Im Bundesrat in Berlin kam es zum Eklat: (c) nmann77/stock.adobe.com

Aktion von Woidke: Ein Rauswurf als symbolischer Akt

Machtpoker in Brandenburg: Ministerpräsident Woidkes entlässt Gesundheitsministerin Nonnemacher. Eine Anbiederung an das BSW?  Sein riskanter Schachzug könnte die politische Landschaft nachhaltig verändern. Ein Kommentar von Claudia Duda

Brandenburg spielt normalerweise im Bundesrat eine relativ unbedeutende Rolle. Entsprechend der 2,58 Millionen Einwohner hat das Land vier Stimmen von insgesamt 69. Dagegen haben große Bundesländer wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder Bayern jeweils sechs Stimmen. Und eigentlich ist die Länderkammer ein Gremium, in dem es meistens gesittet zugeht. Doch in der vergangenen Woche wurde der Bundesrat zum Polit-Krimi, wie er selten zu erleben ist.


Ursache dafür war Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der auf dem Flur seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher entließ. Er überreichte der Grünen-Politikerin die Entlassungsurkunde, die dann ihre Sachen zusammenpackte und das Haus verließ. Ihr Stuhl im Plenarsaal blieb leer. Postwendend erklärte auch Agrar- und Umweltminister Axel Vogel (ebenfalls Grüne) seinen Rücktritt – damit war die Kenia-Koalition in Brandenburg Geschichte.

Entlassung im Bundesrat: Nonnemacher muss gehen

Begründet wurde die Entlassung Nonnemachers mit einem Streit über die Krankenhausreform. Der wahre Grund – so wird im Potsdamer wie im Berliner Politikbetrieb gemunkelt – ist jedoch die Regierungsbildung in Brandenburg. Woidke verhandelt gerade mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) den Koalitionsvertrag. Im Sondierungspapier von SPD und BSW heißt es: „Die Krankenhausplanung ist und bleibt Sache des Landes. Wir wollen alle Krankenhausstandorte erhalten und die wohnortnahe Gesundheitsversorgung stärken.“ Kein Wunder also, dass BSW-Landeschef Robert Crumbach seinen „Vielleicht-bald-Regierungspartner“ Woidke verteidigte und erklärte, „man sei gleicher Auffassung“.

Vorbereitung auf Koalition mit dem BSW?

Ein Rauswurf als symbolischer Akt zur Anbiederung an das BSW? Nach den Landtagswahlen vom September bleibt den politischen Akteuren in Thüringen und Brandenburg nur der Pakt mit dem BSW – oder wie in Sachsen eine Minderheitsregierung. So wird das Regieren immer schwieriger. Zwar ist die Bereitschaft zu Kompromissen eine Grundvoraussetzung für die Politik. Aber wie steht es um die Glaubwürdigkeit? Werden im Ringen um die Macht grundsätzliche Überzeugungen geopfert?

Minister Steinbach will nicht mit BSW koalieren

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach – ein SPD-Mitglied – hat mit seiner Erklärung, der neuen Landesregierung nicht angehören zu wollen, jedenfalls deutlich gemacht, dass er für eine Koalition mit dem BSW nicht bereit ist. „Für mich persönlich sehe ich aber, unabhängig von einem möglichen Ergebnis der Koalitionsverhandlungen mit dem BSW, insbesondere wegen der von der Parteispitze vertretenen Positionen keine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, hieß es in seinem Schreiben.

Öffentliche Demütigung

Inwieweit die sich anbahnenden Regierungsbündnisse in Brandenburg und Thüringen wirklich zukunftsfähig sind, bleibt abzuwarten. Woidke selbst hat sich mit der Aktion im Bundesrat jedenfalls keinen Gefallen getan. Die Entlassung Nonnemachers geriet zur öffentlichen Demütigung, die unwürdig und unnötig war. Und wenngleich unter den Landwirtinnen und Landwirten über den Rückzug des Agrarministers eher Erleichterung als Bedauern herrscht, hat diese Inszenierung nicht nur das Ansehen Woidkes, sondern auch das Vertrauen in politische Gesetzgebungsverfahren beschädigt.

Claudia-Duda-Chefredakteurin Bauernzeitung
Chefredakteurin Claudia Duda kommentiert. (c) Sabine Rübensaat

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