Einen weiteren Seuchenbefund meldet der von Afrikanischer Schweinepest (ASP) brandenburgische Landkreis Märkisch-Oderland. Wieder handelt es sich um einen Kleinstbestand in der bisherigen Sperrzone.

Am Sonnabendnachmittag meldete das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest bei Hausschweinen in einem weiteren Kleinstbetrieb im Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg. Das Nationale Referenzlabor – das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) – hat die Tierseuche in entsprechenden Proben nachgewiesen. Der Betrieb befindet sich in der bisherigen Sperrzone, die aufgrund der Ausbrüche der ASP bei Wildschweinen eingerichtet war. Derzeit laufen nach Angaben des Ministeriums die epidemiologischen Untersuchungen nach der Eintragsursache. Dabei werden die örtlichen Behörden vom bundeseigenen FLI unterstützt. 

Erste ASP-Fälle zwei Tage zuvor bestätigt

In einem Nutztierbestand mit 200 Tieren (Spree-Neiße) und einer Kleinsthaltung mit zwei Schweinen (Märkisch Oderland) waren am Donnerstag die Afrikanische Schweinepest (ASP) bestätigt worden. Damit drang die Tierseuche erstmals in Deutschland in die Nutztierbestände ein. Am Donnerstagabend hatte das nationale Referenzlabor beim Friedrich-Löffler-Institut (FLI) den Verdacht auf ASP bestätigt.

Laut dem FLI handle es sich im Landkreis Spree-Neiße um einen Sauenzuchtbetrieb mit 80 Sauen und 120 Ferkeln im Ort Preschen sowie um eine Kleinsthaltung im Letschiner Ortsteil Kienitz (Märkisch Oderland). Die beiden Betriebe unweit der polnischen Grenze liegen ca. 130 km Luftlinie voneinander entfernt.

Tötung der Bestände angeordnet

Wie das Verbraucherschutzministerium in Potsdam in der Nacht mitteilte, wurden beide Bestände durch die zuständigen Veterinärämter gesperrt. In dem Betrieb im Landkreis Spree-Neiße wurde demnach das Virus bei einem verendeten Tier im Rahmen des ASP-Monitorings nachgewiesen. Auf Anordnung des zuständigen Veterinäramtes erfolgt nun die Tötung der 200 Tiere des Bestandes. Bei dem Fall im Landkreis Märkisch Oderland handele es sich um eine Kleinsthaltung mit zwei Tieren.


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Suche nach Eintrag der ASP

Wichtig sei nun, so Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher, „dass wir zügig die Ursache für den Eintrag in die Schweinebestände finden, damit wir wissen, welchen Weg das Virus genommen hat“. Die dafür notwendigen Ermittlungen seien eingeleitet. Die Behörden vor Ort würden durch die Task Force des Landes Brandenburg und Spezialisten des FLI unterstützt.


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Biosicherheit gegen ASP streng einhalten

Dass man nun auch die ersten Fälle in Hausschweinbeständen habe, sei nicht völlig auszuschließen gewesen: „An alle schweinehaltenden Betriebe möchte ich deshalb appellieren, die strengen Biosicherheitsmaßnahmen strikt weiter einzuhalten, gerade auch in Kleinstbetrieben, um weitere Ausbrüche in Hausschweinehaltungen zu verhindern“, so Nonnemacher. Seit fast einem Jahr erlebt vor allem Brandenburg einen enormen Seuchendruck aus Polen. An Oder und Neiße stehen mittlerweile feste Zäune. In sechs Kerngebieten in Brandenburg fand mit bislang 1.267 mit ASP infizierte Wildschweine.

Funke ASP Brandenburg, Schweine Freilandhaltung
Johannes Funke (c) privat

Kritik an Freilandhaltung

In ersten Reaktionen gibt es erneut Kritik am bisherigen Krisenmanagement. Zugleich taucht die Frage auf, warum trotz der seit Monaten zunehmenden Gefahren weiterhin Hausschweine im Freiland gehalten werden. Die Agrarministerinnen und -minister der Grünen hatten sich erst auf der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) ausdrücklich dafür ausgesprochen, Freilandhaltung trotz ASP möglich zu machen. Dazu gehörte auch Brandenburg.

„Ich bin ausgesprochen verärgert darüber, dass es angesichts der aktuellen Bedrohungslage immer noch Akteure in der Landespolitik gibt, die eine Freilandhaltung von Schweinen in Seuchenzeiten für praktikabel halten“, erklärte dazu nun Johannes Funke, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Havelland. „Jetzt heißt es wegfahren oder einstallen.“ Nur mit Elektrodrähten werde niemand eine Seuche aufhalten. „Dass sich die Schweinehaltung insgesamt an gesellschaftliche Anforderungen anpassen muss, steht für mich außer Frage“, so der SPD-Landtagsabgeordnete. Letztlich müsse jede Art von Tierhaltung den Bauern aber auch eine Einkommensperspektive bieten.

Bauernverband fordert Strategiewechsel

Als „hochproblematisch“ empfindet der Landesbauernverband (LBV) die aus seiner Sicht unzureichende Informationspolitik der zuständigen Verbraucherschutzministerin. „Es ist höchst befremdlich, wenn in einer solchen Krisenlage mit der Presse, nicht aber mit den Betroffenen gesprochen wird“, erklärte LBV-Präsident Henrik Wendorff am Freitag. „Heute Morgen haben wir aus der Presse erfahren, dass das eingetreten ist, was wir unbedingt vermeiden wollten.“

Hendrik Wendorff (c) Sabine Rübensaat

Die Einschleppung der ASP in den Hausschweinebestand stellt für den LBV eine neue Qualität dar, die nicht nur die Brandenburger Schweinehalter ab sofort vor enorme Probleme stellen werde. Der Fall zeige, dass Bio-Haltungen und private Kleinsthaltungen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, heißt es in der Pressemitteilung des Verbandes. Er erneuerte seine Forderung nach einem Strategiewechsel in der Seuchenbekämpfung. Dabei sollte der Berufsstand „direkt und kontinuierlich“ einbezogen werden. Bislang seien die Maßnahmen, die als zielführend erkannt wurden, nicht schnell, konsequent und koordiniert genug umgesetzt worden.

Der LBV appelliert außerdem an alle Brandenburger Schweinehalter, die bekannten Biosicherheitsmaßnahmen strikt einzuhalten und ständig zu kontrollieren. „Die weitere Ausbreitung der ASP in den Wild- und Hausschweinebeständen muss unbedingt vermieden werden“, so Präsident Wendorff.  



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Jagdverband: Katastrophenfall ausrufen

Wellershoff Jagdverband Brandenburg ASP Seuche
Dr. Dirk-Henner Wellershoff (c) Erstling/LJV

Nach Ansicht des Landesjagdverbandes Brandenburg (LJV) erreicht die Seuche mit dem ersten Auftreten bei Hausschweinen „ganz neue Dimensionen“. Es zeige sich, dass die Entscheidungen in Potsdam zu spät und zu langsam getroffen wurden, sagte LJV-Präsident Dirk-Henner Wellershoff. „Der ASP-Krisenstab hat die Kontrolle verloren und läuft dem Seuchengeschehen abermals hinterher“, so Wellershoff weiter. Die bisher getroffenen Maßnahmen der Landesregierung hätten ihre Wirkung verfehlt. Brandenburg benötige einen konsequenten und landeseinheitlichen Weg bei der Seuchenbekämpfung. „Das wird nur mit einem Wechsel an der Ministeriumsspitze funktionieren“, ist der LJV-Präsident überzeugt.

Aus Sicht des Jagdverbandes muss über weitere geeignete Maßnahmen nachgedacht werden, um die Ausbreitung der ASP einzudämmen. Das Ausrufen eines nationalen Katastrophenfalls sei längst überfällig. Damit wären materielle und personelle Ressourcen wesentlich schneller in den betroffenen Gebieten verfügbar. Die Errichtung einer wildschweinsicheren Barriere innerhalb Brandenburgs entlang der Autobahnen A11, A10 und A13 gewinne immer mehr an Bedeutung, heißt es in einer Pressemitteilung des Verbandes.

Niedersachsen beauftragt Vorsorgegesellschaft

Das Land Niedersachsen hat eine ursprünglich für den Umgang mit den Folgen der Geflügelpest gegründete Vorsorgefirma mit der Bekämpfung der ASP beim Wildschwein beauftragt. Die Firma mit Sitz in Großenkneten wird damit zuständige Wildtierseuchen-Vorsorgegesellschaft des Landes. Sie soll die Landkreise unterstützen. Zu ihren Aufgaben gehört es, Vorhaltemaßnahmen einzurichten, angeordnete Bekämpfungsmaßnahmen im Auftrag der zuständigen Veterinärbehörde durchzuführen sowie Bekämpfungsmaßnahmen für den Fall des Ausbruches der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen im Land entwickeln.

Dass die Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung erfolgt, unmittelbar nachdem in Brandenburg ASP in Hausschweinbeständen auftrat, ist nach Angaben aus Hannover Zufall. Dass die Landesregierung damit aber Schlussfolgerungen aus dem Verlauf der Seuchenbekämpfung in Brandenburg zieht, liegt auf der Hand.

Verfügung braucht noch Zeit

Mit einer Tierseuchenallgemeinverfügung zum ASP-Fall in Kienitz wird wohl erst Mitte nächster Woche zu rechnen sein. Es gebe dazu viel Abstimmungsbedarf mit dem Land Brandenburg, informierte der Pressesprecher des Landkreises Märkisch-Oderland, Thomas Berend, am Freitagvormittag auf Anfrage der Bauernzeitung. Beispielsweise müssten die beteiligten Behörden zunächst einmal klären, ob das aufgrund von ASP-Fällen in der Wildschweinpopulation bestehende Kerngebiet erweitert oder ob ein separater Sperrbezirk ausgewiesen wird. Laut Berend liegt der betroffene Kleinstbestand an Hausschweinen im gefährdeten Gebiet. Nach ersten Erkenntnissen des Landkreises lebten die beiden erkrankten Tiere in einem Stall ohne Auslauf.

AfD sieht auch Sachsen-Anhalt schlecht gewappnet

Die ersten ASP-Seuchenfälle in deutschen Nutztierbeständen zeigten deutlich, wie sehr diese gefährliche Krankheit von Regierungsseite unterschätzt wurde, erklärte der Agrarsprecher der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Hannes Loth, gegenüber der Bauernzeitung. Er verwies dabei auf Beteuerungen des Magdeburger Landwirtschaftsministeriums, gut aufgestellt zu sein – so wie es auch vom Brandenburger Agrarressort zu hören gewesen sei. Loth dagegen sieht auch das Land Sachsen-Anhalt schlecht vorbereitet.

Erschwerend hinzu kommt für die Tierhalter hier aus seiner Sicht der Ausstieg aus der Kofinanzierung der Tierseuchenkasse bei den Tierkörperbeseitigungskosten. Somit werde die ASP in Sachsen-Anhalt mit voller Wucht auf die tierhaltenden Betriebe treffen. Der AfD-Agrarsprecher forderte das Magdeburger Landwirtschaftsressort auf, umgehend zu handeln und die Vorschläge des Landtages zur ASP-Prävention endlich umsetzen.

(zuletzt aktualisiert: 16/07/21, 12:52) red

Hinweis: Wir werden hier fortlaufend über die Entwicklung berichten.

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