20.000 Traktoren in ganz Deutschland
Zu den Demonstrationen am Freitag kamen in vielen deutschen Städten tausende Landwirte zusammen und äußerten lautstark ihre Kritik an der Agrar- und Unweltpolitik. In Niedersachsen gab es einen politischen Erfolg zu feiern.
In ganz Deutschland haben am Freitag mehrere tausend Landwirte erneut auf ihre angespannte Lage aufmerksam gemacht und ihre Forderung nach einem Kurswechsel in der Agrarpolitik bekräftigt. Nach Schätzungen der Initiative „Land schafft Verbindung Deutschland“ (LsV), die zu den Protestkundgebungen aufgerufen hatte, dürften heute bundesweit Bauern mit insgesamt rund 20.000 Schleppern auf die Straße gegangen sein.
Laut Angaben von LsV-Mitgründer Dirk Andresen versammelten sich allein in Nürnberg mindestens 10.000 Landwirte mit bis zu 5.000 Traktoren. In Hannover und Bremen sollen es jeweils rund 2.500 Traktoren gewesen sein. Zudem sind Landwirte aus Brandenburg mit gut 500 Schleppern nach Berlin gekommen. Bauern in Rheinland-Pfalz wollten von Mainz über Wörrstadt nach Alzey die längste Traktorenkette der Welt bilden.
Brandenburger Bauern in der Hauptstadt
Andresen erneuerte zu Beginn der Berliner Demonstration seine Kritik an der geplanten Verschärfung der Düngeverordnung. Er erinnerte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner an ihre eigenen Worte, wonach die Nahrungsmittelerzeugung zur weltweiten Ernährungssicherung künftig um 70 % steigen müsse. Es sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass deutsche Landwirte die Nährstoffversorgung ihrer Kulturen deutlich senken sollten, wisse man doch, dass der Ertrag zu fast 50 % aus der Düngung komme, so der Landwirt aus Schleswig-Holstein. Er rief Klöckner auf, sich vor die Bauern zu stellen und sich für eine „fachgerechte Landwirtschaft“ und eine Binnendifferenzierung bei den Auflagen stark zu machen.
Bildergalerie der Berliner Kundgebung
Andresen konnte in puncto Düngenovelle auch einen ersten Erfolg aus Hannover vermelden. Nach Angaben der dortigen Demo-Leitung hat die niedersächsische Landesregierung angekündigt, dem betreffenden Entwurf im Bundesrat nicht zustimmen zu wollen. Neben der Regulierung der Düngung standen auf den Demonstrationen in ganz Deutschland auch die aus Sicht der Landwirte zu niedrigen Preise für Lebensmittel und das Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten im Fokus der Kritik.
vielfältige Redebeiträge in Berlin
Zur Kundgebung am Ernst-Reuter-Platz in Berlin waren neben Bundespolitikern wie Carina Konrad (FDP) und Amira Mohamed Ali (Linke), die ihre Solidarität mit den Landwirten bekräftigten, auch mehrere Landwirte gekommen. Brandenburgs Bauernpräsident und Bio-Landwirt Henrik Wendorff äußerte sich zur Ausweisung der Roten Gebiete: Für ihn sie notfalls auch der Klageweg denkbar, sollten Landwirte die getroffene Ausweisung als unrechtmäßig ansehen.
Als einer der Organisatoren der am Samstag (18. Januar) stattfindenden „Wir haben es satt“-Demo war Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) geladen. „Wir haben gemeinsame Interessen“ und „lassen uns nicht auseinanderdividieren“, stellte er klar. Auf der morgigen Demo wird daher ebenfalls ein Vertreter von LsV auf dem Podium der Kundgebung vertreten sein.
Zukunftspapier in Magdeburg übergeben
Auch in den anderen östlichen Bundesländern gingen Bauern für eine bessere Agrarpolitik auf die Straße. Bereits am Mittwoch hatten Hunderte Thüringer Landwirte vor dem Landtag in Erfurt demonstriert. In Dresden waren schon in den frühen Morgenstunden schätzungsweise 1.000 Traktoren unterwegs. Die Demonstranten sammelten sich vor der Staatskanzlei. Zu ihnen sprach Wirtschaftsminister Martin Dulig, Agrarminister Wolfram Günther war bereits auf der Grünen Woche in Berlin.
In Magdeburg übergaben Hunderte demonstrierenden Bauern ein Zukunftspapier von „Land schafft Verbindung“ an Agrarministerin Claudia Dalbert. Danach verteilten sie vor dem Hauptbahnhof Informationsblätter an Passanten. Außerdem kam es zu Gesprächen mit Redaktionsvertretern am Sitz der „Volksstimme“.
Vier Treckerkorsos in MV
In Mecklenburg-Vorpommern fuhren am Nachmittag bis in den Abend rund 600 Landwirte mit ihren Traktoren auf vier Rundkursen jeweils ein Treckerkorso von zum Teil mehreren Kilometern Länge. Laut Rundfunkmeldungen kam es zu Verkehrsbehinderungen. Landesbauernpräsident Detlef Kurreck erklärte, die Landwirte seien mit den bisherigen Reaktionen der Politik auf die Proteste nicht zufrieden. Statt sich auf die Angebote der Bauern hin zu bewegen, werde auf Zeit gespielt.
(mit AgE)