Kommentar

Keine Zeit für Partys, aber für Visionen

(c) Sabine Rübensaat
Meinung
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In diesem Jahr gibt es das Gesetz zu den erneuerbaren Energien – oder kurz EEG – bereits seit 20 Jahren. Was war gut, was eher weniger? Zeit für eine Bilanz.

Es kommentiert Christoph Feyer

Mein Sternzeichen ist Steinbock, und wie wohl jeder, der im Winterhalbjahr geboren wurde, war ich bislang immer ein wenig neidisch auf die, die ihren Geburtstag in der warmen Jahreshälfte feiern können. Aktuell sind aber all die Widder, Stiere und Zwillinge viel schlimmer dran als ich: Pandemiebedingt müssen sie alle ihre Partys absagen. Das Coronavirus wird wohl auch ein Grund dafür sein, dass das 20-jährige Jubiläum des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG, dieser Tage doch ziemlich geräuschlos über die Bühne ging. Aber es ist beileibe nicht der einzige, denn das Resümee nach zwei Jahrzehnten Ökostromförderung fällt recht unterschiedlich aus.

Redakteur Christoph Feyer
Christoph Feyer ist Redakteur für Erneuerbare Energien. (c) Sabine Rübensaat

Die Meinungen gehen auseinander

Da sind zum einen FDP und AfD, die die Abschaffung des Gesetzes schon seit Langem fordern. Und auch in der CDU werden immer wieder Stimmen laut, die nicht nur die ungeliebte EEG-Umlage, sondern am liebsten gleich das ganze Dekret kippen und die regenerativen Energien ausschließlich dem freien Markt überlassen wollen. Dem stehen all jene gegenüber, die direkt vom EEG profitiert haben und es deshalb als Erfolgsmodell bezeichnen.

Stellvertretend sei hier Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), zitiert: „Vieles deutet darauf hin, dass das EEG als erfolgreichstes Klimaschutzgesetz in die Geschichte der Menschheit eingehen wird.“ Und dazwischen finden wir die deutsche Forscherzunft. Unter ihr ist weitgehend Konsens, was Karen Pittel, Energieökonomin am Münchner Ifo-Institut, wie folgt ausdrückt: „Das EEG war, grundsätzlich gesprochen, effektiv, aber nicht ökonomisch effizient.“ 

Anteil erneuerbarer Energie von 6 auf 42 Prozent

Betrachtet man die Zahlen, muss man den Forschern recht geben. Investitionssicherheit, Einspeisevergütung und Anschlusspflicht haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten dafür gesorgt, dass der Anteil der Erneuerbaren am deutschen Bruttostromverbrauch von sechs auf gut
42 % gestiegen ist. 244 Mrd. Kilowattstunden Strom aus Wind Biomasse, Sonne und Wasser haben uns in dieser Zeit etwa 1,67 Mrd. Tonnen Treibhausgase erspart. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind dank EEG in die Lage versetzt worden, eine sichere Einnahmequelle hinzuzugewinnen. – Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann!

Auf der anderen Seite stehen die Kosten. Da sich diese in ihrer Gesamtheit nicht seriös beziffern lassen, verweist Ifo-Forscherin Pittel hier auf die EEG-Differenzkosten, also den Ausgleich zwischen dem Börsenstrompreis und der Vergütung für die Anlagenbetreiber. Allein diese betrugen in zwanzig Jahren gewaltige 220 Milliarden Euro. Jürgen Trittin, Umweltminister in der Schröder-Regierung und vehementer EEG-Verfechter, lag damals mit seinen kalkulierten Mehrkosten von nicht mehr als monatlich einer Kugel Eis pro Haushalt überaus knapp daneben: Heute sind es 20 Eiskugeln, die eine vierköpfige Familie Monat für Monat für die EEG-Umlage bezahlt.

EEG bleibt wichtiges Instrument für die Zukunft

Dennoch bleibt das EEG ein wichtiges Instrument für die Zukunft der Energieversorgung – vorausgesetzt, es wird bei der geplanten Novellierung gezielt weiterentwickelt. Der Green Deal der EU mit verschärften Klimazielen bis 2030 hat energiepolitisch den Rahmen gesetzt. Zudem sollte man endlich die gesellschaftlichen Kosten, die durch Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden entstehen, den Subventionen für Biogas & Co. gegenüberstellen.

Das neue EEG muss Marktverzerrungen ausgleichen, damit erneuerbare Energien einen fairen Investitionsrahmen bekommen. Und es wird darum gehen, grünen Strom zu speichern. Kurz: Jetzt sind Visionen gefragt, andernfalls werde ich meinen Geburtstag im Januar bald auch am Grill feiern können.