Brandenburg will Anbau von Nutzhanf fördern
Bis in die 1950er-Jahre war in Brandenburg der Anbau von Nutzhanf zur Fasergewinnung und als Viehfutter üblich. Seit Änderung des Betäubungsmittelgesetzes 1996 ist das rein rechtlich wieder möglich, allerdings mit hohem bürokratischem Aufwand. Der Landtag hat am Mittwoch (28. April) beschlossen, den Nutzhanfanbau im Land zu fördern.
Der Beschlussantrag der Regierungsfraktionen wurde am Mittwochnachmittag vom Landtag mehrheitlich angenommen. Jetzt ist das Agrarministerium gefordert. Zunächst sollen mit den berufsständischen Fachverbänden und Forschungseinrichtungen wie dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie ATB die Potenziale hanfbasierter Wertschöpfungsketten (Dämmmaterialien, verspinnbare Zellstoffe wie Lyohemp) erkundet und Maßnahmen entwickelt werden.
Der nächste Schritt sind Förderprogramme (Forschung und Investitionen) zu Nutzhanfernte und -verarbeitung, zur Unterstützung von Wertschöpfungsketten und zur Förderung der länderübergreifenden Zusammenarbeit. Außerdem sollen sich bestehende Initiativen (Prignitz-Ruppin-Havelland und Lausitz) zu „Hanfclustern“ mausern.
Die Abgeordneten beschlossen zudem, das Ministerium möge gemeinsam mit den zuständigen Stellen für Gesundheit die aktuell gültigen THC-Grenzwerte bei der Zulassung von Saatgut neu bewerten und mit den Werten und Erfahrungen anderer europäischer Staaten vergleichen, um Wettbewerbsnachteile für die brandenburgische Hanfproduktion und -verarbeitung zu vermeiden. „Es ist eine Empfehlung zu erarbeiten, die aussagt, ob eine Kopplung des landwirtschaftlichen Nutzhanfanbaus an das Betäubungsmittelgesetz noch als zeitgemäß zu bewerten ist.“ Entsprechend solle sich das Land auf Bundesebene starkmachen.
bürokratische Hemmnisse auf bundesebene
„Hanf ist eine vielseitig einsetzbare Nutzpflanze, deren Anbau in Brandenburg auf vielen Standorten sehr gut möglich ist und sich gut in die Fruchtfolgen vieler Ackerbaubetriebe einfügen kann“, begründete Johannes Funke, agrarpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion die Initiative.
Allerdings seien die bürokratischen Hemmnisse vergleichsweise hoch: „Der Anbau von Nutzhanf ist seit 1996 zwar möglich. Durch die enge Bindung an das Betäubungsmittelgesetz ist der bürokratische Aufwand für Landwirte und Verarbeiter vergleichsweise hoch“, so Funke. Das Regelwerk rund um den Hanf habe sicherlich seinen tieferen Sinn, dennoch sollten wir uns heute fragen, ob die bestehenden Reglungen nicht zu scharf und noch auf der Höhe der Zeit sind.
Den Linken geht der Beschluss nicht weit genug. Sie möchten, dass sich Brandenburg gleich auf Bundesebene für eine Neufassung der rechtlichen Rahmenbedingungen einsetzt, ohne erst eine Empfehlung zu erarbeiten. Ihr Änderungsantrag wurde allerdings abgelehnt. Agrarminister Axel Vogel wies darauf hin, dass man sich diesbezüglich zuvor mit dem Gesundheitsministerium verständigen müsse.
Der Minister machte deutlich, dass der Hanfanbau in Brandenburg schon jetzt gefördert werde und begründete die Vorteile: „Die Hanfpflanze nutzt Wasser etwa sechsmal effizienter als Baumwolle und ist daher in Zeiten zunehmender Trockenheit von besonderem Interesse für die Brandenburger Landwirtschaft. Nutzhanf eignet sich für den Anbau unter Brandenburger Bedingungen, besitzt einen guten Vorfruchtwert und lässt sich in alle Fruchtfolgen integrieren. Darüber hinaus kommen stabile Bestände ohne chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel aus.“
Ausbaufähig: Kompetenznetzwerk Hanf
Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz fördert das „Kompetenznetzwerk Nutzhanf“, dessen Träger der Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land ist, mit 50.000 Euro über die Richtlinie zur Förderung der konzeptionellen Zusammenarbeit für eine markt- und standortangepasste Landbewirtschaftung. Das Projekt läuft bis Ende 2021 und konzentriert sich auf die Begleitung des Nutzhanfanbaus, die Vermarktung des Rohstoffs sowie die Wissensvermittlung. Die Bauernzeitung berichtete im vergangenen Jahr ausführlich über den Feldtag Nutzhanf (Bauernzeitung 2020/27, S. 32). Erst kürzlich ging es in einem Fachbeitrag um den Einsatz von Nutzhanf in der Pferdehaltung.
Noch stelle die Verarbeitung von Hanferzeugnissen eine Nische dar, doch mit der Hanffaser Uckermark eG gebe es bereits einen Pionier für die Herstellung von technischen Fasern und nachhaltigen Baustoffen aus regional erzeugtem Nutzhanf, erinnerte Vogel. Der Agrarausschuss hatte sich zuletzt im Januar 2021 in einem Fachgespräch über den Hanfanbau informiert. Dort beantworteten Wissenschaftler und Praktiker die Fragen der Abgeordneten. Zu Wort kamen Dr. Hans Gusovius (Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V.), Daniel Kruse (European Industrial Hemp Association), Jan Paki (Landschaftspflegeverband Prignitz-Ruppiner Land), Manuela Ludwig (bioformtex GmbH), Dr. Wilhelm Schäkel (Bio Ranch Zempow), Rafael Dulon (Hanf Farm GmbH) und Rainer Nowotny (Hanffaser Uckermark eG).
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