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Zukunftskommission Landwirtschaft: Zu Tisch gebeten und Bericht erhalten

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Um die Zukunft der Landwirtschaft zu erhalten und zu gestalten wurde in Zusammenarbeit mit der „Zukunftsmission Landwirtschaft“ ein Abschlussbericht entwickelt. Im Fokus liegt es, Deutschland als Agrarstandort zu erhalten und lukrative Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Von Ralf Stephan

Die Frage, welche Zukunft die Landwirtschaft in einem Land wie Deutschland haben kann, trieb im Herbst 2019 Zehntausende Bäuerinnen und Bauern auf die Straße. Sie riefen zu Tisch, um darüber zu reden. Und tatsächlich wurde ein solcher Tisch eingerichtet. An ihm nahm die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ Platz – eine Auswahl führender Köpfe von Verbänden und Organisationen aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft, dem Umwelt- und Tierschutz, dem Verbraucherschutz sowie der Wissenschaft. Sie sollten aufschreiben, wie eine in jeder Hinsicht zukunftsfähige Agrarproduktion aussehen könnte. Ihren 170 Seiten starken Abschlussbericht nahm die Auftraggeberin, die Bundeskanzlerin, am Dienstag entgegen.

Landwirtschaft in Deutschland erhalten

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Chefredakteur der Bauernzeitung: Ralf Stephan

Ob das Dokument damit automatisch zur Grundlage für künftiges Regierungshandeln wird, ist noch nicht gesagt. Doch auch die neue Bundesregierung wird an Empfehlungen, die etwa der Deutsche Bauernverband und der BUND gemeinsam tragen, nicht vorbeikommen. Manches, was aufgeschrieben wurde, mag trivial erscheinen. Etwa, dass Regierungshandeln auf allen Ebenen – Länder, Bund, EU – in sich stimmig sein sollte. Landwirte wissen jedoch, dass dies beileibe nicht so ist, was sie immer wieder vor ganz praktische Probleme stellt. Viel wichtiger aber dürfte sein, dass es von allen Beteiligten das eindeutige Bekenntnis gibt, Deutschland als Agrarstandort zu erhalten.

Ebenso klar ist die Botschaft, dass dieses Ziel nur über teils tiefgreifende Änderungen zu erreichen ist. Immerhin würde der Wandel alle betreffen, also auch die Verbraucher. Von „Schmerzen auf beiden Seiten“ war in der Bewertung die Rede. Zu Recht, denn wenn die deutliche Empfehlung ausgeprochen wird, über eine stärker auf Pflanzen basierte Ernährung letztendlich Tierbestände abzubauen, dann greift das tief in derzeit bestehende agrarische Strukturen und durchaus funktionierende Geschäftsmodelle ein. Lobenswert, dass zugleich der Hinweis auf unterschiedliche Gegebenheiten in den Regionen Aufnahme in die zwölf Leitlinien für künftige politische Entscheidungen fand.

Zukunftskommission Landwirtschaft: lukrative Geschäftsmodelle

Der Weg zur gesellschaftlich akzeptierten und zugleich rentablen Agrarproduktion wird – so viel lässt der Bericht erkennen – weit und beschwerlich. Auf jeden Fall mühsamer, als es viele vermutet haben mögen, die im November 2019 in Berlin zu Tisch baten. Die eigentliche Frage dabei lautet, ob die Gesellschaft und mit ihr die auf Wählerstimmen zielende Politik tatsächlich bereit ist, diesen schmerzreichen Weg konsequent zu gehen. Denn für den überwiegenden Teil der Landwirtschaft sind Veränderungen nichts Neues. Erfolg wird sich deshalb nur einstellen, wenn es gelingt, aus den vielfältigen Ansprüchen an die Bauern auch ausreichend lukrative Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Erste Nagelproben muss der Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft bereits bestehen. Mit der Rückkehr in den politischen Alltag wird als erstes der so hoch gelobte konstruktive Geist der Gespräche auf Belastbarkeit getestet. Beobachtern fiel auf, dass Teilnehmer höchst unterschiedliche Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ziehen. Die Diskussion um die Landwirtschaft wird also vermutlich auch künftig Kontroversen hervorbringen. In einem Dokument einmal gemeinsame Grundsätze vereinbart zu haben, ist dann auf jeden Fall nützlich.

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