Lebensmittel-Industrie unter der Lupe: Wer verdient an unseren Lebensmitteln?
Granini, Tönnies & Co.: Die Mächtigen der Lebensmittelbranche und ihre Auswirkungen auf Landwirte und Verbraucher. Wer profitiert wirklich von unseren Lebensmittelpreisen? Ein Kommentar von Claudia Duda.
Weniger Inhalt, steigender Preis – auch in diesem Jahr hat die Verbraucherzentrale Hamburg die „Mogelpackung des Jahres“ gekürt. Mit großer Mehrheit haben die Verbraucherinnen und Verbraucher das Getränk Granini Trinkgenuss Orange zum Sieger des Jahres 2024 gewählt. Der Hersteller hat die Rezeptur des Saftes im Frühjahr 2024 verändert. Die Menge des Orangensaftes – vorher 100 Prozent – pro Flasche wurde halbiert. Stattdessen wurde Zuckerwasser verwendet. Der Verkaufspreis wurde jedoch beibehalten. Dies entspricht einer Verdoppelung des Preises bezogen auf den Fruchtsaftanteil. Das Flaschenetikett ist nahezu unverändert. Einen Hinweis auf die neue Zusammensetzung der Zutaten sucht man vergebens. Als Begründung verweist der Hersteller auf die schlechte Orangenernte und steigende Rohstoffpreise.
Energie und Rohstoffe: Versteckte Erhöhung der Preise
Von den versteckten Preiserhöhungen profitieren die Lebensmittelkonzerne, die Supermärkte und die Finanzinvestoren, weil sie auf diese Weise ihre Gewinnmargen deutlich erhöhen können, ohne dass dies durch höhere Kosten, z. B. für Energie, Rohstoffe und Arbeitskräfte, gerechtfertigt wäre.
Bezahlbare Lebensmittel: Was verdient der Landwirt?
Rohstoffproduzenten haben nichts davon. Die Fragen: „Was dürfen Lebensmittel kosten, und wer verdient am Ende daran?“, sind entscheidend für einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf, an dessen Ende die Lebensmittelsicherheit für Verbraucherinnen und Verbraucher steht – wovon aber auch die Existenz der Landwirtinnen und Landwirte abhängt. Harte Arbeit muss fair bezahlt werden, aber Nahrungsmittel sollen natürlich auch bezahlbar sein. Ein niedriger Preis macht ein Produkt für Kunden attraktiv, aber wenn die Lebensmittel unter den Produktionskosten verkauft werden, zahlt der Bauer drauf.
MKS: Tönnies verweigert Annahme von Schweinen
Wie der Weg vom Acker auf den Teller erfolgt, kann sehr unterschiedlich sein. Häufig gehen Getreide, Zuckerrüben, Fleisch und Milch direkt an Verarbeitungsunternehmen wie Molkereien, Schlachtbetriebe oder Speiseöl-Raffinerien. Von dort aus durchlaufen die Produkte dann noch weitere Handelsstufen, ehe sie als fertige Lebensmittel auf dem Tisch landen. Wie groß die Macht der Verarbeitungsbetriebe ist, zeigt das Beispiel Tönnies. Weil die Schlachtbetriebe die Annahme von Schweinen aus Brandenburg verweigern, bleiben die Mäster infolge der Maul- und Klauenseuche auf ihren Tieren sitzen. Während die Schweine immer fetter werden, droht ein massiver Preisverfall. Kein Wunder, dass der Landesbauernverband Alarm schlägt und erhebliche Konsequenzen für die sowieso schon massiv bedrohte Tierhaltung im Land befürchtet.
Erinnerung an Verhaltenskodex
Politik kann hier nur vermitteln, aber eben nicht in den Markt eingreifen. Deshalb sei an dieser Stelle an den Verhaltenskodex des Lebensmitteleinzelhandels gegenüber den landwirtschaftlichen Erzeugern erinnert, der im März 2021 unterzeichnet wurde. Hintergrund waren Blockadeaktionen von Landwirten, die Zufahrten von Zentrallagern von Discountern dicht machten. In diesem Kodex verständigten sich die Lebensmitteleinzelhändler in Form einer Selbstverpflichtung auf die Grundlagen einer fairen Zusammenarbeit mit den heimischen Erzeugern – in dem Bewusstsein, dass zwischen Handel und Erzeugern nicht immer direkte Lieferbeziehungen bestehen, sondern verarbeitende Betriebe zwischengeschaltet sind. Die bleiben oft im Hintergrund. Konsumenten können unfaires Verhalten am Produkt nicht nachvollziehen. Zeit, einen Negativpreis für den „unfairsten Schlachtbetrieb des Jahres“ auszuloben!
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