GAP-Vereinfachung: Pflicht zur Brache soll ganz entfallen
Die EU-Kommission geht bei der Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik viel weiter als erwartet. Die Pflicht zur Brache soll entfallen. Das lässt ein in Brüssel kursierendes Schreiben erkennen, dass auf die anstehende Verordnung Bezug nimmt.
In dem „Non-Paper“ zu ihren Vorschlägen stellt die Kommission ausdrücklich fest, nach den EU-weiten Bauernprotesten den auf den Betrieben lastenden Verwaltungsaufwand überprüft zu haben. Die Verordnung soll dem Vernehmen nach am Freitag (15.3.) veröffentlicht werden. In der englischsprachigen Version, die der Redaktion vorliegt, identifiziert die Kommission sechs Bereiche, in denen es möglichst rasch zu Anpassungen kommen sollte.
Der erste Bereich betrifft die Verwaltung der GAP-Strategiepläne einschließlich der Verfahren, solche Pläne zu ändern. Die für die Praktiker wichtigste Vorabinformation besteht vermutlich darin: Eine ganze Reihe der obligatorische GLÖZ-Umweltmaßnahmen, darunter die Pflicht zur Brache, soll gestrichen werden.
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Verzicht auf Brache und mehr Freiheiten bei GLÖZ
Unter anderem schlägt die Kommission vor, den Mitgliedstaaten Ausnahmen von den GLÖZ-Standards 5, 6 und 7 zu gestatten. Sie könnten in bestimmten Situationen das Abweichen von den Auflagen bei Bodenbearbeitung, Bodenbedeckung und Brachen beziehungsweise Landschaftsmerkmalen zulassen, sofern diese Anforderungen den eigentlich angestrebten Zielen zuwiderlaufen würden.
Auf die in GLÖZ 8 festgelegte Verpflichtung zur Stilllegung will die EU-Kommission demnach ganz verzichten. Ersatzweise sollen die Mitgliedstaaten ein Öko-Programm zur Verfügung stellen, das die Landwirten dabei unterstützt, einen Teil ihres Ackerlandes als Brache stillzulegen oder neue Landschaftselemente zu schaffen. Landwirte werden somit für nichtproduktive Flächen weiterhin belohnt, die für die Artenvielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen und allgemeiner in ländlichen Gebieten von Vorteil sind, heißt es in dem Papier.
Beim GLÖZ-Standard 7 (Fruchtwechsel) schlägt die Kommission vor, die Fruchtfolge beizubehalten. Zugleich will sie den EU-Ländern jedoch die Möglichkeit zu geben, diese Anforderung durch eine Diversifizierung der Nutzpflanzen zu erfüllen.
Keine Kontrollen bei kleinen Betrieben
Deutlich erkennbar ist das Bemühen der Kommission, die Belastung für kleine landwirtschaftliche Betriebe zu verringern. Deshalb schlägt sie in dem Non-Paper vor, Betriebe mit weniger als zehn Hektar von Kontrollen auszunehmen. Die Kommission schätzt, dass sich dies auf bis zu 65 % der GAP-Begünstigten auswirken wird.
Auch Biobetriebe behandeln die Vereinfachungsvorschläge in besonderer Weise. Dem ökologischen Landbau bescheinigt das Non-Paper erneut, als „umweltfreundlichste Art der Landwirtschaft … per Definition zur Artenvielfalt und Bodengesundheit“ beizutragen. Schon jetzt wird bekanntlich davon ausgegangen, dass Biolandwirte die GLÖZ-7-Anforderungen einhalten. Die Kommission will nun prüfen, ob sie auch die GLÖZ 8-Anforderungen erfüllen.
Machte Präsidentin von der Leyen persönlich Druck?
Bei ihren Vorschlägen beruft sich die Brüsseler Behörde unter anderem auf ein Schreiben aus dem Agrarausschuss des Europaparlaments und auf Anregungen der vier wichtigsten landwirtschaftlichen Verbände. Inzwischen wurde auch schon Kritik an den Vorhaben laut. Umweltverbände bemängeln, dass die Änderungen offenbar ohne Folgenabschätzungen umgesetzt werden sollen.
Politische Beobachter in Brüssel gehen davon aus, dass sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen persönlich mit Nachdruck für Vereinfachungen zugunsten der Landwirte eingesetzt hat. Die im Juni anstehende Europawahl dürfte in dieser Hinsicht ihren Schatten vorauswerfen. Aus deutscher Perspektive scheint es zudem nicht ausgeschlossen, dass das inoffizielle Dokument durchaus absichtsvoll unmittelbar vor der in Erfurt stattfindenden AMK-Frühjahrstagung in Umlauf gebracht worden ist. Dort wollen die Länder mit dem Bund unter anderem über die nationale Ausgestaltung der GLÖZ-8-Regelung verhandeln.