Insektenschutzpaket: Hoffen auf das Struck’sche Gesetz

Agrarministerin Julia Klöckner und Umweltministerin Svenja Schulze in der Bundespressekonferenz. (c) imago images / photothek
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Die Nachwirkungen der Reaktionen auf das Insektenschutzpaket sind deutlich zu spüren. Besonders in den Fokus der Skepsis gerückt ist Umweltministerin Svenja Schulze. Könnte Sie das Vertrauen der Landwirte zurückgewinnen?

Es kommentiert Ralf Stephan

Das Echo auf das Insektenschutzpaket der Bundesregierung fiel längst nicht so positiv aus, wie es sich die größtenteils zuständige Umweltministerin vermutlich erhofft hatte. Das lag nicht etwa an den Änderungen, die das Agrarministerium in letzter Minute im Entwurf unterbringen konnte. Im Gegenteil: Die nun doch noch eingeräumte Möglichkeit, in Schutzgebieten weiterhin auch auf freiwillige Vereinbarungen und auf den Vertragsnaturschutz setzen zu können, kommentierten selbst Umweltverbände positiv. Das Bewusstsein, dass Artenschutz nur mit Landwirten geht und nicht ohne jeden Ausgleich gegen ihre wirtschaftlichen Interessen, scheint bei ihnen klarer ausgeprägt zu sein als im Bundesumweltministerium. Und dass, obwohl sich die Chefin des Hauses selbstbewusst als „Lobbyistin für die Umwelt“ bezeichnet.

zwischen Ministerin und umweltlobbyistin

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Es kommentiert Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung.

Genau darin aber liegt ihr Problem. Selbst politische Beobachter in Berlin, die anders als wir nicht als „Agrarlobby“ verdächtigt werden können, kommentierten das Herangehen der Bundesumweltministerin zunehmend skeptisch. Was für einen Umweltverband passe, sei für ein Regierungsmitglied zu kurz gedacht, war zu lesen. Und man lastete Svenja Schulze an, mit „plakativen Restriktionen“ die Bauern auf die Straße getrieben zu haben und selbst „besonnene Jungbauern“ zu radikalisieren, statt auf „smarte Lösungen“ zu setzen. Besser hätten wir es auch nicht sagen können.

Innerhalb der SPD scheint bislang nicht aufgefallen zu sein, dass eine ihrer Ministerinnen sich mehr als Umweltlobbyistin denn als abwägendes Regierungsmitglied versteht. Als solches sollte sie neben der Ökologie auch die Ökonomie ausreichend im Blick haben. In den so oft zitierten „gewöhnlich gut informierten Kreisen“ verweist man auch schon mal darauf, dass es im Umweltministerium nun mal einen sehr starken Staatssekretär gebe, dem auf der anderen Seite der Widerpart auf Augenhöhe fehle. Tatsächlich rangen um die Düngeverordnung mit den Staatssekretären Flasbarth (früher Chef des Nabu) und Aeikens (früher Agrarminister in Magdeburg) zwei sehr erfahrene, ja ausgebuffte Spitzenbeamte. Trotz aller Härten für die Landwirtschaft trägt sie im Grundsatz eine andere Handschrift als das Insektenschutzpaket. Die Schieflage war so deutlich, dass sich am Schluss wohl die Kanzlerin einschalten musste, um noch größeren Schaden zu verhindern.

vertrauen zurückgewinnen

Zweifellos gibt es Fälle, in denen Ordnungsrecht konsequenter als bisher für den Insekten- und Artenschutz umgesetzt werden muss. Dafür ist kein Systemwechsel nötig. Um nichts anderes aber handelt es sich bei der Abkehr von der Freiwilligkeit. Noch ist es nicht zu spät, einen Teil des aufs Spiel gesetzten Vertrauens der Landwirte wieder zurückzugewinnen. Wieder kommt die SPD ins Spiel. Nach ihrem früheren Fraktionsvorsitzenden wurde das „Struck‘sche Gesetz“ benannt: Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es hineinkommt, lautete seine Regel. Die Abgeordneten stehen deshalb nun vor der Aufgabe, einen Teil des Abwägens nachzuholen, das bei der Umweltministerin zu kurz gekommen ist. Dieses Gesetz darf den Bundestag nicht so verlassen, wie es hereinkam, soll sein Nutzen größer sein als der Schaden. „Statt Bauern zu gängeln, sollten man ihnen helfen, Ökonomie und Ökologie unter einen Hut zu bringen“, kommentierte eine Hauptstadtzeitung. Auch das könnten wir nicht treffender formulieren.