Countdown für Windkraft und Photovoltaik

(c) Sabine Rübensaat
Meinung
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Die Windkraftbranche schaut mit Spannung auf den 12. März. Dann sprechen Bund und Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz über den erlaubten Mindestabstand zwischen Windrädern und Siedlungen. Es wäre enorm wichtig, dass die Politik in diesem Punkt richtig entscheidet.

Es kommentiert Christoph Feyer

Der Februar hatte es in sich. Dank Sabine, Victoria und Yulia – den drei Sturmtiefs – konnte sich die Windkraftbranche im vergangenen Monat über einen neuen deutschen Rekord freuen: Windmühlen erzeugten hierzulande in einem Monat so viel Strom wie zwei Kernkraftwerke im ganzen Jahr. Nach Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lieferten die Windräder im Februar 20,9 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom, 17,9 Mrd. kWh davon erzeugten Anlagen an Land. Offshore-Windräder, also jene auf See, steuerten 3 Mrd. kWh bei.

Christoph Feyer, CvD, verantw. für Ressort
„Neue Energien“
(c) Sabine Rübensaat

Doch so richtig große Freude kommt trotz dieser Rekordzahlen bei den Erneuerbaren nicht auf. Schuld ist der scharfe Kontrast zur dramatischen Situation beim weiteren Ausbau von Wind- und Solaranlagen. Die 1.000-Meter-Abstandsregel für neue Windkraftanlagen und der 52-Gigawatt-Deckel für den Sonnenstrom sind die Reizthemen. 

Dass es auch der März in sich haben wird, hofft daher die gesamte Branche. Am 12. März findet in Berlin die nächste Ministerpräsidentenkonferenz von Bund und Ländern statt. Neben einem um 86 ct pro Monat erhöhten Rundfunkbeitrag soll dann auch ein neuer Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums zu den Mindestabständen zwischen Windrädern und Siedlungen besprochen werden. Zudem hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in Aussicht gestellt, dass der 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik in einem Eilgesetz fallen werde. 

Wie heikel die Lage kurz vor dem 20. Geburtstag des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist, zeigt der Streit über den Mindestabstand von Windrädern, der seit Monaten in der Koalition tobt – ausgelöst ausgerechnet durch einen Beschluss zum Klimapaket. Die darin veranschlagten, bundeseinheitlichen 1.000 Meter würden die verfügbaren Flächen für neue Windparks glatt halbieren. Laut Altmaier sollen die Länder nun aber von der Mindestabstandsregelung abweichen dürfen, allerdings nicht zwingend nur nach unten. Auch größere Mindestabstände wären denkbar. Damit das Ganze für die Windmüller nicht nach hinten losgeht, soll künftig ein „Koordinierungsausschuss“ darüber wachen, dass alle Bundesländer ihren Beitrag zum Ökostrom-Ziel „2030: 65 Prozent“ auch leisten.

Keine Frage, Windräder verändern das Landschaftsbild. Aber ohne Klimaschutz wird sich das noch viel dramatischer ändern. Die Nutzung von Wind- und Solarenergie ist nachweislich die kosteneffizienteste Möglichkeit, eine Energiewende in Deutschland zu stemmen. Das haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich in Aachen mithilfe ihrer Hochleistungsrechner  eindeutig nachgewiesen. Für sie ist Windkraft dabei das Rückgrat der Energiewende. Nicht zu vergessen ist dabei, dass die Erzeugung grüner Energie ordentlich Wertschöpfung in die Regionen bringt. Das ließe sich übrigens noch steigern, wenn die Bürger zum Beispiel stärker als bisher am Ausbau der Windkraft beteiligt werden. 


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Deutschland importiert 70 Prozent seiner benötigten Primärenergie aus dem Ausland. Und selbst wenn eines Tages Erdöl und -gas durch sogenannten grünen Wasserstoff ersetzt werden, wie es Altmaier den Kollegen vom ZDF voraussagte, würde der Import des energiereichen Gases den Strompreis für uns nahezu vervierfachen. Auch das konnten die Jülich-Wissenschaftler nachweisen. Deshalb kann man nur hoffen, dass die Ministerpräsidenten der Länder die schon oft zitierten Zeichen der Zeit erkannt haben und nächsten Donnerstag die Weichen richtig stellen. Der Countdown läuft.