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Agrofarm eG Lüssow: Grasvermehrung wirft langen Schatten

Ohne Chemie wären die Lüssower gegen das Ungras machtlos. (c) Gerd Rinas
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Baumaßnahmen am Silosickersaftbecken und der Kampf gegen die Auswirkungen einer einst lukrativen Einnahmequelle: Bei unserem Praxispartner in Mecklenburg-Vorpommern, der Agrofarm eG Lüssow, hat sich seit unserem letzten Besuch einiges getan.

Von Gerd Rinas

Einst haben die Lüssower damit gutes Geld verdient: „Grasvermehrung war zu DDR-Zeiten eine lohnende Einnahmequelle“, sagt Lars-Peter Loeck. In Lüssow bei Rostock wurde auf den besseren Böden – etwa 1.500 ha LF – Welsches Weidelgras vermehrt.
Erst Jahre später zeigte sich, dass die Risiken dieser Produktion nicht ausreichend abgeschätzt wurden, sie zumindest auch eine Schattenseite hat: „Grassamen kann jahrzehntelang im Boden überdauern. Durch die Bodenbearbeitung werden die Samen immer wieder an die Oberfläche geholt. Sie samen aus und stören als Ungras das Wachstum der eigentlich bestellten Kulturen“, erläutert der Vorstandsvorsitzende der Agrofarm eG.

Das Problem sei immer dagewesen, mit den Jahren aber größer geworden. „Es hat sich potenziert. Wir mussten umdenken. Seit vier, fünf Jahren befassen wir uns intensiver damit“, lässt Loeck durchblicken.

mulchen und herbizide: Im Kampf gegen das Weidelgras

Beim Bekämpfen des Weidelgrases setzen die Lüssower auf mehrere Instrumente. Ackerränder und Flächenteile bis etwa 500 m², werden gemulcht, bevor das Weidelgras aussamt. Wichtigster Helfer gegen Ungräser sind nach wie vor Herbizide. „Ohne chemischen Pflanzenschutz wären wir aufgeschmissen“, sagt Berater Rolf Müller.

Zufriedenstellend ist die Ausgangssituation aus Sicht der Landwirte aber nicht: „Es gibt kein Produkt, das speziell gegen Welsches Weidelgras wirkt. Ein solches Präparat ist auch nicht in Sicht. Der Markt dafür ist offenbar zu klein und nicht attraktiv genug“, so Müller.

Beim Bonitieren: Lars-Peter Loeck (l.) und Pflanzenschutzberater Rolf Müller. (c) Gerd Rinas
Beim Bonitieren: Lars-Peter Loeck (m.) und Pflanzenschutzberater Rolf Müller (r.). (c) Gerd Rinas

Weidelgras in allen Kulturen bekämpfen

Dabei ist Lüssow noch in einer vergleichsweise komfortablen Position. „In Betrieben, die ohne chemischen Pflanzenschutz auskommen müssen, ist das Problem noch viel schwieriger zu beherrschen. „Hier hilft nur, die Fruchtfolge so zu gestalten, dass das Weidelgras zum Beispiel in Hackfrüchten mechanisch bekämpft werden kann“, erläutert Rolf Müller. In manchen Betrieben sei Weidelgras mittlerweile so verbreitet, dass die Mähdrescher nach jedem Drusch auf einem verseuchten Schlag gereinigt werden, um weitere Erntefelder nicht mit den Samen zu infizieren.

Die Lüssower müssen Weidelgras in allen Kulturen bekämpfen. Im Mais erzielen die Maisherbizide eine sehr gute Wirkung gegen Hirse und damit auch gegen Ungräser, sagt Rolf Müller. „In unserer Fruchtfolge kommt nach Raps Weizen und dessen Wachstum stört das Gras erheblich“, erläutert Lars-Peter Loeck. Die Landwirte haben im vergangenen Herbst mit einem Herbizidwechsel und einer neuen Kombination von Wirkstoffen versucht, das Ausbreiten des Weidelgrases einzuschränken. Auf den Rapsflächen – insgesamt 450 ha LF – kam erstmals Kerb Flo zum Einsatz. Das Herbizid soll sehr gut gegen Ausfallgetreide und auch gegen Ungräser wirken. Das Herbizid Flufenacet ist seit einem Gerichtsurteil Ende März in der Fruchtfolge nicht mehr begrenzt. Es soll vor allem gegen Ackerfuchsschwanz und Windhalm wirken, das Herbizid Chlortoluron gegen einjährige Rispen und Windhalm. „Beide Wirkstoffe sollen kombiniert auch Nebenwirkungen gegen Weidelgras entfalten, haben Versuche in Landesanstalten gezeigt“, berichtet Rolf Müller.

Diese Ergebnisse scheinen sich in Lüssow zu bestätigen. In der Gerste und im Weizen – zusammen auf über 1.000 ha im Anbau – ist weniger Weidelgras aufgelaufen als in den vergangenen Jahren. Im Frühjahr kommt gegen das Ungras in allen Wintergetreidearten das Herbizid Axial 50, ein Graminizid, zum Einsatz. „Es ist aus unserer Sicht die verträglichste Variante“, so Rolf Müller. Dass man das Weidelgras vollständig vom Acker bekommt, daran glauben Loeck und Müller nicht. „Wir können es bestenfalls kontrollieren“, sind die beiden einer Meinung.



Agrofarm eG Lüssow: Randbehandlung gegen Rapsglanzkäfer

Unterdessen lassen die Lüssower die Kulturen in diesen Tagen nicht aus den Augen. Kurz vor der Rapsblüte bekamen die Pflanzen auf dem Vorgewende in der vorvergangenen Woche eine Randbehandlung gegen Rapsglanzkäfer. Schon im März wurde eine Maßnahme gegen den Kohltrieb- und den Rapsstängelrüssler gefahren.

Im April war der Schadinsektendruck wegen der kühlen Witterung vergleichsweise gering, die Käfer waren weniger mobil. Pilzkrankheiten in der Gerste (433 ha LF) hat Rolf Müller in diesem Frühjahr weniger bonitiert als in den Vorjahren, mit Ausnahme von Zwergrost. Rhynchosporium und Netzfleckenkrankheit spielen bisher kaum eine Rolle.

Agrofarm eG Lüssow: Septoria tritici wieder verbreitet

Nach 50 Jahren hat sich das Silosickersaftbecken die Sanierung verdient. (c) Gerd Rinas

Das gilt wegen der kühlen und lange Zeit trockenen Witterung auch für Mehltau im Weizen. Dagegen ist Septoria tritici wieder verbreitet. In der vorigen Woche erhielt der Weizen seine erste Behandlung mit Wachstumsreglern und Fungiziden. Schon vor drei Wochen haben die Landwirte Erbsen gedrillt. „Wir haben lange gewartet. Als wir loslegten, war es aber eigentlich immer noch zu kalt“, berichtet Lars-Peter Loeck.

Gegenüber dem Vorjahr wurde der Anbau um 180 auf 230 ha ausgedehnt. „Wir beteiligen uns an den Agrarumweltmaßnahmen und hier unter anderen an dem Programm „Vielfältige Kulturen“. Ein Kriterium besagt, dass auf zehn Prozent der Ackerfläche Leguminosen anzubauen sind. Wir haben uns dazu entschieden, weil der Vorfruchtwert der Erbsen sehr gut und die Förderung akzeptabel sind. Von den Erzeugerpreisen kann man das leider noch nicht sagen“, so Loeck.

Größte Baustelle im Betrieb ist derzeit das 4.000 m³ fassende Silosickersaftbecken. Eine Spezialfirma bessert Boden und Seitenwände aus und verlegt Vlies und Folien in mehreren Schichten. Kosten: 135.000 Euro netto. In anderthalb Wochen soll der Saft wieder fließen.

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