Kamele, Lamas, Zebras und Co. – Wüstentiere im Vogtland
Bei Thomas Hörl im sächsischen Mühltroff können die Tierarten gar nicht ausgefallen genug sein. Der Landwirt darf neben Kamelen und Lamas als einer von wenigen auch Zebras halten.
Von Silvia Kölbel
Anfänglich gab sich Thomas Hörl aus dem vogtländischen Mühltroff mit dem Wunsch, sein Leben mit Rindern und Pferden zu verbringen, zufrieden. Doch als nach der Wende 1989 alles möglich war, sollte es ein bisschen mehr sein. 1992 hielt das erste Lama, gekauft von einem Zirkus, bei dem Landwirt Einzug. 1994 kam ein Zirkuskamel dazu. Heute bewirtschaftet der 51-Jährige im Haupterwerb einen Kamel- und Lamahof, auf dem auch Esel, Pferde, Zebras und Watussi-Rinder leben. Außerdem züchtet Hörl Papageien, mästet Enten und Gänse.
Während die gewerbliche Haltung der Kamele mit dem Erwerb eines Sachkundenachweises möglich war, gestaltete sich der behördliche Teil beim Halten von Zebras schon wesentlich schwieriger. Zebras gelten als Wildtiere. Eine private Haltung ist aufgrund der gesetzlichen Anforderungen so gut wie ausgeschlossen. Thomas Hörl benötigte für die Zebras eine Genehmigung zum Halten von Zootieren. Einen Zoo betreibt er deswegen aber nicht. Sein Geschäftsfeld ist die Zucht und der Handel mit diesen Tieren. Da Kamele als Nutztiere gelten, kommen private Halter genauso als Käufer infrage wie Freizeitparks.
Unsere Top-Themen
• Schwerpunk Smart Farming
• Ackerfuchsschwanz in Winterkulturen
• Was ändert sich bei Biogas-Additiven?
• Märkte und Preise
Die Exoten sollen natürlich aufwachsen
„Wir halten die Tiere aber auch zu unserer Freude. Sie müssen bei uns auch nichts können oder machen. Wir bieten keine Reitausflüge oder Spaziergänge an. Die Tiere sind auch keine fremden Menschen gewöhnt. Wir möchten, dass die Tiere so natürlich wie möglich leben“, erklärt Hörl. „Das heißt, dass wir auch keine Besucher empfangen und man auch bei uns nicht spazieren gehen kann, um sich die Tiere anzusehen.“
Doch genau damit gebe es immer wieder Probleme. „Schilder werden einfach ignoriert. Wir müssen unsere Zufahrt mit einer Schranke absperren und trotzdem immer aufpassen, dass niemand die Tiere füttert oder sie mit Hunden erschreckt und in Panik versetzt“, erklärt Hörl. Das Füttern durch Spaziergänger könne fatale Folgen haben. „Die Ansprüche unserer Exoten an das Futter sind sehr speziell“, sagt Hörl. Deshalb sei es auch nicht möglich, die Betreuung der Tiere unkundigen Personen zu übertragen. „Einer aus der Familie muss immer hier sein.
Urlaub, das ist für ihn und seine Partnerin Mandy Hegner ein Fremdwort. „Unsere längste und weiteste Reise in den zurückliegenden Jahren führte drei Tage an die Ostsee“, berichtet der Landwirt. Mandy Hegner, die erst bei ihrem Partner mit Tieren in näheren Kontakt kam, kann sich heute kein anderes Leben vorstellen. „Ich vermisse nichts. Wir leben für unsere Tiere.“ Die Mutter dreier Kinder ist berufstätig und arbeitet im Einzelhandel. Ihre komplette Freizeit verbringt sie mit der Betreuung der Tiere.
Zurzeit leben vier Kamelstuten und ein Hengst auf dem Hof. Da Kamelstuten dreizehneinhalb Monate tragen, ist nur alle zwei Jahre mit einem Fohlen zu rechnen. Kamele bekommen immer nur ein Fohlen. Die Paarungszeit fällt in den Winter. Dann verwandelt sich der sonst ganz umgängliche Kamelhengst Alibaba in einem unberechenbaren Beschützer seiner Damen. „Er verliert in der Paarungszeit fast die Hälfte seines Körpergewichtes“, berichtet Thomas Hörl.
Kamele zu züchten sei eine anspruchsvolle Aufgabe. „Man kann nicht jede x-beliebige Stute mit einem Hengst verpaaren. Sie müssen sich mögen, sonst verbeißt der Hengst die Stute.“ Bis sich die ersten Zuchterfolge einstellten, dauerte es zehn Jahr. Selbst dann lief nicht alles reibungslos. „Das erste Fohlen habe ich mit der Flasche großgezogen“, erinnert sich Mandy Hegner noch gut an diesen Kraftakt. Kamele seien sehr soziale und auch robuste Tiere. „Im größten Schneesturm legen sie sich nicht in ihren Unterstand, sondern raus ins Freie“, erzählt Mandy Hegner.
Zucht eines seltenen Zebroiden gelang
Auch in der Zebrazucht ist Hörl erfolgreich. Eines der vier Zebras kam auf dem Hof zur Welt. Dem Exoten-Liebhaber gelang auch die Zucht eines seltenen Zebroiden. Das ist ein Nachkomme einer Zebrastute und eines Pferdes, in diesem Fall eines Ponyhengstes. Diese Hybriden sind nicht fortpflanzungsfähig. Zebroiden gelten als etwas umgänglicher als die doch recht wilden Zebras.
Die gestreiften Wildpferde stellen im Reigen der exotischen Tiere die Tierhalter dabei vor die größte Herausforderung. „Es sind wilde Tiere. Die kann man nicht am Halfter nehmen und irgendwohin führen. Zebras beißen und schmeißen. Beim Umgang mit den Wildpferden ist äußerste Vorsicht geboten“, stellt Hörl klar.
Für jegliche tierärztliche Behandlung sei eine Sedierung notwendig. „Zwei Mal im Jahr schneiden wir die Hufe aus und entwurmen dabei auch. Zu diesem Zweck kommt ein Veterinärmediziner der Leipziger Tierklinik. Die Betäubung wird mit einem Blasrohr geschossen“, erklärt Hörl die Vorgehensweise.
Die Zebras leben in Gesellschaft mit afrikanischen Watussi-Rindern. Das auffälligste Merkmal dieser Hausrindrasse sind die überdimensionalen Hörner, die mehr als 1,50 Meter in beide Richtungen wachsen können. Die Watussis verkörpern charakterlich das Gegenteil der Zebras. Sie sind ruhig, ausgeglichen und zahm. Trotzdem funktioniert die Vergesellschaftung der beiden Tierarten gut: „Sie gehen sich aus dem Weg“, berichtet Hörl.
Eines haben Watussi-Rinder und Zebras dann aber wieder gemeinsam: ihr Wärmebedürfnis. Nur bei schönem Wetter dürfen sie raus auf die Weide. Zum Pflichtprogramm gehört der abendliche Gang zurück in den Stall, auch im Sommer, obwohl das von den Temperaturen her nicht nötig wäre. Thomas Hörl sagt aber: „Wenn ich sie nicht jeden Tag in den Stall bringe und sie das gewöhnt sind, habe ich keine Chance, die Zebras in den Stall zu bekommen, wenn es nötig ist.“
Esel werden zum Nachweiden eingesetzt
Zum Hörl’schen Tierbestand gehören sechs Lamastuten, ein Hengst sowie derzeit fünf Fohlen. Auf den sieben Hektar Land, die Hörl für seine Tierhaltung zur Verfügung stehen, grasen auch zehn Esel in den unterschiedlichsten Farben. „Früher gab es hier nur graue Esel. Erst nachdem die Grenzen offen waren, hielten auch andersfarbige Esel Einzug. Inzwischen erfreut sich aber der graue Esel wieder großer Beliebtheit“, hat Hörl festgestellt, der seine Esel wegen ihrer Anspruchslosigkeit an das Futter schätzt. „Esel sind nicht mit Geld zu bezahlen. Ich setze sie zum Nachweiden ein. Sie lassen nichts stehen, fressen Disteln und auch Hungerstöcke. Ich muss meine Weiden nicht nachmulchen. Das erledigen die Esel“, so der Tierhalter.
Auch Schafhalter, die ihre Herden vor Wölfen schützen müssen, interessieren sich zunehmend für Esel. „Es heißt, ihr Geschrei vertreibt die Wölfe“, so Hörl. Manchmal sind es auch Pferdehalter, die einen Esel als Beistelltier kaufen. Die sprichwörtliche Sturheit der Esel kann Hörl nicht bestätigen. „Esel sind vorsichtig. Sie überlegen, erst einmal, ob eine Situation gefährlich ist oder nicht. Das kann dauern. Wenn sie sich aber davon überzeugt haben, dass alles in Ordnung ist, geht es auch weiter.“
Mäusepolizei und lautstarke Amazonen
Neben den großen Vierbeinern leben noch andere Tiere auf dem Hof. Enten und Gänse mästet das Paar, um sie als Dankeschön an Geschäftspartner zu verschenken. Ein Berner- und ein Schweizer Sennenhund bewachen den Hof. Den Jack Russel-Terrier bezeichnet Hörl als Mäusepolizei, die Unterstützung von einer Kartäuserkatze bekommt.
Nebenbei züchtet Hörl auch Blaustirnamazonen und hält einen Edelpapagei. Die gefiederten Hofbewohner sorgten anfänglich mit ihrem Geschrei für mehr Ärger bei den Nachbarn, als die lautstarken Esel. „Aber inzwischen haben sich die Mühltroffer daran gewöhnt, dass die Papageien den ganzen Ort beschallen,“ berichtet der Landwirt von der Akzeptanz, die er mit seiner ungewöhnlichen Tierhaltung inzwischen findet.