SUR-Ablehnung: Kein Grund zum Jubeln
Die Abgeordneten im EU-Parlament in Straßburg haben gegen die Verordnung zum Pflanzenschutz (auch SUR-Verordnung genannt) gestimmt. Zuvor hatte es fast 700 Anträge zur Änderung gegeben. Berichterstatterin Sarah Wiener war enttäuscht. Erleichterung herrscht bei den Bauern in Deutschland – ein Kommentar.
„EU-Parlament versenkt die Pflanzenschutzmittelverordnung.“ Mit diesen Worten feierte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese das Scheitern der SUR-Verordnung (SUR – Sustainable Use Regulation). Doch ist das tatsächlich ein Grund zu feiern?
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Debatte um SUR-Verordnung: Warnung vor Total-Verbot
Wer die Debatte im EU-Parlament verfolgen konnte, hat hautnah miterlebt, wie hochemotional und polemisch sich die Gegner und Verteidiger der geplanten Verordnung gegenseitig anstachelten. Die Befürworter argumentierten mit der Sicherung der Kinder-Gesundheit auf Spielplätzen und schreckten auch vor Reimen nicht zurück. „Amsel, Drossel, Fink und Star – sind sie bald nicht mehr da?“, appellierte die deutsche Grünen-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg an ihre Kolleginnen und Kollegen, für den Vorschlag zu stimmen. Dagegen sprach der tschechische Abgeordnete Alexandr Vondra von den Europäischen Konservativen von Befehlen, Totalverboten und grünem Fanatismus.
Abstimmung im EU-Parlament: Gesetzgebung gescheitert
Am Ende mussten die 705 Abgeordneten aus den 27 Mitgliedsstaaten nicht nur über den Vorschlag, den die österreichische Berichterstatterin Sarah Wiener vorgelegt hatte, abstimmen, sondern auch über fast 700 Änderungsanträge. Viele davon kamen vom Agrarausschuss, der umstrittene Punkte entschärft hatte. Letztlich gab es so viele Änderungen, dass selbst zahlreiche Grüne dem Vorschlag nicht mehr zustimmten. Damit ist das von der EU-Kommission eingeleitete Gesetzgebungsverfahren gescheitert.
Einsatz von Pflanzenschutz-Mittel: Erleichterung bei Bauern in Deutschland
Landwirte in Deutschland können zumindest aufatmen. Als Reaktion wurde unisono Erleichterung deutlich. Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hatte vor der Abstimmung noch vor den Folgen für Acker-, Obst-, Gemüse- und Weinbau gewarnt. Er hatte vorgerechnet, dass sich die Ertragsverluste durch ein Verbot chemischer Pflanzenschutzmittel beim Wintergetreide auf ca. 30 % bei Kartoffeln und Winterraps auf ca. 40 % summieren würden. Beim Gemüse werden Ertragsminderungen von mindestens 30 % befürchtet. Auch die Freien Bauern sahen die Ernährungssicherheit in Gefahr. Was nütze es, wenn vermeintlich gesunde Nahrungsmittel nicht reichen und dafür Produkte eingeführt werden müssen, die nicht den hohen EU-Standards entsprechen? Auch der Präsident des Thüringer Bauernverbandes, Dr. Klaus Wagner, begrüßte es darum, dass solche „fachlich unsinnigen Versuche“ scheiterten.
EU-Wahl 2024: Neuer Vorschlag nicht schnell zu erwarten
Grund zum Jubeln besteht dennoch nicht. Grundsätzlich ist es richtig, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf ein Mindestmaß zu reduzieren, um natürliche Lebensgrundlagen, Artenvielfalt und Umwelt und damit auch die langfristige Ernährungssicherheit zu erhalten. EU-weit einheitliche Ziele und Regeln wären sinnvoll gewesen. Klar ist nun: Vor der Europawahl im nächsten Jahr wird es keine Verordnung geben. Und auch danach dürfte es Monate dauern, bis neue Vorschläge auf dem Tisch liegen. Was die europäischen Gremien aus dem Desaster lernen sollten, ist: Pauschalverbote sind unsinnig. Die unterschiedlichen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten sollten genau geprüft und berücksichtigt werden – denn die Länder kommen von verschiedenen Ausgangspunkten, Schutzgebiete sind oft unterschiedlich definiert. Das hatte schon der Vorschlag der EU-Kommission nicht berücksichtigt. Deshalb war er von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Kommentar aus der Ausgabe 48/2023
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