Tausend Körner waren leicht in diesem Jahr
Die Ergebnisse der Landessortenversuche mit Sommergerste in Ostdeutschland zeigen, dass die vergangene Saison keine einfache war. Von der Aussaat bis zur Ernte herrschten immer wieder schwierige Bedingungen.
Sommergerste steht im betrieblichen Anbau in Konkurrenz zu leistungsstarken Winterungen und zu Mais als wichtigster Sommerkultur. Vorteilhaft sind aus arbeitswirtschaftlicher Sicht die Aussaat im Frühjahr mit der entsprechenden Bekämpfungsmöglichkeit von Unkräutern sowie der vergleichsweise geringe Betriebsmittelbedarf (N-Dünger, Wachstumsregler und Fungizide).
Nachteilig sind das geringere Ertragsvermögen im Vergleich zu den Wintergetreidearten und das höhere Ertragsrisiko durch Trockenheit im Frühjahr und Frühsommer. Sommergerste zur Braunutzung wird überwiegend in den kühlen Vorgebirgs- und Mittelgebirgslagen, aber auch in den Küstengebieten und auf den Löss-Standorten des Thüringer Beckens angebaut. Insbesondere in den Vorgebirgslagen und den Küstengebieten ist eine gleichmäßige Pflanzenentwicklung und Kornfüllung, bei meist günstiger Niederschlagsversorgung, gewährleistet.
Im betrieblichen Anbau steht das sichere Erreichen der von Handel und Verarbeitern gewünschten Qualitätsparameter im Vordergrund. Der vorgegebene Bereich von 9,5 bis 11,5 % Rohprotein sowie Vollgersteanteile von über 90 % erfordern ein angepasstes Stickstoffmanagement (Vorfrucht, Flächenwahl, angepasste Stickstoffdüngung), eine ausgewogene Bestandesführung sowie eine entsprechende Sortenwahl. Bei der betrieblichen Sortenentscheidung ist die Sortenakzeptanz des Vermarktungspartners zu berücksichtigen. Eine Preisabsicherung für Teile des Erntegutes kann über Vertragsanbau vorgenommen werden.
Während die Preise für Sommergerste 2020 unter den pandemiebedingten Absatzeinbußen bei Bier gelitten hatten, ist die Situation 2021 deutlich verändert. Eingeschränkter Anbau, regional mäßige Erträge und Qualitätsunterschiede europäischer Ware sowie eine verstärkte internationale Nachfrage haben zuletzt die Sommergerstenpreise deutlich ansteigen lassen. Dies führte bereits zu einer regen Saatgutnachfrage nach empfohlenen und von den Verarbeitern akzeptierten Sorten.
Neben den höheren Marktpreisen für Braugerste kann der geringe Stickstoffbedarf dieser Kultur, bei erheblich gestiegenen Preisen für Stickstoffdüngemittel und positiven Effekten für die betriebliche Stickstoffbilanz, ein Aspekt sein, der dem Braugerstenanbau Auftrieb verleihen kann.
Gegenwärtig wird in einigen Betrieben Thüringens und Sach-sens getestet, ob sich die Wirtschaftlichkeit des Sommergerstenanbaus durch eine späte Herbstaussaat verbessern lässt. Erste positive Erfahrungen (Ertrag, Qualität) wurden z. B. mit der Sorte Leandra gewonnen, die als saatzeitflexibel ab Mitte Oktober beworben wird. Erkenntnisse zu anderen Sorten liegen bisher kaum vor.
Allerdings ergaben die letzten Jahre aufgrund milder Winter oder Schneebedeckung keine Informationen zur Frosttoleranz. Grundsätzlich besteht jedoch ein hohes Auswinterungsrisiko von Sommergerstensorten bei Kahlfrösten im Winter. Nach zweijährigen Tests mit der Sorte Leandra wurde zur Ernte 2021 eine Versuchsserie mit Standorten aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zur späten Herbstaussaat von Sommergerste etabliert, um aktuelle Sorten bezüglich ihrer Anbaueignung einzuschätzen.