Leindotteranbau im Praxisversuch

Wir haben den Praxis-Check gemacht und in diesem Jahr zwei brandenburgische Betriebe begleitet, die Leindotter als alternative Kultur erproben. Ob die Ölpflanze für marginale Standorte geeignet ist, um nachhaltig regionale Wertschöpfung im Vertragsanbau zu realisieren, haben wir in einem gemeinsamen Praxisversuch von DAW, Bauernzeitung und Farm & Food 4.0 beleuchtet.

Unsere Ergebnisse und Erfahrungen von der Aussaat bis zur Ernte diskutierten wir live in Praxis-Talk #10 „Summt das Feld, klingelt die Kasse?!“ am Donnerstag, den 10. November 2022.

Die ersten fünf Hektar

Der Anbau von Leindotter als Hauptkultur ist noch nicht sehr weit verbreitet. Die SAG-Schorfheider Agrar-GmbH wagt einen Praxisversuch mit der Ölpflanze.

Von den äußeren Bedingungen zur Sparsamkeit verpflichtet, ist man bei der SAG immer auf der Suche nach passenden Kulturen für die Fruchtfolge. Diese ist zwar mit 15 bis 18 Gliedern sehr weit, doch neben allem Umwelt- und Insektenschutz muss auch in Groß Schönebeck Geld verdient werden. Aus diesem Grund wird seit ein paar Jahren auch kein Raps mehr angebaut. Die Kosten für Saatgut und Bestandspflege standen in keinem Verhältnis mehr zu den Erlösen. Olaf Pieper und seine Kollegen sind deshalb immer auf der Suche nach Möglichkeiten der Optimierung und nach lukrativen Anbaualternativen für ihre Flächen.

Video: Praxis-Check Leindotter bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH

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Einfach anfangen

Eine Alternative könnte zukünftig der Leindotter sein. Die DAW, zu der unter anderem die bekannten Marken Alpinaweiß und Caparol gehören und das Partnerunternehmen Worlée Chemie, setzen auf nachwachsende Rohstoffe wie Leindotter. Diese Kultur bietet Bienen und anderen Bestäubern Futter in einer Zeit, in der das Blütenangebot ansonsten gering ist. Leindotter hat als sogenannte Low-Input-Pflanze einen minimalen Düngemittelbedarf und Pflanzenschutzaufwand. Gleichzeitig ist Leindotteröl ein sehr wichtiger Rohstoff für das Unternehmen. Beide Unternehmen verfolgen deshalb das Ziel, den heimischen Leindotteranbau auszuweiten und suchen Betriebe in Nord- und Ostdeutschland, die Leindotter als Mischfrucht zum Beispiel mit Erbsen, auf marginalen Standorten (unter 25 BP) oder als Zweitfrucht nach GPS-Getreide anbauen.

Bei der DAW können Landwirte das Saatgut bestellen. Die Saatgutkosten liegen unter 20 €/ha. Das Saatgut wurde 2022 von der DAW gestellt. Interessant macht die Kultur auch die Tatsache, dass kein Sortenschutz besteht und es so selbst nachgebaut werden kann. Die Ertragserwartungen liegen bei rund 0,5–1,0 t/ha im Mischfruchtanbau zusätzlich zum Leguminosenertrag und etwa 1,0–1,5 t/ha beim Reinanbau an marginalen Standorten. Sinn macht der Mischfruchtanbau sicher nur dann Sinn, wenn man selbst oder ein nahegelegener Betrieb die Mischung trennen kann.

Fotogalerie Saatgutreinigung und -trennung

Leindotter Saatgutreinigung, Petkus-Anlage

Saatgutreinigung bei Familie Schulze in Dolgelin. Mit der Pektus-Anlage reinigt Martin Schulze nicht nur Leindotter, sondern er bereitet auch das Erntegut seines Waldstaudenroggens so auf. (c) Sabine Rübensaat

Martin Schulze an der Petkus-Anlage. (c) Sabine Rübensaat

Begutachtung, Martin Schulze mit Sohn und Dr. Katharina Spethmann

Vater und Sohn begutachten gemeinsam mit Dr. Katharina Spethmann das Ergebnis. (c) Sabine Rübensaat

Abgang und Saatware

Abgang und Saatware. (c) Sabine Rübensaat

Abtrennung Erbsen

David und Goliath. Zuerst müssen die Erbsen abgetrennt werden. (c) Sabine Rübensaat

Samen des Gänsefußes

Und du bist raus. Samen des Gänsefußes. (c) Sabine Rübensaat

Bunte Ausgangsmischung mit Unkrautbesatz

Bunte Ausgangsmischung mit Unkrautbesatz. (c) Sabine Rübensaat

Abgang, Rohware und Saatware

Abgang (l.), Rohware (M.) und Saatware (r.). (c) Sabine Rübensaat

Mischanbau muss ins Betriebskonzept passen

Auf dem Landwirtschaftsbetrieb Schulze im brandenburgischen Dolgelin wird seit drei Jahren Leindotter angebaut. Im Laufe der Saisons ist einiges an Erfahrung mit der Kruzifere zusammengekommen

Video: Praxis-Check Leindotter auf dem Landwirtschaftsbetrieb Schulze

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Wir sprachen mit Carsten und Stefan Schulze aus Dolgelin über ihre Erfahrungen im Praxisversuch mit Leindotter.

Was ist aus Eurer Sicht das Besondere an dieser Kultur? Kann man ihn mit anderen Kulturen vergleichen oder muss man sich völlig neu auf ihn einstellen?

Carsten: Er ist eine relativ einfache Frühjahrskultur. Um eine Frühjahrstrockenheit zu überstehen, sollte er schon eine gewisse Größe erreicht haben. Er kann auch ein paar Minusgrade in der Nacht ganz gut ab, weshalb manche ihn schon im März ausäen. Wir drillen ihn aber eher Richtung April.

Wenn man die Hauptanbauformen Mischfrucht und Reinsaat anschaut, welche wäre aus Eurer bisherigen Erfahrung die attraktivste Variante?

Carsten: Bei uns wäre der Einfachheit halber der Anbau in Reinsaat das Beste. Beim Mischfruchtanbau muss man immer bedenken, dass man die Mischungspartner vernünftg trennen und vermarkten oder selbst verwenden können muss.

Wie schätzt Ihr die Leindottersaison 2022 im Vergleich zu Euren anderen Anbaujahren ein?

Stefan: Den Umständen entsprechend läuft die Saison ganz gut.

Carsten: Wenn man die drei Jahre betrachtet, lief das erste Jahr richtig gut. Da haben wir im Grunde nur gedrillt, etwas Dünger gestreut und am Ende fast zwei Tonnen pro Hektar Leindotter geerntet. Im zweiten Jahr haben wir es wegen eines Spritzfehlers mit Herbizid verbockt, denn Leindotter ist wirklich empfindlich. In diesem Jahr nun hat das Wetter uns sozusagen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wir waren erstaunt, wie viele Pflanzen wiedergekommen sind und wie robust Leindotter gegen widrige Witterung doch ist.

Auch wenig Ertrag ergibt einen Deckungsbeitrag

Nach einem widrigen Start im Frühjahr und einer dürren Vegetationszeit wurde der Praxisversuch mit Leindotter geerntet. Trotz der Hindernisse ziehen alle Beteiligten ein positives Fazit.

Das Anbaujahr 2022 ist Geschichte. Der Leindotter der Familie Schulze aus Dolgelin im Landkreis Märkisch-Oderland (Betrieb A) liegt im Lager. Auf gut 25 ha stand die Ölfrucht in diesem, dem dritten Anbaujahr. Gut die Hälfte der Fläche wurde mit Leindotter in Reinanbau bestellt. Die andere Hälfte teilte sich der krautige Kreuzblütler mit Futtererbsen im Mischanbau.  

Fotogalerie Ernte Landwirtschaftsbetrieb Schulze

Leindotterernte mit dem Landwirtschaftsbetrieb der Familie Schulze in Dolgelin im Landkreis Märkisch-Oberland. (c) Sabine Rübensaat

Martin Schulze prüft mit seinen Söhnen das Erntegut aus Leindotter und Erbsen. (c) Sabine Rübensaat

Diese Fehlstellen entstanden im Frühjahr nach massiven Verwehungen während des Auflaufens der Leindottersaat. (c) Sabine Rübensaat

Stängel um Stängel. Unkrautdurchwuchs wickelte sich während des Dreschens um die Haspel. Gemeinsam wurde das Problem gelöst. (c) Sabine Rübensaat

Vom Hänger in die Halle. Bevor das Erntegemisch über die Reinigung läuft, wird es zwischengelagert und belüftet. Sobald wie möglich werden Erbsen und Leindotter getrennt und die Schalenreste heraus gereinigt. (c) Sabine Rübensaat

Detailansicht der Trennung, mit Schalenreste. (c) Sabine Rübensaat

Erntegemisch und Schalenreste. (c) Sabine Rübensaat

Ohne große Ansprüche

Leindotter gilt weiterhin als anspruchslose Frühjahrskultur. Empfohlen wird die Aussaat bis spätestens Anfang April. Schädlinge sind in den seltensten Fällen bekämpfungswürdig. In den Schoten fühlen sich nämlich die Larven des Leindotterrüsslers wohl. Bei günstigen Infektionsbedingungen kann der Falsche Mehltau auf Stängeln, Blättern und Schötchen seinen weißen Belag aus Konidien bilden. Zugelassen zur Bekämpfung ist das Fungizid Pictor Active. Unabhängig von anderslautenden Berichten funktioniert der Einsatz von Clomazone aber auf garkeinen Fall. Auch andere Rapsherbizide verursachen massive Spritzschäden. Die gute Nachricht, da Leindotter wirklich sehr wenig Herbizide verträgt, stellt er in der Fruchtfolge kein Problem dar. Endgültige Erträge stehen in Dolgelin noch nicht fest, denn das Erbsen-Leindotter-Gemisch muss noch gereinigt werden. „Aber der positive Deckungsbeitrag sollte klappen“, so Carsten Schulze.

Trotz der Widrigkeiten

Auch in Groß Schönebeck bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH (Betrieb B) ist mit dem Leindotter als fast letzte Druschkultur die Ernte abgeschlossen. Für Geschäftsführer Olaf Pieper war es sozusagen der erste Kontakt mit dem Leindotter. Die SAG hatte in der Saison 2022 einen Praxisversuch mit Leindotter in Reinsaat angelegt.

Fotogalerie Ernte SAG-Schorfheider Agrar GmbH

Leindotter Ernte

Leindotterernte bei der SAG-Schorfheider Agrar GmbH. Mit Landwirt Ole Pieper und Dr. Katharina Spethmann, DAW. (c) Sabine Rübensaat

Leindotter Ernte

Hohe Ansprüche. Michael Streich (l.), Mitarbeiter der SAG, drischt zum ersten Mal Leindotter und diskutiert die optimale Druscheinstellung mit Dr. Katharina Spethmann Leindotterspezialistin, und SAG-Geschäftsführer Olaf Pieper. (c) Sabine Rübensaat

Leindotter im Praxisversuch

Leindotterernte bei der SAG-Schorfheider Agrar GmbH. Mit Landwirt Ole Pieper und Dr. Katharina Spethmann, DAW. (c) Sabine Rübensaat

Olaf Pieper und Dr. Katharina Spethmann waren erstaunt, wie gut sich der Leindotter trotz zu geringer Aussaatstärke entwickelte. (c) Sabine Rübensaat

Leindotter Ernte

Ende und Anfang. Das Ergebnis des Praxisversuchs liegt auf dem Hänger. (c) Sabine Rübensaat

Leindotter Ernte

Dr. Katharina Spethmann (M.) erläutert die Möglichkeiten für die nächste Anbausaison. (c) Sabine Rübensaat

Wie es weitergeht

Doch fest steht, dass auch im nächsten Jahr Leindotter in der Fruchtfolge stehen wird. Olaf Pieper dazu: „Wir werden auf jeden Fall wieder etwa zehn Hektar in Reinsaat anbauen. Ob wir auch den Mischfruchtanbau mit Futtererbsen realsieren, entscheiden wir im Frühjahr. Wie schwierig das sein kann, haben wir ja in diesem Jahr erlebt.“ Landwirt Pieper bleibt trotzdem gespannt auf das nächste Jahr. „Wir müssen immer damit rechnen, dass bei uns die Frühlingsund Vorsommertrockenheit über einen Bestand richtet. Umso schöner wäre es, wenn wir mit dem Leindotter dauerhaft eine Kultur in die Fruchtfolge eingliedern können, die mit unseren widrigen Bedingungen umgehen kann und über den Vertragsanbau mit DAW und Worlee eine planbare Größe wird.“

Anbausaison 2023
Das Anbauziel 2023 liegt bei 1.000 ha. Eine Steigerung über die nächsten Jahre wird angestrebt. Der Preis orientiert sich am Rapspreis zur Ernte, mindestens aber 500 €/t. Der Anbau kann in Mischfrucht oder Reinfrucht auf marginalen Standorten (25 BP und darunter) erfolgen. Die ideale Flächengröße sollte aus Transportsicht über 15 ha liegen. Gegebenenfalls kann man den Anbau mit Nachbarn bündeln.

Ihre Ansprechpartnerin bei allen Fragen zu Anbau und Vermarktung:
Dr. Katharina Spethmann, Tel. 0151 61 44 3024, leindotter@worlee.de


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