Einsame Spitze: Woidke gewinnt, aber wie weiter?
Wagenknecht und das neue BSW: Eine Herausforderung für die SPD? Das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 13,5 % der Stimmen könnte die politische Dynamik in Brandenburg verändern. Welche Rolle spielt das BSW in den Koalitionsgesprächen?
Ein Kommentar von Heike Mildner
Die Wahlbeteiligung war hoch wie nie seit der Wende. Wie sehr wird das Geampel im Bund auf die Landesebene ausstrahlen? Wie erfolgreich wird die Aufholjagd der Sozialdemokraten in ihrem ureigenen Bundesland? Sonntagskrimi einmal anders: Bereits nach der ersten Hochrechnung hatte die SPD die Nase vorn, aber nur leicht, und die Grünen lagen noch bei fünf Prozent. Am Ende nicht mehr, und auch die letzte Hoffnung der Geschrumpften, der Einzug über ein Direktmandat, erfüllte sich diesmal nicht. Diese Mandate gingen an SPD (19) und AfD (25), sie teilen das Land in Rot und Blau.
Woidke setzt alles auf eine Karte
Ministerpräsident Dietmar Woidke hatte im Wahlkampf alles auf eine Karte gesetzt: Wenn die AfD gewinnt, bin ich raus. Wollt ihr das? 30,9 % wollten das nicht, mancher wählte – unterstützt von entsprechenden Onlinetools – strategisch, um einen AfD-Sieg zu verhindern. Die ehemaligen Koalitionspartner Grüne und CDU ließen dabei genauso Federn wie Freie Wähler und Linke, die in den vergangenen fünf Jahren neben der AfD in der Opposition agierten, immer darauf bedacht, sich nicht mit der AfD gemeinzumachen.
Die legte im Vergleich zu 2019 um 5,7 % zu, vertritt nun 29,2 % der Brandenburger, ist aber weiter (rechts) außen vor, allerdings durch die Sperrminorität weiter erstarkt: Künftig kann die AfD-Fraktion mit 30 Abgeordneten Gesetzesvorhaben, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, verhindern.
BSW holt 14 Sitze im Landtag
Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht war bei der Europawahl auch in Brandenburg ein neuer Stern am Politikhimmel aufgegangen – vielleicht auch eine Sternschnuppe, das wird sich zeigen. Bei der Landtagswahl holte das BSW jedenfalls aus dem Stand 13,5 % der Stimmen und könnte mit 14 Sitzen – zwei mehr, als die CDU bekommen hat – gemeinsam mit der SPD regieren. Die CDU hat ein Dreierbündnis bereits abgelehnt und bereitet sich auf die Oppositionsrolle vor.
SPD steht in Brandenburg für Kontinuität
Die SPD in Brandenburg steht für Kontinuität, das BSW für Veränderung. Ist es eine Blackbox, wie viele Medien behaupten? Wagenknecht formuliert sehr deutlich, was sie unter „Vernunft und Gerechtigkeit“ versteht. Die erste der fünf zentralen Forderungen des BSW ist „Frieden“, genauer: Man möge sich für ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und mehr diplomatische Impulse aussprechen. Das sei nicht Sache der Landespolitik, heißt es da schnell, als sei das BSW diesbezüglich nicht ganz auf der Höhe oder eben populistisch.
Welche Möglichkeiten die Landespolitik hat, in einer so wichtigen Frage auf den Bund Einfluss zu nehmen, ist in der Wochenendausgabe der „Berliner Zeitung“ nachzulesen. Der Bundesrat könne sich sehr wohl mit Waffenlieferungen oder US-Raketenstationierungen befassen, argumentiert die Außenpolitikexpertin des BSW, Sevim Dagdelen, das Gremium äußere sich ja auch zu den deutsch-polnischen Beziehungen.
Koalitionsgespräche: Neue Kultur im Landtag
An diesem Thema wird die SPD bei den Koalitionsgesprächen mit dem BSW nicht vorbeikommen. Und das BSW, erst Ende Mai in Brandenburg gegründet, hat eine doppelte Verantwortung: gegenüber dem Land, aber auch gegenüber seinen Wählern. Bestenfalls zieht mit dem BSW auch eine neue Debattenkultur in den Landtag ein, in der politische Gegner als solche akzeptiert werden.
Und wenn Brandenburg den Spagat zwischen Kontinuität und Veränderung hinbekommt, mache ich mir auch um die Landwirtschaft keine Sorgen, bei der SPD-Kompetenz sicher wieder mehr gefragt sein wird.
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