Über Mäuse freut sich allerdings nicht nur die Schleiereule, sondern auch der NABU“, sagt Konrad Bauer schmunzelnd und lobt die Scheunen auf dem Pferdehof. Die rund 160 Jahre alten Steinbauten bieten im Gegensatz zu modernen Scheunen viele Verstecke und gute Einflugmöglichkeiten.

Bildergalerie

Die Schleiereule brütet gern in Scheunen, und weil sie in der Nähe vom Pferdehof Pardemann gesichtet wurde, hat Naturschützer Konrad Bauer mit seinem Team einen Nistkasten in der dortigen Hofscheune angebracht.

Konrad Bauer und der fertig monitierte Nistkasten

Durch dieses Fenster soll sie kommen

Das Einflugsloch für die Schleiereule

Jetzt fehlt nur noch die Schleiereule selbst. Doch Pardemann ist optimistisch, dass schon bald Tyto alba lautlos über die Wiesen nahe dem Hof gleiten wird. Sie hätte jedenfalls eine bunte Nachbarschaft. Als das alte Gutshaus im Ort mitsamt Schornstein der Brennerei, auf der ein Storchennest thronte, abgerissen wurde, beschloss Pardemann, für ein neues Nest zu sorgen, das vom NABU betreut wird. Und so kam auch der Kontakt zum Schleiereulen-Team zustande. Für seine rund 90 Schwalbennester wurde er bereits ausgezeichnet. Jetzt freut er sich auf den Sommer, denn dann kreisen auch noch die Fledermäuse über den Pferdehof Pardemann.

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