Beim Deutschen Bauerntag in Cottbus stellten sich den Fotografen: Henrik Wendorff, Axel Vogel, Cem Özdemir, Dietmar Woidke und Joachim Rukwied (von links). (c) Heike Mildner

Bauerntag in Cottbus: Woidke überzeugt – Özdemir nicht

Spannung pur auf dem Deutschen Bauerntag: Wie reagierten die Delegierten auf die Reden von Minister Cem Özdemir und Ministerpräsident Dietmar Woidke? Während Özdemir von streitenden Landwirten lautstark empfangen wurde, überzeugte Woidke mit klaren Forderungen an die Agrarpolitik.

Von Claudia Duda

Mit großen Erwartungen wurden auf dem Bauerntag am Donnerstag (27.6) die Reden von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) aus Brandenburg erwartet. Beide gehören sie Regierungsparteien an, doch die Delegierten des Deutschen Bauerntages in Cottbus reagierten völlig unterschiedlich auf ihre Ansprachen.

Lautstarker Empfang für Özdemir

Es begann schon damit, dass Özdemir von den Landwirtinnen und Landwirten aus Bayern mit Spruchchören empfangen wurde. Ganz im Sinne der Fußball-EM skandierten sie lautstark und mit Tröten: „Landwirte 1 – Ampel 0!“ Der Ball lag damit beim Agrarminister, der ihn annahm, aber  erst mehrere Redner später reagieren konnte.

Cem Özdemir
Der Ball liegt bei Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. (c) Claudia Duda

Denn zuerst war der Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes, Franz-Josef Holzenkamp, am Zug. Er kritisierte die deutsche „Verbotspolitik“, die momentan viele Investitionen verhindere und forderte politische Weichenstellungen für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft.

Holzenkamp fordert verlässliche Politik

Holzenkamp erklärte: „Wir leben in unsicheren Zeiten. Da brauchen die Menschen Führung und Verlässlichkeit, Ruhe und Sicherheit. Alle schauen auf die Politik – aber die wirft immer neue Fragen auf, die die Menschen verunsichern.“

Heimvorteil für Ministerpräsident Woidke

Und dann spielte er den Ball zu Dietmar Woidke. Brandenburgs Ministerpräsident spielte seinen Heimvorteil aus. 20 Kilometer entfernt auf einem Bauernhof geboren, traf der promovierte Landwirt von der ersten Minute an den Ton der fast 500 Delegierten aus ganz Deutschland.

Woidke auf dem Bauerntag
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) trifft den Ton der Bauern. (c) Claudia Duda

Nicht zum ersten Mal kritisierte der Lausitzer die Entscheidungen der Ampel-Regierung und forderte, die Kürzungen beim Agrardiesel zurückzunehmen. „Man braucht manchmal auch die Kraft zur Korrektur“, sagte er in Richtung Özdemir. Brandenburg werde auch die geplante Stoffstrombilanz im Bundesrat ablehnen, erklärte Woidke und wurde dafür vom Publikum bejubelt.

Woidke tritt zur Landtagswahl wieder an

Der Ministerpräsident verwies auf die Landesprogramme zur Unterstützung der Landwirte – wie das Blühstreifenprogramm und die Ausgleichszulage für flächendeckende Landbewirtschaftung. Und weil der SPD-Politiker im Wahlkampf ist – schließlich will er am 22. September bei der Landtagswahl wiedergewählt werden – lobt er den intensiven Austausch mit dem Landesbauernverband und anderen Berufsverbänden zur Reduzierung der Bürokratie.

Jubel nach Zitat von Friedrich, dem II.

Am Ende punktete Woidke mit einem erweiterten Zitat von Friedrich, II. – dem Alten Fritz: „Die Landwirtschaft ist die erste aller Künste; ohne sie gäbe es keine Kaufleute, Dichter und Philosophen – und keine Ministerpräsidenten und Bundeslandwirtschaftsminister“. Danach brach Jubel aus, die Delegierten erhoben sich von den Plätzen und feierten den Brandenburger.  

Durchatmen konnte das Publikum bei der Ehrung des Ausbildungsbetriebes des Jahres. Die Landboden Bronkow Agrar GmbH darf sich über diesen Titel freuen.

Bauerntag: Özdemir kommt Landwirten entgegen

Danach kam auch der Bundeslandwirtschaftsminister ins Spiel. Bei einigen strittigen Themen signalisierte er Entgegenkommen. So zeigte er sich offen für Kritik an dem von seinem Haus vorgelegten Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“. Er werde nicht allen darin enthaltenen Ansätzen folgen, kündigte Özdemir an und verwies auf ein grundsätzliches Verbot chemischer Pflanzenschutzmittel in Trinkwasserschutzgebieten. Das Programm, an dessen Weiterentwicklung der Deutsche Bauernverband (DBV) beteiligt werden soll, bezeichnete der Minister als „Ideenpapier“.

Özdemir stellt sich EU-Recht zum Wolf nicht in den Weg

Özdemir lehnte es ab, den Mindestlohn noch einmal gesetzlich zu erhöhen und warnte vor einem „politischen Überbietungswettbewerb“. Einer Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes im EU-Recht werde sich der Ressortchef nicht in den Weg stellen. Schon jetzt müsse die Möglichkeit bestehen, den Wolf bei konkreten Problemen auch abschießen zu können.

Cem Özdemir auf dem Bauerntag
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf dem Deutschen Bauerntag in Cottbus. (c) Heike Mildner

Der Minister verteidigte das Agrarpaket der Koalition, auch wenn es die Erwartungen im Berufsstand nur teilweise erfülle. Mit der Wiedereinführung der Gewinnglättung bei der Einkommensteuer rückwirkend ab 2023 bis 2028 werde es den Betrieben ermöglicht, besser mit stark schwankenden Einkommen zurechtzukommen. Die geplanten Änderungen im Agrarorganisationen- und Lieferkettengesetz (AgrarOLKG) würden die Stellung der Erzeuger in der Wertschöpfungskette stärken, beispielsweise indem Umgehungstatbestände für geltende Regelungen geschlossen würden.

Bauerntag: Minister verteidigt das Agrarpaket

Der Minister zeigte sich bereit, dauerhaft auf die verpflichtende Stilllegung von Ackerflächen zu verzichten. Voraussetzung sei aber, dass es im Gegenzug Maßnahmen zur Stärkung der Biodiversität gebe. Mit der geplanten Schaffung einer neuen Öko-Regelung für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung gehe man einen Schritt in diese Richtung. 

Özdemirs Rede konnte die Delegierten trotzdem nicht überzeugen. Nur vereinzelt spendeten sie Applaus, viele Äußerungen quittierten sie mit Kopfschütteln und immer wieder erklang die Vuvuzela. (mit Age)

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