Kommentar

Verbot fordern und fertig? So einfach ist es nicht!

Symbolbild (c) Sandro Knick
Kommentar
Artikel teilen

Die Kritik an allen Bereichen der Landwirtschaft wächst weltweit. Dennoch sprachen sich Wählerinnen und Wähler der Schweiz gegen zwei extrem emotionalisierte Kampagnen aus. Die Forderung nach einer faktenbasierten Diskussion wird laut.

Recht eindeutig haben die Wählerinnen und Wähler in der Schweiz zwei Volksinitiativen eine Abfuhr erteilt, die starke Eingriffe in die dortige landwirtschaftliche Praxis nach sich gezogen hätten.
Sowohl die Volksabstimmung „Für sauberes Trinkwasser“ als auch „Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ hatten ein pauschales Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel gefordert – und sogar ein Verbot der Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten, bei deren Herstellung „Pestizide“ angewendet wurden.

Trotz einer stark emotionalisierten und von großen Umweltverbänden unterstützten Kampagne – in der es mit den Fakten nicht immer so genau genommen wurde – sprachen sich 61 Prozent gegen die extremen Forderungen aus.

Kritik an der Landwirtschaft wächst

Landesredakteur Karsten Bär
Karsten Bär
Landesredakteur Sachsen

Das lässt sich daraus für uns in Deutschland ableiten? Zunächst einmal, dass nicht nur deutsche Landwirte ins Visier einer Gesellschaft mit wachsendem Umweltbewusstsein geraten sind. Auch anderswo sehen sich Landwirte mit Haltungen konfrontiert, die von berechtigten Ansprüchen bis hin zu extremen und unrealistischen Forderungen reichen.

Das tröstet wenig, aber es ordnet ein. Denn mitunter verkennt der Diskurs in der deutschen Agrarbranche, dass die gesellschaftliche Kritik an der Landwirtschaft überall in der westlichen Welt gewachsen ist. Auch in der Schweiz war es das großstädtische Milieu, aus dem die beiden Initiativen ihre Zustimmung bezogen. So, wie es auch hierzulande zu erwarten gewesen wäre.

Hier wie dort haben Umweltorganisationen großen Einfluss auf die Stimmung im Land. Und sie nutzen ihn – häufig ohne das nötige Verantwortungsbewusstsein. Entscheidungen müssen auf Basis von Fakten getroffen werden, nicht von gefühlten Wahrheiten.
Mit ihren Kampagnen entscheiden sich manche Organisationen immer wieder dagegen und schüren bewusst Emotionen. Im festen Glauben, für das Gute zu kämpfen, verletzten sie dabei immer häufiger Grenzen. Der von Greenpeace initiierte, angeblich missglückte, in jedem Fall aber gefährliche Gleitschirmflug über einem Fußballstadion ist ein Beispiel dafür, auch wenn sich diese Aktion gegen eine andere Branche richtete.

Volksinitiativen in der Schweiz: Diskussion auf faktenbasis

Trotz Einflussmacht und kreativem Spiel mit Fakten und Gefühlen haben diese Meinungsmacher in der Schweiz eine Niederlage kassiert. Im Übrigen auch, weil sich viele Biobauern gegen die populistischen Verbotsforderungen stellten. Das lässt hoffen, dass mit einer gesellschaftlichen Mehrheit auch hierzulande eine Diskussion auf Faktenbasis möglich bleibt.

Doch auch wenn pauschale Verbotsforderungen unsachlich sind und Kritik an der Landwirtschaft mitunter schlicht diffamierend ist: Dass es nichts zu tun gäbe, ist eine Illusion. So belegt eine aktuelle Untersuchung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung eine deutlich zu hohe Insektizid-Belastung in Kleingewässern.

Auch das muss man zur Kenntnis nehmen und nicht wegen unsachlicher Vorwürfe abtun. Kritische Selbstreflexion ist gefordert – und der Wille, das eigene Tun zu hinterfragen: Wie können Landwirte Pflanzen schützen, ohne dass die eingesetzten Mittel anderswo Schaden machen? Dafür gilt es gemeinsam – nämlich mit dem Sachverstand für Landwirtschaft und dem für die Umwelt – Lösungen zu finden. Das macht freilich mehr Arbeit, als lauthals Verbotsforderungen zu krakeelen. Aber es bringt am Ende mehr.