Stundenlohn von 67 Cent: Biowurzeln ziehen aus Leidenschaft

Bauern aus Leidenschaft: Daniel Riesener und Daniel Götze haben ein Faible für Biogemüse und große Landmaschinen. © Silvia Passow

Auf ihrem 16-Hektar-Hof „Bio-Alpakaland“ bauen Daniel Riesener und Daniel Götze nach Biostandards Rote Bete, Möhren und Pastinaken an. Sie arbeiten nach eigenen Angaben für einen Stundenlohn von 67 Cent.

Von Silvia Passow

Schon schwierig, wenn man für seinen Hof einen eingängigen Namen gefunden hat, und dann ändert sich die tierische Belegschaft. Als Daniel Riesener und Daniel Götze 2015 ihren Hof „Bio-Alpakaland“ gründeten, gehörten Alpakas zum Betrieb. Grundlage waren 16 ha Acker- und Grünland und die Idee, Wurzelgemüse nach Biostandards anzubauen. Salate, Kohl, Tomaten und Gurken gehören zum Programm der Biogärtnerei Watzkendorf von Sabine Kabath, wenige Kilometer hinter der brandenburgischen Landesgrenze.

Mit ihrem Wurzelgemüse wollten Riesener und Götze das Angebot der Biogärtnerin aus dem benachbarten Mecklenburg-Vorpommern ergänzen. Ein langer Blick in Alpakaaugen ist so entspannend wie ein freier Tag – für die zwei jungen Unternehmer genau die richtige Kraftquelle. Doch es gab ein Problem: Die Tiere des „Bio-Alpakalands“ wurden immer wieder krank, mehrere Tierärzte konnten nicht helfen, Riesener und Götze gaben schweren Herzens die Alpakas ab. An ihrer Stelle beleben jetzt drei Esel den Hof, der Betriebsname blieb.

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Faible für Landtechnik

Wer Riesener und Götze auf ihrem Hof besuchen möchte, muss weit raus: Wilhelmshayn liegt etwa 15 Autominuten von Prenzlau entfernt. Auf dem Hof steht eine alte Scheune, gleich dahinter liegen die Felder, und auf dem Gelände verteilt steht das, wofür sich die beiden Junglandwirte ebenfalls begeistern: 30 landwirtschaftliche Geräte, darunter einige Unikate.

Riesener zeigt ein vierrädriges Gerät mit zwei schmalen Liegen unter einem Verdeck. Damit lasse sich auf dem Bauch liegend Unkraut ziehen. Ein Radio ist gleich mit verbaut, damit die Arbeit nicht langweilig wird. Ohne die maschinelle Unterstützung brauche es 500 Stunden Arbeitszeit, um einen Hektar Möhren unkrautfrei zu halten, sagt Riesener. Dafür gebe der Hektar am Ende cirka 1,8 Millionen Möhren. Chemische Unkrautbekämpfung ist in der Biogemüseproduktion tabu. Andere Lösungen müssen her, und der Austausch darüber ist den Gemüsebauern enorm wichtig. „Auch wir müssen unsere Erträge steigern“, sagt Riesener.

EIP-Projekt mündet in Gründung einer GmbH
Die FBB Frisches Biogemüse Brandenburg GmbH ist ein Ergebnis des EIP-Projektes „Regionales Bio-Gemüse aus Brandenburg“, das die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und 22 Akteuren aus Landwirtschaft, Betrieben und Verbänden von 2018 bis 2022 entwickelte.
Das Ziel: die nachhaltige und rentable Biogemüseproduktion in Brandenburg auf- und auszubauen.
Mehr Infos gibt es HIER

„Möhrenguru“ als Mentor

Dabei helfe der kollegiale Austausch. Viel gelernt hätten sie von ihrem Mentor, dem „Möhrenguru“ Reinhard Bade aus Niedersachsen. 30 Jahre hat der Landwirt im Ruhestand Biomöhren angebaut. Die Bereitschaft hinzuhören und Empfehlungen umzusetzen, habe sie in ihrer Arbeit vorangebracht, so Riesener. Netzwerken gehört für die beiden Gemüsebauern, die auch selbst zu Ackertagen und Landmaschinenvorführungen einladen, dazu. Netzwerken vereinfacht auch den Vertrieb ihrer Produkte.

Die Möhren, Rote Bete und Pastinaken aus der Uckermark bedienen den Appetit der Hauptstädter. In der Metropolregion gibt es reichlich Konsumenten für frisches Biogemüse „made in Uckermark“. Es fehle noch immer an Erzeugerbetrieben, jene die es gibt, stehen vor der Frage nach Lager- und Aufbereitungsmöglichkeiten sowie einer koordinierten Vermarktung, wird auf einer „Wertschöpfungstour“ mit Journalisten, organisiert vom Brandenburgischen Agrarministerium, deutlich.

Die Ernte von Pastinaken mit spezieller Landtechnik im „Bio-Alpakaland“ in der Uckermark. © Silvia Passow

Riesener: „Leidenschaft! Wir sind Bauern aus Leidenschaft“

Diese Lücke will die FBB Frisches Biogemüse Brandenburg GmbH schließen. Erzeugerbetriebe und Verarbeiter sind Gesellschafter in der FBB. Bei Geschäftsführer und Mitgesellschafter Klaus Bauer und seinem Verarbeitungsunternehmen Havita wird das frische Gemüse verarbeitet, über den Großhändler Terra Naturkost gelangt es in die Filialen der Biosupermarktkette Bio-Company. Auch Riesener und Götze vermarkten ihr Gemüse über die FBB. „Die Geschäfte laufen, wir sind zufrieden“, sagt Riesener.

Hitze und Trockenheit machen allerdings auch den beiden Landwirten vom „Bio-Alpakaland“ zu schaffen. Und der Mindestlohn, „den wir grundsätzlich begrüßen“, wie Riesener sagt. Drei Saisonkräfte arbeiten im Betrieb. Sie als Geschäftsführer kämen, das hätten sie ausgerechnet, auf einen Stundenlohn von 67 Cent. Urlaub kenne er auch mehr vom Hörensagen, so Riesener. Warum man sich das antut? Riesener zögert keinen Moment: „Leidenschaft! Wir sind Bauern aus Leidenschaft“, sagt er. Seine größte Sorge momentan sei die Frage der Stabilität bei der Stromversorgung. „Ich hoffe, dass bei Engpässen in der Versorgung nicht die ländlichen Regionen als erste abgeschaltet werden.“

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„Bio-Alpakaland“: Sorge um stabilen Strom

Von dieser Sorge berichtet Riesener auch Agrarminister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen), der mit den Journalisten auf „Wertschöpfungstour“ durchs Land fährt und sich selbst ein Bild über Beispiele regionaler Wertschöpfung macht. Für den Ausbau und die Förderung regionaler Wertschöpfung – also der klimaschonenden Erzeugung, Verarbeitung und des Vertriebs von Erzeugnissen in der Region Brandenburg-Berlin – stellt das Agrar- und Klimaschutzministerium im ersten Schritt 1,9 Mio. € bereit.

Ab 2023 sollen in der neuen EU-Förderperiode 2,5 Mio. € dazukommen, um die Verfügbarkeit, Verarbeitung und Vermarktung Brandenburger Lebensmittel, aber auch von Produkten aus Hanf, Holz oder moorschonender Landwirtschaft zu verbessern. 16 Anträge auf Förderung seien eingegangen, sie sei um rund das Doppelte überzeichnet, berichtet Vogel den Journalisten. Regionalität steigere die Wertschöpfung in Brandenburg nach Berlin hinein und unterstütze die heimischen Produzenten, ist Vogel überzeugt. Laut Agrarministerium gibt es in Brandenburg 260 Gemüseanbaubetriebe, 108 arbeiten ökologisch oder teilökologisch.