Getreideabkommen ausgesetzt: Wichtige Exportroute gekappt
Russland setzt das Getreideabkommen vorläufig aus. Die Vereinten Nationen sprechen von einem „schweren Schlag“. Sie belassen es aber nicht bei einseitigen Schuldzuweisungen.
Russland hat das am 17. Juli 2023 ausgelaufene Abkommen über die Nutzung der Schwarzmeerroute für ukrainische Getreideexporte nicht verlängert. Als Begründung verwies Kreml-Sprecher Dmitri Peskow darauf, dass die im Abkommen vereinbarten Erleichterungen für russische Ausfuhren nicht umgesetzt worden seien. Peskow sagte zu, sobald alle Forderungen in Bezug auf ihre Getreideexporte erfüllt sind, kehre die russische Seite „wieder zur Erfüllung der Vereinbarung zurück“.
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Getreideabkommen ausgesetzt
Das unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen (UN) getroffene Abkommen beendete im Juli 2022 die Seeblockader ukrainischen Schwarzmeerhäfen für Getreideausfuhren. Als im November die erste Verlängerung anstand, erklärte UN-Generalssekretär António Guterres, dass sowohl die ukrainischen als auch die russischen Ausfuhren an Lebensmitteln und Düngern für die weltweite Ernährungssicherheit und die Preise „von wesentlicher Bedeutung sind“.
Um das Abkommen fortzuführen, hatte der Portugiese kürzlich vorgeschlagen, Russland wieder am internationalen Kreditsystem Swift zu beteiligen, um seine Getreideexporte zu erleichtern. Im Zuge der nach dem Angriff auf die Ukraine verhängten Sanktionen war Russland aus Swift ausgeschlossen worden. Zudem wurden Hafensperren für Lieferungen von Getreide und Dünger verhängt. Auch internationale Versicherungen für Schiffe unterliegen den Sanktionen.
Das Aussetzen des Abkommens sei „ein schwerer Schlag für Menschen in Not auf der ganzen Welt“, sagte Guterres am Montag in New York. Der UN-Generalsekretär betonte, er sei sich der Hindernisse bewusst, die es im Außenhandel mit russischen Lebens- und Düngemitteln nach wie vor gebe. Deshalb habe er Präsident Putin einen neuen Vorschlag unterbreitet, um die Schwarzmeer-Initiative am Leben zu erhalten. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, bekräftigte, die Bemühungen von Guterres zu unterstützen.
Resonanzen und Reaktionen zum Getreideanbkommen
In den meisten politischen Stellungnahmen aus Deutschland wird die Verantwortung für das Scheitern des Abkommens Russland zugewiesen. „Es muss ein Ende haben, dass Hunger als Waffe eingesetzt wird“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und forderte von Moskau, das Abkommen uneingeschränkt fortzusetzen.
Indes warf die Agrarsprecherin der Linken im Bundestag, Ina Latendorf, der Bundesregierung vor, sich zu wenig für die Fortsetzung des Abkommens engagiert zu haben. Der Guterres-Vorschlag, russische Exporte zu erleichtern, sei „im Sinne der hungernden Menschen richtig“.
Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, äußerte noch am Montag die Erwartung, dass der Schwarzmeerkorridor weiter funktionieren kann. Darauf reagierten Reeder und auch Versicherungen umgehend skeptisch, da Russland mit dem Abkommen auch die Sicherheitsgarantien für Schiffe ausgesetzt hat. Am Mittwoch kündigte das Moskauer Verteidigungsministerium sogar an, alle Schiffe, die in ukrainischen Häfen einlaufen, ab Donnerstag (20. Juli) als potenzielle Waffen- und Munitionstransporte zu betrachten und entsprechend zu reagieren.
Börsen reagierten verzögert mit Preisanstieg
Die Getreidefutures an der Matif in Paris reagierten auf die neue Lage zunächst verhalten. Offenbar war sie erwartet und bereits in vorangegangenen Anstiegen eingepreist worden, als aus Nordamerika hitzebedingte Ertragswarnungen eingegangen waren. Ab Dienstag, den 18. Juli 2023 beschoss die russische Armee immer wieder mehrere ukrainische Häfen, darunter Odessa und Tschornomorsk. Danach verteuerten sich die Futures auf Weizen, Mais und Raps an der Matif deutlich.
Nach ukrainischen Angaben wurden durch den Beschuss in Odessa rund 60.000 t Getreide vernichtet und Hafenanlagen zerstört. Russland sprach von Vergeltung für den Drohnenangriff auf die Kertschbrücke zur Krim und gab an, im Hafen Odessa eine Produktionsanlage für Drohnen zerstört zu haben. (red)
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