Wassersommelière: Feuer und Flamme für Wasser
Wasser ist Lebenselixier – und Heike Sonntag aus Bad Brückenau in der bayerischen Rhön hat es zu ihrem Beruf gemacht: Die gebürtige Brandenburgerin arbeitet dort als Wassersommelière. Wir haben mit ihr über unser wichtiges Grundnahrungsmittel gesprochen.
Ein Sommelièr oder eine Sommelière wird ja klassischerweise mit Wein in Verbindung gebracht …
… mittlerweile gibt es aber auch die Spezialisierung auf Bier, Whiskey, Käse – und Wasser. Allerdings wird der Titel auf meiner Visitenkarte oft belächelt oder es wird verblüfft nachgefragt, welche Funktion er denn beinhaltet.
Und welche beinhaltet er?
Als zertifizierte Wassersommelière und Wasserbotschafterin möchte ich rund ums Wasser vertrauensvoll beraten, Kompetenz und Erfahrung weitergeben – auf Messen, in Tastings, Mineralwasserschulungen und -vorträgen sowie Informationsveranstaltungen für Gastronomen und den Getränkefachgroßhandel.
Was fasziniert Sie am Wasser?
Wasser ist von jeher Symbol des Lebens, Quelle der Gesundheit. Es hat Heilkräfte, reinigt, hat ein Gedächtnis und hört sogar Musik. Seine Eigenschaften sind so komplex und faszinierend, dass es sich für jeden lohnt, sich mit diesem Lebensmittel zu beschäftigen. Als mir die Möglichkeit eröffnet wurde, eine Ausbildung zur Wassersommelière zu absolvieren, war ich Feuer und Flamme.
Übrigens wurde ich schon in meiner Kindheit zum Mineralwasser-, aber auch zum Milchtrinker erzogen, denn mein Vater, Dr. Siegbert Sonntag, damals tätig im Institut für Milchforschung in Oranienburg und begeisterter Abonnent der Bauernzeitung, schwärmte immer von der Kombination des natürlichen Wassers mit den Aminosäuren, Fetten und den Vitaminen in der Milch.
Viele meinen, alle Wasser schmecken gleich. Was entgegnen Sie denen?
Tatsächlich höre ich diese Aussage sehr oft, und nicht jeder kann die feinen Nuancen der verschiedenen Geschmäcker von mineralisierten Wässern unterscheiden. Sie können je nach Gestein, durch das sie gesickert sind, und je nach Zeit, die dabei vergeht, sehr unterschiedlich schmecken: mal eher süß oder sauer, dann wieder eher salzig oder bitter. Hinzu kommt, dass Mineralwasser auch unterschiedlich stark mineralisiert ist und dementsprechend einen intensiveren oder weniger intensiven Eigengeschmack hat. Wasser ist also nicht gleich Wasser.
Was ist denn ausschlaggebend dafür, dass Mineralwasser salzig, erdig oder süßlich schmeckt?
Verantwortlich für den Eigengeschmack sind vor allem die Hauptmineralstoffe Kalzium, Hydrogencarbonat, Magnesium und Natrium. So sorgt viel Kalzium für einen leicht bitteren Geschmack und ruft oft ein trockenes Mundgefühl hervor. Magnesium schmeckt manchmal bitter, manchmal aber auch süßlich. Salzig schmeckendes Mineralwasser ist besonders natriumhaltig.
Der Einfluss von Hydrogencarbonat auf den Geschmack zeigt sich am besten beim Mischen einer Schorle, denn dieser Mineralstoff bindet Säure. Eine Schorle mit hohem Gehalt an Hydrogencarbonat im Wasser schmeckt daher kaum noch säuerlich. Das alles kann man am besten herausschmecken, indem man die stille Variante wählt. Besonders wenige Mineralstoffe im Wasser bedeuten übrigens nicht, dass es neutral schmeckt. Wenn ein Wasser von den Mineralstoffen her dem Speichel ähnelt, erkennt der Mensch keine Reizänderung. Daher wird ein Wasser mit 600 bis 700 Milligramm Mineralstoffen pro Liter meist am mildesten und weichsten beschrieben.
Zudem gibt es neben Mineralwasser Quell- und Tafelwasser. Worin unterscheiden sie sich?
Natürliches Mineralwasser ist ein Naturprodukt. Es stammt aus einem unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen und muss direkt am Quellort abgefüllt werden. Es ist das einzige amtlich anerkannte Lebensmittel in Deutschland. Das Anerkennungsverfahren umfasst über 200 geologische, chemische und mikrobiologische Untersuchungen. Die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung legt genau fest, was ein natürliches Mineralwasser ausmacht, wie es etikettiert und verpackt sein muss. Strenge Kontrollen durch die Brunnenbetriebe, Behörden und unabhängige Labore garantieren dem Verbraucher eine gleichbleibende Qualität von der Quelle bis auf den Tisch.
Quellwasser stammt zwar, wie Mineralwasser und natürliches Heilwasser, aus unterirdischen Wasservorkommen, es bedarf aber keiner amtlichen Anerkennung. Es wird direkt an der Quelle abgefüllt und muss in seiner Zusammensetzung allen Kriterien genügen, die für Trinkwasser vorgeschrieben sind. Dem Abfüller ist es erlaubt, Kohlensäure hinzuzufügen oder zu entziehen.
Tafelwasser wiederum besteht meist aus Trinkwasser als Grundsubstanz und weiteren Zutaten wie Meerwasser, Sole, Mineralstoffen und Kohlensäure.
Es kann an jedem beliebigen Ort hergestellt und abgefüllt, darf in Kanistern, Fässern oder Schläuchen gelagert werden und erhält keine amtliche Anerkennung. Angaben über eine bestimmte geografische Herkunft oder chemische Zusammensetzung sind nicht erlaubt. Tafelwasser darf in seinem Namen weder den Begriff „natürlich“ enthalten noch einen Brunnen- oder Quellnamen tragen.
Bei Ihnen in Bad Brückenau dreht sich auch vieles um Heilwasser, immerhin sprudeln dort im königlichen Staatsbad fünf Quellen. Was hat ein Heilwasser, was die anderen Wasser nicht haben?
Heilwasser ist im Gegensatz zu Mineralwasser, Quell- oder Tafelwasser kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel. Es versorgt den Körper mit lebenswichtigen Mineralstoffen und Spurenelementen, kann Mangelzuständen vorbeugen oder vorhandene Defizite ausgleichen. Ferner kann es die Stoffwechsel- und Organfunktionen stärken und körpereigene Kräfte ganzheitlich aktivieren. Seine vorbeugende, lindernde und heilende Wirkung ist wissenschaftlich nachgewiesen und amtlich bestätigt.
Deshalb unterliegt Heilwasser in Deutschland auch dem Arzneimittelrecht und muss vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden. Zurzeit sind etwa 35 verschiedene Heilwässer im gut sortierten Lebensmittel- und Getränkefachhandel erhältlich. Sie unterscheiden sich je nach regionaler Herkunft, in ihren Mineralstoffzusammensetzungen und Wirkungsweisen. Fast alle Heilwässer dürfen täglich getrunken werden, da sie frei von Nebenwirkungen sind. Der Dauergebrauch ist häufig sogar eine wichtige Voraussetzung, damit sie ihre gesundheitlichen Wirkungen optimal entfalten können.
Wie stehen Sie zum Leitungswasser? Ist das auch eine gute Option?
Das ist ein sehr sensibles Thema. Leitungswasser wird in Deutschland aus Grund- und Oberflächenwasser gewonnen. Letzteres kommt aus Seen, Talsperren und dem Uferfiltrat von Flüssen. Es ist daher zahlreichen Umweltfaktoren ausgesetzt, von denen die ursprüngliche Qualität des Wassers abhängt. Hinzu kommen Belastungen durch Nitrat, Medikamentenrückstände, Mikroplastik, Öl und Blei. Gemäß der Trinkwasserverordnung kann Leitungswasser mit einer Reihe von Chemikalien behandelt und aufbereitet werden.
Fakt ist, dass öffentliche Wasserversorger die Qualität des Trinkwassers lediglich bis zum Hausanschluss garantieren. Danach sind die Hausbesitzer für die Qualität selbst verantwortlich. Gerade Bleirohre stellen nach wie vor eine hohe Gesundheitsgefährdung dar. Ganz zu schweigen von Mikroorganismen wie Legionellen, die sich besonders in den Leitungen von Mehrfamilienhäusern wohlfühlen. Deshalb darf Trinkwasser aus der Leitung nicht als „gesund“ beworben werden. Das haben laut Handelsverband für Heil- und Mineralwasser die Landgerichte in Hannover und Landshut entschieden. Und aufgesprudeltes Leitungswasser ist kein Mineralwasser.
Ist stilles Wasser gesünder als prickelndes?
Viele Menschen sind davon überzeugt, bei Verwendung von stillem Wasser die gesündere Variante gewählt zu haben. Doch das stimmt nur bedingt. Mineralwasser mit Kohlensäure ist besser als sein Ruf. Zwar kann Kohlensäure durch ihre perlenden Bläschen bei empfindlichen Menschen zu Sodbrennen und Blähungen führen. Dieses Risiko besteht vor allem dann, wenn ein großes Glas Sprudel auf einmal getrunken wird.
Doch das sind auch die einzigen gesundheitlichen Nachteile von spritzigem Wasser, das eine ganze Reihe von Pluspunkten für sich verbucht. Es öffnet die Geschmackspapillen und erfrischt mehr als stilles Mineralwasser. Die Kohlensäure säuert das Wasser leicht, dadurch bekommt es insgesamt mehr Pep, und es fällt manchem leichter, genug zu trinken. Zusätzlich hat die Kohlensäure eine leicht keimhemmende Wirkung. Dadurch verlängert sich auch die Haltbarkeit des Mineralwassers.
Über 500 deutsche Mineralwasser-Sorten und 35 Heilwässer sind derzeit im Handel erhältlich. Da hat man die Qual der Wahl. Wie finde ich das Wasser, das zu mir passt?
Welches Mineralwasser zu wem passt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Jeder Mensch hat ein anderes Geschmacksempfinden, außerdem spielen die körperlichen Bedürfnisse eine große Rolle. Eine überhöhte Dosis von Natrium und Kalium in Mineralwasser beispielsweise kann bei Patienten mit entsprechender Vorgeschichte stark erhöhten Blutdruck oder Nierenprobleme auslösen. Denn diese Mineralien sind Salze, die zum einen den Wasserhaushalt im Körper beeinflussen, zum anderen auch an die Regulation des Blutdrucks gekoppelt sind. Ärzte empfehlen deshalb häufig, natriumarmes Wasser zu trinken.
Eine hohe Magnesium-Konzentration im Wasser kann nach anstrengender körperlicher Aktivität sinnvoll sein. Das Mineral ist wichtig für die Muskulatur und beugt Krämpfen vor. Das Gleiche gilt für Kalium, Chlorid und Kalzium.
Mit Mineralwasser lässt sich zum Beispiel der Säure-Basen-Haushalt des Körpers steuern. Dafür sollte man zu Wasser mit hohem Anteil an Hydrogencarbonat greifen. Es reguliert den pH-Wert des Blutes. Vor allem für Senioren kann eine Mineralisierung über das Trinkwasser sinnvoll sein. Kalziumreiches Mineralwasser (mindestens 150 Milligramm pro Liter) sorgt für stabilere Knochen und Zähne und wirkt somit prophylaktisch gegen Osteoporose.
Mineralwasser, das für Babys genutzt wird, unterliegt besonderen Auflagen und auf dem Etikett sollte stehen: „Geeignet zur Zubereitung von Säuglingsnahrung“. Das Wasser enthält dann weniger als 20 Milligramm Natrium pro Liter und unter zehn Milligramm Nitrit.
Gesunde Erwachsene müssen zwar nicht auf die Inhaltsstoffe des Wassers achten, aber darauf, dass sie tagsüber genügend Flüssigkeit zu sich nehmen. Nach Möglichkeit sollten eineinhalb bis zwei Liter Wasser täglich getrunken werden. Doch wie schafft man das?
Die ausreichende Menge am Tag zu trinken, ist leichter gesagt als getan, wenn man im Stress ist oder kein Durstgefühl hat. Auf jeden Fall erstreckt sich die empfohlene Wassermenge auf den ganzen Tag. Man hat also jede Menge Zeit, auf seine acht Gläser zu kommen. Oft reicht es schon, ein paar kleine Punkte im Tagesablauf zu ändern, um den Wasserhaushalt zu verbessern.
Meine Tipps:
- Starten Sie morgens mit einem Glas zimmerwarmem Mineralwasser in den Tag, und stellen Sie abends ein Glas Mineralwasser auf den Nachttisch für den Fall, dass Sie Durst bekommen.
- Gewöhnen Sie sich an, vor dem Essen immer ein Glas Mineralwasser zu trinken, das unterstützt zusätzlich die Verdauung.
- Machen Sie das Trinken zum Erlebnis. Greifen Sie lieber zu bauchigen als zu schmalen, hohen Trinkgefäßen. Bei gleicher Füllmenge wirkt ein rundliches Glas kleiner und ist dadurch leichter zu bewältigen als ein großes.
- Gewöhnen Sie sich an, ein einmal geleertes Glas sofort wieder aufzufüllen.
- Um Ihr Trinkpensum nachvollziehen zu können, sind Trinkgläser mit einem Fassungsvermögen von 250 ml praktisch. Wenn Sie davon acht Stück getrunken haben, sind Sie am Ziel.
Ein Kleinod in der bayerischen Rhön ist das Staatsbad Bad Brückenau. Seine Geschichte führt zurück ins Jahr 1747, als die erste Heilquelle, die heute den Namen König Ludwig I. trägt, entdeckt wurde – von Schafen, so die Überlieferung. Weitere heilende Quellen folgten und machten den Ort nahe Fulda zu einem Heilbad, das neben Bayernkönig Ludwig I., der es zu seiner Sommerresidenz auserkor, weitere majestätische und adlige Prominenz anzog – darunter Zarin Katharina und auch Kaiserin Elisabeth I. von Österreich.
Das 40 Hektar große Staatsbadareal entlang des Flüsschens Sinn bietet auch viele Wandermöglichkeiten. Allein der etwa fünf Hektar große Park mit seiner Kastanienallee, Kräutergarten, Gurkenmagnolie, Tulpen- und Perückenbaum ist ein Fest für die Sinne an der Sinn.
Welche Trinktemperatur sollte Wasser haben?
Bei natürlichem Mineralwasser sollten es zwischen 10 und 12 °C sein, bei Heilwasser 18 bis 23 °C. Vermeiden Sie jedoch Eiswürfel zum Herunterkühlen. Sie verwässern nicht nur den Geschmack, sondern sind meist aus Leitungswasser.
Sie sind in Oranienburg aufgewachsen. Was zieht eine Brandenburgerin in die Rhön. Waren es die berühmten Heilquellen, die Geschichte des königlichen Staatsbades …?
Sicher erwarten Sie jetzt die Aussage: „Natürlich die Liebe!“ und tatsächlich war es die Liebe, aber auf Umwegen. Denn bevor ich beruflich nach Bad Brückenau in die idyllische bayerische Rhön kam, habe ich mich privat dem Motorradfahren gewidmet und mich durch die Zugehörigkeit in einem Motorradclub im schönen Main-Spessart-Kreis in Unterfranken niedergelassen. Hier fand ich dann meinen Traummann, und wir haben zwei wunderbare Kinder.
Natürlich ist der Gedanke an Heimat für mich verbunden mit inneren Bildern, Erinnerungen, Gerüchen und Empfindungen, und es schwingt immer ein wenig Sehnsucht mit, wenn ich mich an sie erinnere, aber die unberührte Natur der Rhön, eingebettet von sanften, grünen Hügeln, der Duft von Wiesen und Wäldern geben mir das Gefühl, auch hier zu Hause zu sein.