Stoffstrombilanz: Özdemir bekommt seine Quittung
Im Bundesrat scheiterte die Novelle des Düngesetzes an der Stoffstrombilanz, an der der Bundeslandwirtschaftsminister unbeirrt festhält. Statt den Ländern nun Vorwürfe zu machen, sollte Cem Özdemir endlich beim Düngemonitoring liefern, kommentiert Frank Hartmann.
Die jüngsten Bundesratsentscheidungen zum Dünge- und zum Tierschutzgesetz haben eines sehr deutlich gezeigt: Der massive Protest der Landwirte verfehlte seine Wirkung nicht. Denn am 5. Juli verweigerte eine deutliche Mehrheit der Länder dem von der Bundesregierung vorgelegten Düngegesetz die Zustimmung. Kernpunkt der Kritik ist die Stoffstrombilanz-Verordnung, für die das Düngegesetz die rechtliche Grundlage darstellt.
Zu Erinnerung: Ende September des vorigen Jahres, als der Frust bei den Landwirten schon groß, die Proteste aber noch nicht auf der Straße waren, erhielt ein maßgeblich von Thüringen vorangetriebener Versuch, die Stoffstrombilanzierung ganz zu streichen, im Bundesrat nicht den notwendigen Zuspruch.
„Bürokratiemonster“ und „nutzlos“: Kritik von Woidke und Rhein an Stoffstrombilanz
Es hat sich seither gerade in den Ländern etwas getan, was man dem Bund nicht attestieren kann, wie das „Agrarpäckchen“ oder eben das Düngegesetz zeigen. Weder die Wissenschaft brauche die Stoffstrombilanz, noch die Verwaltung – und der Umwelt helfe sie auch nicht, so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Bundesratsplenum.
Seinem hessischen Kollegen Boris Rhein (CDU) zufolge habe die Bundesebene offensichtlich noch immer nicht verstanden, wie es um die Landwirtschaft bestellt ist. Statt angekündigtem Bürokratieabbau käme mit der „umetikettierten Nährstoffbilanz“ – wie die verschärfte Stoffstrombilanz heißen soll – das „nächste Bürokratiemonster“.
Özdemir pocht auf Verursacherprinzip, liefert aber nicht
Warum der Bundesagrarminister an der Stoffstrombilanz, die sich auch auf der 194-Punkte-Liste der Länder zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft befindet, festhält, bleibt sein Geheimnis. Weder half ihm, mit dem Bundesumweltministerium einen Tag vor der Abstimmung im Bundesrat den Nitratbericht 2024 zu veröffentlichen, noch das Angebot an die Länder, bei Zustimmung zum Düngegesetz die Stoffstrombilanzierung auszusetzen und neu zu verhandeln.
Dreist mutet dann die Reaktion Cem Özdemirs (Grüne) auf das Scheitern seines Gesetzes an. Er warf den Ländern vor, den Weg zu mehr Verursachergerechtigkeit weiter zu verbauen: „Das kann man machen, aber dann sollte man auch ehrlich sein und der Landwirtschaft sagen, dass man kein Verursacherprinzip will.“
Monitoring statt Stoffstrombilanz: Schlüssel zur Verursachergerechtigkeit
In der Tat bildet das Düngegesetz auch die rechtliche Grundlage für das einzelbetriebliche und flächenscharfe Monitoring der Düngeverordnung. Diese Daten haben die Betriebe. Jetzt geht es um die Übermittlung an die Agrarverwaltung und ihre Verarbeitung. Obwohl im Grundsatz mit den Ländern geklärt ist, wie diese Daten erhoben werden könnten, versäumte es Özdemir aus unerfindlichen Gründen bis heute, den Entwurf einer Monitoring-Verordnung vorzulegen.
Darauf warten vor allem die Landwirte. So könnte geklärt werden, ob und welchen Anteil sie an N- und P- Überschüssen haben, was im besten Fall weniger restriktive Auflagen bedeutet. Genau diese Daten machen eine Stoffstrombilanz völlig überflüssig, die ja lediglich eine rechnerische Betriebsbilanz ohne Flächenbezug produziert.
Legt Özdemir zügig einen Vorschlag zum Monitoring vor und dampft die Stoffstrombilanz ein, dürfte er der Zustimmung der Länder zum Düngegesetz gewiss sein. Bleibt die Stoffstrombilanz, müssten die Länder, sofern sie es denn ernst meinen, im Bundesrat einen neuen Anlauf für deren Abschaffung nehmen.
Kommentar aus der Ausgabe 28/2024
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