24 tote Schafe: Wolf soll erlegt werden

Ein Wolf in freier Natur (Symbolfoto). © Jan Noack
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Überraschung: Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) will den Abschuss des einzigen Wolfs im Land voranbringen. Das Raubtier hat sich mit seinem hybriden Nachwuchs auf das Reißen von Nutztieren spezialisiert. Mit der jüngsten Attacke am vorigen Wochenende (24 tote Schafe) fielen der Wölfin allein 2019 fast 180 Weidetiere zum Opfer.     

von Frank Hartmann

Thüringens einzige Wölfin hat am vergangenen Wochenende 24 Schafe gerissen. Heute Nachmittag (11. Dezember) ließ Umweltministerin Anja Siegesmund über die Nachrichtenagentur dpa ihren Entschluss verbreiten, einen Antrag auf Entnahme des mit der Kennung GW267f versehenen Raubtieres auf den Weg zu bringen.  Dies sei weder ein schöner, noch ein einfacher Schritt, „aber ein notwendiger“, wurde die Grünen-Politikerin zitiert. In den vergleichsweise hohen Risszahlen sehe sie eine Grundlage für diesen Antrag. Die Thüringer Wölfin nimmt die bundesweite „Spitzenposition“ bei der Jagd auf Nutztiere ein. Seit 2014 um den Ohrdrufer Truppenübungsplatz (Landkreis Gotha) ansässig, fielen der Wölfin in den Jahren 2017, 2018 und 2019 über 300 Weidetiere zum Opfer. In diesem Jahr sind es laut Rissgutachten bzw. genetischer Analyse bereits 178 Schafe und Ziegen, aber auch Kälber und Fohlen.

In dem eingekreisten Gebiet um Ohrdruf ist die Wölfin unterwegs. © Geoportal Thüringen

Zwei Würfe mit hybridem Nachwuchs

2017 brachte GW267f sechs Junge zu Welt. Vater war ein Labrador. Mit großem Aufwand versuchte das zuständige Umweltministerium, die Hybriden zu fangen. Dies scheiterte allerdings. Während von zwei Hybriden nach Erreichen ihrer Geschlechtsreife jede Spur fehlt, konnten im Winter 2017/2018 zwei männliche und ein weibliches Kreuzungstier erlegt werden. Der Abschuss des vierten männlichen Hybriden gelang erst im April 2019. Mit diesem hatte sich die Wölfin zuvor gepaart. In diesem Frühjahr lichteten Fotofallen die Wölfin mit erneut fünf hybriden Welpen ab. Versuche eines Lebendfanges scheiterten abermals, sodass die Welpen seit Mitte November gezielt bejagd werden. Seit 2014 summieren sich die Kosten, die im Zusammenhang mit der Thüringer Wölfin aufgelaufen sind, auf mindestens 500.000 Euro. Darin sind die Förderung des Herdenschutzes und die Entschädigung für Weidetierhalter, das Monitoring oder etwa die Fangversuche der Welpen enthalten.

Entnahme des Wolfs beantragt

Anfang August dieses Jahres reichten betroffene Betriebe der Region, unterstützt vom Thüringer Bauernverband (TBV), dem Landesverband Thüringer Schafzüchter und dem Thüringer Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbezirksinhaber (TVJE) einen Antrag zur Entnahme der Wölfin beim zuständigen Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) ein. Die Behörde untersteht dem Umweltministerium. Das Bundesnaturschutzgesetz sieht die Möglichkeit des Abschusses vor, wenn Landwirte durch den streng geschützten Wolf erhebliche wirtschaftliche Schäden erleiden. Aus Sicht der Thüringer Weidetierhalter stellte die „Problemwölfin“ ihr auffälliges Verhalten seit drei Jahren unter Beweis, weil sie – und mittlerweile auch ihre Hybriden – in vielen Fällen den als optimal geltenden Herdenschutz nachweislich überwunden hatte.

Vorwurf: Behörden spielen auf Zeit

Über den Antrag der Verbände und Betriebe zur Entnahme der Wölfin hatte die Obere Naturschutzbehörde bislang nicht entschieden. Aus Sicht des TBV verhärtete sich der Eindruck, „dass dem TLUBN die Argumente, die tatsächlich gegen eine Entnahme der Wölfin sprechen, ausgehen und bewusst auf Zeit gespielt wird“. Nun hat offenbar die Realität Thüringens Umweltministerin eingeholt.