GAP-Reform: Ein riskantes Spiel in letzter Sekunde

(c) Sabine Rübensaat
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Der Zeitplan, in dem die künftige Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) umgesetzt werden soll, ist extrem knapp. In den Agrarverwaltungen herrscht schon jetzt ein Ausnahmezustand.

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Ein schwieriges Erbe scheint das Bundesumweltministerium der kommenden Regierung hinterlassen zu wollen. Im extrem knapp getakteten Zeitplan für die Umsetzung der gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) ist kein Puffer vorgesehen, einen der nötigen Schritte zu verzögern. Schließlich will die Europäische Kommission zum Jahresende die nationalen Strategiepläne vorliegen haben, um sie gründlich genug prüfen und abgleichen zu können. Damit die Länder bis dahin ihre Programme geschrieben haben können, müssen sie wissen, welchen rechtlichen Rahmen der Bund ihnen setzt. In den Agrarverwaltungen der Länder herrscht schon jetzt der Ausnahmezustand, denn so wenig Zeit für so umfassende Änderungen wie mit dieser GAP-Reform war noch nie.

Es kommentiert Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung. (c) Sabine Rübensaat

In dieser hektischen Phase aber zieht das Umweltministerium die letzten Abstimmungen für die nötigen Bundesverordnungen seelenruhig in die Länge. Vorige Woche sollte das Bundeskabinett sowohl über die GAP-Direktzahlungen-Verordnung als auch die GAP-Konditionalitäten- Verordnung befinden.

Es war das letzte Mal, dass sich die scheidende Regierung am Tisch von Kanzlerin Merkel traf. Doch anders als angekündigt, stand die Einigung zwischen Bundesumwelt- und Bundeslandwirtschaftsministerium über die Vorlagen noch aus. Noch immer gebe es „Abstimmungsbedarf“ hieß es. Nur wenige Tage zuvor war dagegen zu hören, offen seien nur noch einige Details, über die man sich bei etwas gutem Willen zügig einigen könnte.

Am guten Willen scheint es auf den letzten Metern tatsächlich gefehlt zu haben. Anders lässt sich die geradezu groteske Begründung nicht erklären, die für die Verschleppung bemüht wurde: Umweltstaatssekretär Flasbarth habe ein geplantes Telefonat mit seiner Agrar-Amtskollegin vom Klimagipfel in Glasgow aus nicht in der nötigen Gründlichkeit führen können, deshalb blieben Fragen offen. Also entweder hatte man ihm kein ausreichend geladenes Handy mitgegeben oder aber anderes war ihm wichtiger.

Einer der Knackpunkte ist, ob – wie vom Agrarministerium vorgeschlagen – 23 % der Mittel in der Ersten Säule für die neuen Öko-Regelungen (Eco-Schemes) reserviert sein sollen oder 25 %, wie das Umweltressort fordert. Kann selbst ein mehrstelliger Millionenbetrag ein Grund sein, den gesamten Prozess der nationalen Umsetzung gemeinsamer EU-Agrarpolitik zu gefährden? Wohl kaum. Nicht von der Hand zu weisen ist dagegen der Verdacht, dass man im Umweltministerium nach der Wahl meinte, Morgenluft zu wittern und nun darauf setzt, mit der neuen, von der eigenen Partei geführten Regierung noch ein paar Pflöcke einschlagen zu können.

Dagegen sprechen zwei Annahmen. Die eine: Solche Pläne würden komplett altem Lagerdenken entspringen und hätten nichts, aber auch rein gar nichts mit dem zu tun, was die Ampel-Koalitionäre mit ihrem neuen, kooperativen Geist verbinden würden. Die andere: Man würde damit entgegen allen bisherigen Beteuerungen riskieren, Landwirten auch noch letzte Ansätze von Planungssicherheit und verlässlichen Rahmenbedingungen zu nehmen. Und das wäre das Gegenteil dessen, was die künftigen Koalitionäre vor ihren Verhandlungen versprochen haben. Insofern ist es schlicht nicht vorstellbar, dass jemand der nächsten Regierung eine solche Altlast aufbürdet. … Oder etwa doch?

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