Wo gibt es künftig eine Brombeer-Koalition aus CDU, SPD und BSW? (c) GK/stock.adobe.com

CDU und BSW: Ausweg, Sonderweg – oder doch nur ein Holzweg?

Wie beeinflussen die Wahl-Ergebnisse in Sachsen und Thüringen die politischen Entscheidungen der CDU? Entdecken Sie die internen Spannungen und die Herausforderung, mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) umzugehen.

Ein Kommentar von Karsten Bär

In der Politikwissenschaft gibt es die These vom „deutschen Sonderweg“. Sie soll erklären, warum sich Deutschland später als andere westeuropäische Staaten demokratisierte und anfällig für fatale Entwicklungen war. Der These zufolge lag es am unentschlossenen Schwanken zwischen Tradition und Moderne – und am Hang zur Autorität. Ein vorläufiges Ende fand der „Sonderweg“ in der Alt-Bundesrepublik, als Adenauer konsequent auf Westbindung setzte.

Thüringen und Sachsen: CDU und BSW verhandeln

Von einem Sonderweg ist jüngst wieder zu hören. Allerdings in einem gänzlich anderen Zusammenhang. Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen machen ungewöhnliche Koalitionen erforderlich. Einschließlich einer knapp der Bedeutungslosigkeit entkommenen SPD könnte die CDU in beiden Ländern mit dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) die Landesregierung bilden.

Sachsen: Warnung von CDU-Mitgliedern

Doch während in Brandenburg die Sondierungen zwischen SPD und BSW nach außen geräuschlos verlaufen, ist in Thüringen und Sachsen nicht ausgemacht, ob etwas daraus wird. Denn die Christdemokraten stehen vor einer Zerreißprobe. An der Basis brodelt der Unmut. In einem offenen Brief warnen prominente sächsische CDU-Politiker vor einem Pakt mit dem „Betonflügel der früheren SED“ und plädieren für eine CDU-Minderheitenregierung. Auch aus Berlin ist der Druck auf die Parteifreunde in der mitteldeutschen Provinz groß.

Druck aus der Zentrale dürften die Repräsentanten des BSW ebenfalls verspüren. Laut Me­dienberichten knirscht es zwischen den BSW-Unterhändlern und ihrer Parteivorsitzenden. Einflussnahme der Bundesebene auf die Bildung einer Landesregierung ist nichts Neues. Im konkreten Fall ist das Drängen auf bestimmte Inhalte jedoch ungewöhnlich. Denn in der Sache geht es um außenpolitische Fragen – den Ukraine­krieg und die Stellung Deutschlands in den westlichen Bündnissen. Dafür sind weder die Landesparlamente noch der Bundesrat formal zuständig. Es ist völlig offen, ob es hier zu einer für beide Seiten gesichtswahrenden Einigung kommt.

Geht die CDU in Sachsen mit der AfD?

Angesichts der Verrenkungen, zu denen sich die CDU gezwungen sieht, stellt sich mancher die Frage, ob es nicht auch einfacher ginge. Rein rechnerisch wäre das möglich. Doch mit grenzenlosem Pragmatismus lassen sich nicht alle Probleme lösen. Der konservative Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt hat es beim Sächsischen Bauerntag im März auf den Punkt gebracht: Die AfD habe sich über die Jahre so radikalisiert, dass die CDU gar nicht mehr mit ihr koalieren könne. Die Brandmauer freilich werde zunehmend zur Gefängnismauer für die Christdemokraten, die nun gezwungen sind, immer häufiger gegen ihre Überzeugung mit linken Parteien, vor allem den Grünen, zu koalieren.

In der Landwirtschaft ist Einigung möglich

Zumindest die ungeliebte Option einer Koali­tion mit den Grünen bleibt der CDU in Sachsen und in Thüringen erspart. Und auf einigen Feldern mag es mit dem BSW einfacher sein, sich zu einigen – etwa zur Landwirtschaft. In Sachsen ließ die CDU einen wohlwollenden Satz zu guten Rahmenbedingungen und ein Entlastungspaket ins Protokoll schreiben. In Thüringen muss sich vor den zwölf Zeilen zu Bürokratieabbau, Wolf und Ausgleichszulage kein Landwirt fürchten. An der Agrar- und Umweltpolitik, so viel steht fest, wird ein CDU-BSW-Bündnis sicher nicht scheitern.

Karsten Bär
Ein Kommentar von Karsten Bär – Landesredakteur Sachsen (c) Sabine Rübensaat
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Noch offen: In den drei östlichen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg gibt es noch keine Koalitionsverhandlungen. (c) pusteflower9024/stock.adobe.com

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