Bauern trotzen der Krise: Selbstbewusst und kämpferisch in die Zukunft
Der Deutsche Bauerntag in Cottbus war ein klares Signal der Bauern: Sie sind selbstbewusst und kämpferisch und bereit, für ihre Interessen einzustehen. Die neue Führungsspitze mit Joachim Rukwied und Torsten Krawczyk muss nun die Herausforderungen angehen und den Dialog mit Politik und Gesellschaft weiter intensivieren. Das kommentiert Claudia Duda.
Von Claudia Duda
Wer die Stimmung auf dem Deutschen Bauerntag in Cottbus zusammenfassen will, findet dafür zwei Worte: selbstbewusst und kämpferisch. Die Bauernproteste im Winter haben Rückenwind verschafft, der wiedergewählte Bauernpräsident Joachim Rukwied wird nicht müde, immer und immer wieder auf die Zustimmung aus der Bevölkerung hinzuweisen: 80 Prozent der Deutschen stehen laut Umfragen hinter den Landwirtinnen und Landwirten.
Und doch ist es wichtig, die Reden und Entscheidungen auf dem Bauerntag genauer zu beleuchten.
Kritik am Agrarpaket: Nur eine Postkarte
Einen Tag vor dem Treffen in Brandenburg hatten die Ampelfraktionen noch das sogenannte Agrarpaket vorgelegt, das von den einzelnen Rednern zerpflückt wurde. Rukwied machte aus dem Paket ein „Päckchen“, der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes, Franz-Josef Holzenkamp, degradierte es sogar zur „Postkarte“ und forderte statt der Gewinnglättung eine Risikoausgleichsrücklage.
Bauerntag: Selfie mit Bundeskanzler Scholz
Mit Spannung waren die Auftritte der Politiker erwartet worden. Überraschend kam dann doch der Bundeskanzler zum Stelldichein am Abend. Wer glaubte, jetzt würden die Delegierten ihrem Ärger Luft machen, der irrte. Statt Revolte gab es Selfies. Olaf Scholz (SPD) aß eine Bratwurst und lächelte tapfer.
Große Reden wurden hier nicht geschwungen – einzig ein kurzes Treffen im Bierzelt sollte nach außen den Eindruck vermitteln: Hier setzt man sich hin und redet. „Er hat zugehört und nach konkreten Vorschlägen gefragt“, resümierte Brandenburgs Bauernpräsident Henrik Wendorff.
Bauern: Kein Applaus für Özdemir
Wie unterschiedlich jedoch Politiker bewertet werden, wurde am zweiten Tag deutlich, als Brandenburgs Ministerpräsident, Dietmar Woidke (SPD), und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) den Bauern die Ehre gaben. Während Woidke von den Delegierten gefeiert wurde, dröhnte bei Özdemir die Stille. Auch durch Schweigen kann man seine Meinung sagen.
Grundsatzrede von Rukwied: Verband ist jünger und weiblicher
Dass es auch innerhalb des Bauernverbandes Veränderungsbedarf gibt, wurde an mehreren Stellen deutlich. In seiner Grundsatzrede hatte Joachim Rukwied betont: „Wir sind weiblicher und jünger geworden.“ Ein Blick auf das Podium, auf die Rednerliste, aber auch in die Reihen der Delegierten suggerierte das Gegenteil. Die Generation 50+ dominierte das Bild.
Leider meldeten sich auch in den Diskussionen und Foren nur wenige Junge und noch weniger Frauen zu Wort. Wie schwer es ist, sie in die Gremien zu berufen, wissen auch die Kreis- und Landesverbände. Hier muss noch deutlicher werden, wie wichtig die Verbandsarbeit ist und dass tatsächlich etwas bewegt werden kann.
Wahl: Mit Torsten Krawczyk in die Zukunft
Das weiß auch Torsten Krawczyk. Der Präsident des sächsischen Landesbauernverbandes wurde nach einer fulminanten, persönlichen Rede mit Herz und Hirn mit fast 97 Prozent zum Vizepräsidenten gewählt. Er selbst war von dem Ergebnis überrascht und überwältigt. Der 49-Jährige weiß, dahinter steht eine Erwartungshaltung für Veränderung.
Und er nannte ein wichtiges Wort, das im deutschen Politikbetrieb viel zu selten gebraucht wird: Demut. Die Bedeutung des Begriffes kann als Tugend oder als Fehlhaltung bewertet werden. Torsten Krawczyk sieht sich als „Diener der Sache“, der sein Gegenüber respektvoll und fair behandeln will. Wenn ihm das gelingt, könnte er sich damit noch für andere Aufgaben empfehlen. Vielleicht kommt der nächste Bauernpräsident ja aus Sachsen?
Kommentar aus der Ausgabe 27/2024
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