Projekt

Beetle Banks: Den Käfern gefällt’s, der Amtsschimmel scheut

So präsentierte sich eine der beiden Beetle Banks vom Gut Zernikow Mitte Juni. (c) Erik Pilgermann
Ackerbau
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Im Grunde sind sich alle einig. Insekten sind wichtig und brauchen unseren Schutz. Neben Gesetzen sind vor allem Initiativen wie die Beetle Banks nötig. Doch die Umsetzung braucht Zeit und noch mehr Geduld.

Von Erik Pilgermann

Das Prinzip beruht auf Gegenseitigkeit. Wir brauchen die Hilfe der Insekten so wie sie unsere Unterstützung benötigen. Viele gute Ideen zum Schutz der Insekten entstehen aus der Mitte der Menschen heraus, die auf und mit dem Land leben. Über eines davon, die Beetle Banks von Gut Zernikow in der Uckermark, berichteten wir zum ersten Mal im Juni des vergangenen Jahres (Bauernzeitung 24/2020, S. 20–22). Damals sprachen wir mit Landwirt Axel Schulze über die Idee, die Umsetzung in der Fläche, die wissenschaftliche Begleitung und seine Erfahrungen mit den amtlichen Diensten.

Inzwischen liegen die ersten belastbaren Ergebnisse zu Arten und Zusammensetzungen von Insekten in den Beetle Banks vor. Der Bericht kommt zu interessanten Einsichten. „Der Nutzen für die Fauna innerhalb einer Ackerfläche ist enorm. Die Akteure im ländlichen Raum leisten oftmals einen größeren Beitrag für den Naturerhalt und die -entwicklung, als der Öffentlichkeit bekannt ist“, so Rudolf Hammerschmidt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg, zu den aktuellen Untersuchungsergebnissen auf Gut Zernikow.

Axel Schulze ist Landwirt und  Vorstandsmitglied der  Familienbetriebe  Land und Forst e. V.  Brandenburg.
Axel Schulze ist Landwirt und Vorstandsmitglied der Familienbetriebe Land und Forst e. V. Brandenburg. (c) Erik Pilgermann

wallartige Blüh- und Grünstreifen zwischen den Schlägen

Bei den Beetle Banks handelt es sich um wallartige Blüh- und Grünstreifen, die mitten in den Schlägen angelegt werden. Sie bilden in erster Linie Lebens- und Rückzugsräume für Insekten. In zweiter Linie profitiert auch das Niederwild, denn junge Rebhühner und Fasane sind in ihrer Entwicklung auf tierisches Eiweiß, die Insekten, angewiesen.

Das von der Game Conservancy Deutschland unterstützte Pilotprojekt konnte durch die Eigeninitiative von Axel Schulze, Vorstandsmitglied der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg, spannende Erfahrungen sammeln. Auf dem Gut Zernikow in der Uckermark sind durch die Betreiberfamilie Schulze je zwei 800 bis 1.000 m lange Insektenwälle mit flankierenden Blühstreifen angelegt worden.

Der Autor des Berichtes, Dr. Michael Glemnitz, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf), begann im Frühjahr 2020 damit, die Besiedlung der Beetle Banks durch die Insekten zu erforschen und zu dokumentieren. Die Forschungsergebnisse des Zalf bestätigen: Die so harmlos aussehenden Insektenwälle sind wahre Arten(ver)vielf(ä)ltiger. Für den Autor des Berichtes steht fest: „Die insgesamt hohen Fangzahlen der einzelnen Fallen weisen auf die große Bedeutung des Bodens als Insektenlebensraum hin und auf die große Bedeutung der Aufwertung von Agrarlandschaften mit Überwinterungs-/Reproduktionslebensräumen.“

weiträumige Mosaike von Ganzjahresbiotopen notwendig

Die Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg setzen sich auch weiterhin dafür ein, dass die momentane Regelung der Ausgleichsflächen um ein System ergänzt wird, das Naturnutzung und Naturerhalt auf einer Fläche zusammenfügt. „Für uns ist dabei wichtig, dass bestimmte Leistungen, die der Allgemeinheit dienen, auch von der Gesellschaft anerkannt werden“, so Axel Schulze.
Denn klar ist: Punktuelle Maßnahmen einzelner Freiwilliger führen nicht zu dem Ziel, die Artenvielfalt insgesamt zu erhalten. Es müssen endlich weiträumige Mosaike von Ganzjahresbiotopen in die Landschaft eingebracht werden. „Dies gelinge nur, wenn das Projekt endlich förderfähig wird“, so Hammerschmidt abschließend.

Beetle Bank
(c) Erik Pilgermann

Nach einem bewegten Jahr ist es Zeit für einen Zwischenstand. Dazu haben wir mit Axel Schulze vom Gut Zernikow gesprochen:
Herr Schulze, vor ziemlich genau einem Jahr waren wir schon einmal hier und haben über Ihre Initiative zu den Beetle Banks berichtet. Es gab seinerzeit Spannendes zu berichten. Es wurde aber auch deutlich, dass es trotz aller positiver Effekte viele Unwägbarkeiten gab. Wie ist es den Beetle Banks in der Zwischenzeit ergangen? Konnten Sie weiter Fortschritte erzielen oder wenigstens ein paar Unwägbarkeiten ausräumen?
Leider kann ich darüber berichten, dass ich die Beetle Banks nach wie vor nicht in den Agrarförderantrag einfügen kann. Es gab zwei Gespräche im Ministerium für Landwirtschaft in Potsdam, dort wurde mir aber klar gemacht, dass es keinen Nutzungscode für eine Beetle Bank gibt und es daher keine Möglichkeit gibt.

Die Gespräche haben aber auch eine positive Reaktion ausgelöst und es ist seitens des Ministeriums erkanntworden, das die Beetle Banks eine tolle Möglichkeit des Insektenschutz darstellt. Ich bin mir sehr sicher, dass ab der nächsten GAP-Reform Beetle Banks gefördert werden. Gespräche mit mehreren Bundestagsabgeordneten und dem Parlamentarischen Staatssekretär Uwe Feiler (CDU Bundestagsfraktion) bestätigen meine Einschätzung.

Initiativen wie die Ihre zeigen, dass sich Landwirte sehr wohl verantwortungsvoll um ihre Flächen, ihre Umwelt und die Natur kümmern. Warum wird das seitens der Ämter nicht entsprechend anerkannt und unterstützt?
Immer mehr Landwirte betreiben tolle Projekte und sind sich ihrer Verantwortung bewusst! Gänzlich neue Projekte können aber nicht so einfach in unseren derzeitigen Förderreglungen untergebracht werden. Da sind den Ämtern leider die Hände aufgrund von sehr restriktiven Vorgaben der EU gebunden. Sie haben da wohl keinen Spielraum.

Die zuständigen Mitarbeiter haben diese Situation nicht zu verantworten. Der Fehler im System liegt hierbei eher in Brüssel. Es ist völlig kontraproduktiv, alles bis aufs Kleinste vorschreiben zu wollen. Damit blockiert man völlig die Kreativität und zukünftige Entwicklungen. Die zuständigen Mitarbeiter hätten gerne mehr Spielraum, dies habe ich in allen Gesprächen so erfahren können.

Sie haben sich von Anfang an wissenschaftliche Unterstützung geholt. Gibt es inzwischen Erkenntnisse zu den Effekten der Beetle Banks auf die Insektenpopulation?
Ja, das Zalf hat im letzten Jahr erste Untersuchungen durchgeführt. Ich hatte gehofft, dass wir auf den Beetle Banks die vorhanden Arten und die Menge an Insekten bestimmen können. Diese Untersuchungen sind leider sehr aufwendig und teuer. Leider gibt es derzeit noch keine ausreichende Finanzierungsmöglichkeit. Über die Familienbetriebe Land und Forst und das Zalf versuchen wir, an Fördertöpfe zu gelangen.

Die ersten Untersuchungen haben aber ergeben, dass sich die Anzahl der Laufkäfer um ein Vielfaches erhöht. Herr Dr. Glemnitz ist sehr begeistert von diesen positiven Ergebnissen und forscht deshalb weiter. Sehr glücklich bin ich über eine weitere Untersuchung des Zalf‘s. Frau Preissel-Reckling möchte den Einfluss der Beetle Banks auf Blattläuse untersuchen. Ich bin dem Zalf sehr dankbar für seine geleistete Arbeit. Wir brauchen wissenschaftliche Erkenntnisse, um beurteilen zu können wie sinnvoll Maßnahmen sind. Ideologische Ansätze bringen uns nicht weiter.

Das eine sind die Insekten, das andere ist die Bevölkerung. Sie versuchen auch hier neue Wege zu beschreiten, indem Sie Patenschaften für die Beetle Banks anbieten. Wie wird Ihre Initiative von Ihren Mitmenschen aufgenommen?
Wir standen vor dem Problem, dass wir für die Beetle Banks keine Förderung bekommen. Innerhalb der Familie haben wir viel diskutiert, ob wir nicht auch andere Einkommensquellen dafür erschließen können. Es entstand die Floridus GbR. Dort wollen wir Bürgern die Möglichkeit geben, sich aktiv in den Natur- und Insektenschutz einzubringen.

Wir haben deshalb noch eine Streuobstwiese und mehrere Blühflächen angelegt. Auf www.naturpatenschaften-floridus.de können die Interessenten bei uns eine Patenschaft erwerben. Die Resonanz ist noch sehr verhalten und eine Vermarktung war durch die Coronasituation auch sehr schwierig. Wir wollen aber fünf Jahre durchhalten und dann abschließend eine Bewertung vornehmen, ob wir das Projekt weiterführen. Grundsätzlich ist das Marketing unser Hauptproblem. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, unsere Blühflächen auch über die neue Plattform Vielfeld zu vermarkten. Dieses Start-up möchte genau diese Arbeit für uns leisten. Gemeinsam hoffen wir auf einen Erfolg.

Ein regelmäßiger Austausch zum  Fortgang des Projektes ist Axel  Schulz (l.) und Rudolf Hammerschmidt wichtig
Ein regelmäßiger Austausch zum Fortgang des Projektes ist Axel Schulze (l.) und Rudolf Hammerschmidt wichtig. (c) Erik Pilgermann

Der Theorie nach sollten die Beetle Banks mindestens fünf Jahre unberührt bleiben. Wie sind Ihre praktischen Erfahrungen? Kann man die Streifen gänzlich in Ruhe lassen oder sollte man sie besser pflegen?
Wir können feststellen, dass, nachdem die Beetle Banks nun im dritten Jahr vorhanden sind, sich die Anzahl der blühenden Pflanzen auf den beidseitigen Blühstreifen stark verringert hat. Leider breitet sich dort jetzt die Trespe stark aus.

Bisher können wir aber noch keine Ausbreitung der Trespe innerhalb der Ackerkulturen feststellen. Dies könnte sich aber ändern. Wir überlegen jetzt, ob wir die Blühstreifen im nächsten Jahr erneuern. Das Knaulgras, das auf dem Damm ausgesät wurde, entwickelt sich sehr gut und ist völlig unproblematisch.

Ob die fehlenden Blühpflanzen negativ für den entstandenen Lebensraum sind, kann ich nicht beurteilen. Ich glaube aber eher nicht und denke, dass sich vielleicht die Insektenarten ändern könnten. Säugetiere und Vögel sollten damit kein Problem haben.

Wenn sich Berufskollegen für Beetle Banks interessieren und selbst damit anfangen wollen, worauf sollten sie Ihrer Meinung nach achten?
Das Anlegen ist für einen Landwirt technisch kein Problem. Er sollte aber darauf achten, als erstes entsprechendes Saatgut zu bestellen, damit er sofort nach dem Pflügen säen kann. Es gibt häufig sehr lange Lieferzeiten. Natürlich ist die Lage innerhalb eines Schlages auch von großer Bedeutung, da die Beetle Banks die Bearbeitungen stören. Diesen Mehraufwand sollte man auf jeden Fall so gering wie möglich halten.

Das Problem der fehlenden Förderung bleibt derzeit auch noch bestehen. Eines ist aber klar, es ist für unser Ansehen und für unser Image ein großer Gewinn, sich in Sachen Natur- und Insektenschutz zu beteiligen. Beetle Banks eignen sich dafür hervorragend.

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