Uckermark: Aktiv-Urlaub und Mühlen-Romantik in der Wassermühle in Gollmitz
Radfahren, Wandern, Kanufahren – die Möglichkeiten sind vielfältig. Die Gollmitzer Wassermühle in der Uckermark ist ein guter Ausgangspunkt für Ihre Entdeckungstouren. Pfingstmontag findet dort die Eröffnung vom Deutschen Mühlentag statt.
Von Jutta Heise
Sanft streicht Jana Rogozinski über das dunkle Holz des langen Tisches im Kamin-Zimmer und – strahlt wie die Frühlingssonne: Hat Kai selbst angefertigt! Wie den Windfang im Müller-Zimmer, aus einem Abbruchhaus geborgen und fachmännisch aufgearbeitet. Der so mit Lob Bedachte, gerade mit dem Streichen einiger Fenster zugange, 20 Jahre nach der Erstsanierung muss manches aufgefrischt werden, lächelt in sich hinein, wie einer, der weiß, was er kann.
Respekt, wer es selber macht! preist ein Slogan den Wert der Marke Eigenbau, vor allem spart es Geld. Eine Challenge wie die Sanierung einer unter Denkmalschutz stehenden 300 Jahre alten Wassermühle in der Uckermark schluckt manchen Euro.
Faszination Wassermühle: Geschichte beginnt in der DDR-Zeit
Wer da nicht einen Jackpot oder eine Bank geknackt, eine betuchte Tante beerbt oder sonst wie an mittleren Reichtum gekommen ist, sollte so viele Arbeiten wie irgend möglich selbst ausführen können, und zwar tippitoppi: Kai Rogozinski ist Heizungsbaumeister, fit in mancherlei Gewerken, hatte bis vor einiger Zeit einen eigenen kleinen Betrieb in Berlin.
Die Liebe zum Wassersport ist in seiner DNA verankert. Mit dem Großvater, versetzt uns Rogozinski an den Beginn dieser Geschichte, sei er, am Müggelsee aufgewachsen, in Kindheit und Jugend durch die Gegend gepaddelt, habe über die Wassermühlen gestaunt, die, seinerzeit zum Teil noch in Betrieb, vor sich hin ratterten. Er legt einen Schwur ab: In so einer will ich mal alt werden, in der Natur, in Ruhe und Idylle, fernab von Großstadt-Hektik.
So gut, so weltfremd-romantisch? Nee, eigentlich habe er immer an seinem Ziel arbeiten wollen, sagt Rogozinski. Aber: „Zu DDR-Zeiten war es nicht erwünscht und deshalb kaum möglich, Eigentum zu erwerben. Nach der Wende war das Geld knapp, die Meisterschule ist mir wichtiger gewesen.“
Eine Prise Küchen-Philosophie: Sind nicht jene Träume am schönsten, die sich nie erfüllen? Beflügeln sie doch schier unerschöpflich unsere Fantasie, werden glanzvoller als es die Realität je sein kann? Ansichtssache! Im Verwandten- und Bekanntenkreis kennt man Kais schwärmerische Vision, es muss sowas wie Liebe sein.
Uckermark: Gollmitzer Wassermühle wurde über die Treuhand versteigert
Ein Freund gibt ihm eines Tages den Tipp, dass die Gollmitzer Wassermühle über die Treuhand versteigert werden soll. Vor-Ort-Besuch: Viel war es nicht, was nach zehnjährigem Leerstand – bis 1990 hatte sie noch als Futtermühle gedient – an brauchbarer Substanz übrig war: Bis auf die Schrottechnik war das Gebäude leergeräumt, neun laufende Meter Fachwerk eingestürzt, das Wasserrad morsch, das Dach marode.
Ein halbes Jahr, erzählt Kai Rogozinski, habe er hin- und herüberlegt, dann – Deal! Für den Bodenrichtwert erhält er den Zuschlag für das 2.000 Quadratmeter große Grundstück, die Hälfte davon bebaut. (Bereut habe er seinen Entschluss nie – sagt er! Ich weiß es besser – sagt Jana.)
Brandenburgs größtes Wasserrad
Nun wirds erst richtig spannend. Einen Teil der Gebäude als Wochenend-Domizil ausbauen – nee, wird der Bestimmung des alten Gemäuers nicht gerecht. Gastronomie rein? Reizvoll, aber: Auflagen – so viele wie der Mühlbach Tropfen hat! Ferienwohnungen und vielleicht noch etwas mehr, das könnte sich drehen. 2002 startet die Sanierung, schreitet voran, Stück für Stück, wie gerade Fördermittel fließen – aus dem EU-Dorferneuerungsprogramm, aus Leader+, vom Denkmalschutz.
Der Fortgang hängt auch davon ab, wann und wie die vielen Helfer effizient eingesetzt werden können. Kais Vater, Maurer (der auch eine künstlerische Begabung hat, einige seiner Landschaftsbilder hängen in der Mühle), ist besonders gefragt.
Das einstige Zuhause des letzten Gollmitzer Müllers, der bis in die 1960er-Jahre die Mühle betrieb, wird die erste Ferienwohnung. 2008 sind alle vier fertig, bieten zwischen zwei und sieben Personen Platz, verfügen teils über eine kleine Küchenzeile, dazu haben Rogozinskis einen Gemeinschaftsraum eingerichtet. Kommunikation und Rückzug sollen gleichermaßen möglich sein.
Das Interieur: Lasiertes Holz dominiert, manch Möbelstück haben Freunde geschenkt oder ist von Kai geschreinert. Radler und Wanderer, die es schon nach einer Nacht weiterzieht, können ein einfaches Zimmer mit reduziertem Komfort (harte Kerle und taffe Mädels wollen es ja so!) mieten.
Naturpark in der Uckermark: Tipps für Restaurants und Cafés
Unter dem immerwährenden Rauschen des Mühlbaches, der hier „Strom“ heißt, mit Blick in die Wildnis des Naturparks Uckermärkische Seen oder den Mühleninnenhof mit Saunahaus plus Bade-Fass und Garten-Dusche, Spiel-Gerät und manch lauschig-romantischem Platz (auch zum Eisvogel-Beobachten) lässt sich relaxen und chillen. Vielleicht nachdem man die Möglichkeiten aktiver Entspannung genossen hat, die die dünn besiedelte, wenngleich immer stärker von Zuzug geprägte Uckermark bietet.
Rogozinskis haben Tipps parat, die von ihnen empfohlenen Restaurants und Cafés selbst getestet. Das mit sechs Meter Durchmesser größte Wasserrad Brandenburgs wurde übrigens 2005 instandgesetzt. Es dreht sich rund um die Uhr, treibt einen Generator an, der 60.000 Kilowattstunden im Jahr erzeugt, genug, um sechs Haushalte mit regenerativer Energie zu versorgen.
Wassermühle: Auch Hochzeit feiern ist möglich
„Manche Familien“, sagt Jana, „machen ein Ritual daraus, sich einmal im Jahr bei uns zu treffen und/oder zu feiern.“ Im Innenhof können Trauungen stattfinden. „Die Vermietung an Feriengäste in der Hauptsaison bleibt unser Kerngeschäft“, sagen beide, die vor einiger Zeit ihren ursprünglichen Brot-Erwerb aufgegeben haben. Unter Doppelbelastung kam mal dieses, mal jenes zu kurz, bedauert Jana, die Zahntechnikerin. Kai hat sich zum Hobby-Bäcker mit Leidenschaft entwickelt, bietet Kurse an, die mit dem Mühlenbrot enden.
Bierseminare und Mühlenkonzerte
Seit Pfingsten 2006 wird zu speziellen Anlässen demonstriert, wie das so abläuft mit dem Mahlen von Getreide: Das Equipment ist wieder voll funktionstüchtig. Als Spitzenidee hat sich die kleine Hausbrauerei entpuppt, für die das Ehepaar einen Spezialkurs absolviert hat. Einmal die Woche braut Kai 160 Liter in drei Sorten. Die darf sich der Gast persönlich zapfen oder im Schnellgang die wichtigsten Essentials des Brauens inhalieren. Was insbesondere bei Betriebsausflügen mit Teamfindungsziel immer beliebter wird.
Während anderes in die Kategorie Variables gehört (etwa Kräuterwanderungen), sind die Gollmitzer Mühlen-Konzerte eine Konstante, zu denen eine regelrechte Fan-Gemeinde anreist. Drei werden seit 2010 sommers im Innenhof veranstaltet. Was mit dem spontanen Auftritt eines Jazz-Musikers begann, wird seitdem von Jana und Kai selbst ausgerichtet. Das musikalische Management übernimmt ein Freund mit engen Kontakten zur ostdeutschen Szene.
Die Zahl der Besucher? Dreistellig. Beim Schutzpatron der Müller, Bäcker und Brauer! In Zeiten, wo über Vereinzelung und Rückzug aufs Private gebarmt wird, hören wir mit Genugtuung: „Ohne unsere vielen Freunde, die auf Zuruf aufschlagen, wenn Hilfe nötig ist, ginge nix.“
Die einen schaffen Getränke ran, andere grillen, Jana kocht Kaffee (alles mit Gestattung, behördlich genehmigt), Kai braut. Besser mitmischen als – eventuell – von Drums zugedröhnt zu werden, sagen sich manche Nachbarn. Wie die freiwillige Feuerwehr, die die Parkplatz-Einweisung regelt. Kais großes Netzwerk, das schon über 30 Jahre hält und auch bei der Bewältigung des Programms zum Mühlentag dabei sein wird (die Vorbereitungen laufen seit März!), geht auf seine Zeit als Leistungssportler zurück. Seine Karriere startete mit Wettkämpfen im Touristischen Mehrkampf (sechs Disziplinen), wo der heute 60-Jährige einen 2. Platz bei Deutschen Meisterschaften errang.
Wassermühle in der Uckermark: Touren zum Wasser-Wandern geplant
Später gehörte er dem ersten gesamtdeutschen Team bei der Rafting-WM 1990 in Atlanta an, das es ins erste Drittel der über 50 Teilnehmer schaffte, ist heute Mitglied im Drachenbootverein Prenzlau. So wundert es nicht, dass sich Kai mit der Idee von geführten Wasserwander-Touren samt Picknick-Stopps trägt – nichts von der Stange allerdings. „Es würde um professionelles Paddeln gehen, das spezielle Equipment dafür haben wir“, erläutert er. Bis ins Detail ausgereift ist die Sache noch nicht. Jana bleibt skeptisch. Kai nimmt es – sportlich!
Infos zum Pfingstmontag-Programm rund um das Kulturgut Mühle in Gollmitz und zum bundesweiten Mühlentag: deutsche-muehlen.de/deutscher-muehlentag
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