Agrarpolitische Forderungen 1995 c Sabine Rübensaat

Erster Landwirtschaftsminister in Brandenburg: Edwin Zimmermann ist tot

Der erste Landwirtschaftsminister im damals frisch gegründeten Bundesland Brandenburg ist am 1. Oktober in einem Cottbusser Pflegeheim gestorben. Edwin Zimmermann prägte die Agrarpolitik von 1990 bis 1997. Er war umstritten und hatte Verdienste. Wolfgang Herklotz, mehr als 30 Jahre Landesredakteur der Bauernzeitung, erinnert sich.

Von Wolfgang Herklotz

Ich kann mich noch gut an mein erstes Interview mit Edwin Zimmermann erinnern. Das war Mitte der 90er-Jahre und ich ein bisschen aufgeregt. Denn einen Minister zu befragen, gehörte bislang nicht zu meinen Aufgaben als Landesredakteur für Brandenburg bei der Bauernzeitung. Zumal ich nicht wusste, wie er reagieren würde, wenn ich gleich zu Beginn die „Kadaveraffäre“ anspreche. Die Opposition im Landtag hatte den SPD-Mann und Chef des Agrarressorts für die Errichtung überdimensionierter Tierkörperbeseitigungsanlagen im Land verantwortlich gemacht. Doch Zimmermann, der mich mit einem kräftigen, fast schmerzhaften Händedruck begrüßt hatte, blieb gelassen.  Er argumentierte damit, sich seinerzeit auf ein Gutachten des Bundes verlassen zu haben, wonach sich der Tierbestand in Brandenburg auf etwa 70 Prozent des Wertes vor der Wende einpegeln würde. Doch stattdessen sei dann ein Abbau in fast dieser Höhe erfolgt. Zweifellos hatte die Verwertung gefallener Tiere in den alten, maroden Anlagen im Land nicht mehr den neuen Anforderungen genügt. Aber hatte es hier vor einer solchen Investitionsentscheidung wirklich eine solide fachliche Beratung gegeben?  

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Edwin Zimmermann (c) Hans-Peter-Strauss

Ein Thema sorgt für Schlagzeilen

Meine nächste Frage beschäftigte sich mit einem weiteren Thema, das für Schlagzeilen gesorgt hatte: die Liquidation der Brandenburgischen Landgesellschaft (BLG). Diese hatte die Aufgabe, das Vorkaufsrecht von Flächen im Interesse der hiesigen Landwirtschaft zu sichern, war aber in finanzielle Schwierigkeiten geraten, der Konkurs drohte. Zimmermann räumte zwar sein Bedauern dafür ein, dass ein so ungeheuer wichtiges Instrument aufgegeben werden musste, wies aber eine politische Verantwortung für die Misere von sich. Keine Chance gehabt, die Sache noch zum Guten zu wenden? Der Mann vermittelte den Eindruck, wie ein Fels in der Brandung zu stehen und nur das Beste für die märkische Landwirtschaft zu wollen.  Aber gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht …

Das Aus nach sieben Jahren Amtszeit

Das traf dann leider auch auf die sogenannte Backofen-Affäre zu. Dass ausgerechnet in Zimmermanns Heimatdorf eine Schaubäckerei gefördert wurde, in der noch dazu Familienmitglieder eingebunden waren, warf viele Fragen auf, die der gelernte Schlosser und spätere Leiter eines Agrotechnischen Zentrums nicht überzeugend beantworten konnte. Und auch hier wieder die große Frage, ob der Minister gut beraten war oder sich eher resistent dafür gezeigt hatte. Die Diskussion spitzte sich zu, das Trommelfeuer der Opposition wurde immer heftiger und die Potsdamer Regierung geriet in Zugzwang. Zimmermann musste nach siebenjähriger Amtszeit Ende 1997 schließlich den Sessel räumen. Eine Schmach für ihn, dass ausgerechnet ihm das widerfahren musste. Dabei hatte „Landesvater“ Stolpe ihn doch seinerzeit in den höchsten Tönen gelobt …

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Gespannpflügen auf der BraLa 1997, Edwin Zimmermann und unser Redakteur Fritz Fleege (r.). Im selben Jahr im Dezember musste Zimmermann zurücktreten. (c) Archiv Bauernzeitung

Ein Minister zum Anfassen

Wer heute nur Negativ-Schlagzeilen mit dem gescholtenen Mann in Verbindung bringt, tut ihm unrecht. Zimmermann war ein Minister zum Anfassen, der viel und gern bei den Landwirten war und auch hitzige Bauernversammlungen nicht scheute. Mit der ihm eigenen Energie und Beharrlichkeit machte er sich wie kaum ein anderer Agrarminister in den 90er-Jahren für ostdeutsche Interessen stark gemäß der Devise: Hannemann, geh Du voran! Sein Engagement hatte er im besagten Interview mit einem bemerkenswerten Satz begründet. Es ginge ihm darum, eine verhärtete Strukturpolitik in der Bundesrepublik aufzubrechen: „Wir kratzen nicht nur, wir hämmern daran!“

Brandenburger Landpartie, Grüne Woche und pro agro

So etwas lag ihm, und er zeigte sich zugleich erhaben über den Vorwurf, ein Vertreter nur der „roten Barone“, gemeint waren die Großbetriebe, zu sein.  Ihm ging es vor allem darum, dass die nach der Wende geschmähten brandenburgischen Produkte Platz in den Regalen der Handelsketten und damit den Weg zum Verbraucher finden. Es war Zimmermann, der die Brandenburger Landpartie initiierte und auch die Gründung des Marketingverbandes „pro agro“. Nicht zu vergessen, dass in seiner Amtszeit die Mark zum ersten Bundesland mit einer eigenen, attraktiv gestalteten Halle auf der Grünen Woche und damit zum Publikumsmagnet auf der größten Verbrauchermesse wurde.

Im Pflegeheim in Cottbus gestorben

Für die Landesregierung ist seitdem der traditionelle Rundgang am Brandenburgtag eine Art Heimspiel unterm Funkturm. Ich kann mich ebenfalls noch gut daran erinnern, wie Edwin Zimmermann und seine Amtskolleginnen und –kollegen dort inbrünstig die Landeshymne über den roten Adler mitsangen: die legendäre Regine Hildebrandt etwas schneller, Edwin Zimmermann etwas lauter als alle anderen. Wie jetzt erst bekannt wurde, ist er im Alter von 76 Jahren vor wenigen Wochen in einem Cottbuser Pflegeheim gestorben. Jenseits der Öffentlichkeit, doch nicht ganz vergessen.

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