Erste Bioeipackstelle Brandenburgs: Bioeier aus der Region
Gernot Engelmann hält seine Biolegehennen in mobilen Ställen. Deren Eier werden bald in der ersten Bioeipackstelle Brandenburgs sortiert.
Von Silvia Passow
Vor vier Jahren stellte Gernot Engelmann seinen Betrieb auf Biolandwirtschaft um. Seit April dieses Jahres hält er zudem 2.040 Hühner in Mobilställen, mehr als 6.000 sollen es sein, wenn wie geplant statt der zwei sechs Mobilställe stehen. Die Vermarktung kann nicht mehr nur regional erfolgen. Die Bioeier aus Wustermark im Landkreis Havelland sind schon jetzt in der „Märkischen Kiste“ und in der BioCompany in Spandau erhältlich. Demnächst sollen sie in der ersten Packstation für Bioeier in Brandenburg kundenfein gemacht werden. Sortiermaschine und Co. stehen schon bereit, Lasse Brandt, Geschäftsführer der Brandenburger Bio-Ei GmbH, wartet nur noch auf das Okay der Behörden.
Doch zurück zum Ursprung: Leise gurrt ein braunes Huhn, scharrt mit dem Lauf im Sand, schaut dabei zum Besucher herauf. Angst scheint es nicht zu kennen, neugierig, mit schief gelegtem Kopf, betrachtet es den Menschen. Nur einen Moment lang, dann stakst es weiter, die Wiese ist verlockender.
Wechselnde Flächen
Bei Landwirt Gernot Engelmann entscheidet das Huhn, wie die Tagesgestaltung aussieht, wo es hingeht, ob es im Gras picken, im Sand baden oder im Schatten dösen möchte. Im Frühjahr, die Geflügelpest war gerade auf dem Rückzug, legte der Brandenburger Landwirt mit seiner mobilen Hühnerhaltung los. Zwei Mobilställe auf Kufen mit Platz für jeweils 1.200 Hühner hatte Engelmann angeschafft und damit pro Stall 150.000 Euro investiert.
Morgens öffnen sich automatisch die Klappen und ermöglichen den Hühnern Auslauf. Alle drei bis vier Wochen werden die Ställe umgestellt, bekommen die Hühner frisches Grün unter die Füße. Das Umsetzen soll den Boden schonen, wenn sich auf diese Weise der Hühnerkot verteilt, erläutert Engelmann und fügt hinzu: „Ich habe die mobile Hühnerhaltung in Süddeutschland gesehen und mir gedacht, so etwas will ich nach Brandenburg holen.“
Die Brandenburger Bio-Ei GmbH ist angetreten, die Eier professionell zu vermarkten. Lasse Brandt ist Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft, die sich für die Erfassung, Sortierung und Vermarktung von Bioeiern aus Brandenburg engagiert. Dazu wurde im Wustermarker Ortsteil Hoppenrade in einem 300 m² großen, alten Stallgebäude die erste Bioeipackstelle Brandenburgs errichtet. Engelmann ist der erste Landwirt, der mit der Erzeugergemeinschaft seine Eier an den Kunden bringt.
Ziel des FÖL-Projekts Mobile Hühnerhaltung
Das Projekt unterstützt die umwelt- und artgerechte Haltung von Hühnern im Mobilstall. Die wenigen bereits bestehenden Betriebe in Brandenburg werden fachlich unterstützt und neue Betriebe motiviert, in eine mobile Hühnerhaltung einzusteigen. In einer Erzeugergemeinschaft werden folgende Aufgabenstellungen gebündelt:
■ Aufbau und Bereitstellung von Knowhow, wie diese Form der Hühnerhaltung optimal kalkuliert und organisiert werden kann
■ Verringerung der Kosten für Futtermittel, Abpackung, Vermarktung der Eier
■ Erschließung neuer Vermarktungswege auch außerhalb der bislang praktizierten Direktvermarktung
■ Unterstützung beim Einsatz von Zweinutzungshuhn-Rassen
■ Entwicklung eines aktiven Netzwerks von Marktakteuren für eine mobile Hühnerhaltung
Kontakt: Ronald Mikus r.mikus@foel.de, Tel. (030) 28 48 24 20
Bioeipackstelle Brandenburgs: weitere betriebe in den startlöchern
Laut Projektleiter Ronald Mikus von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) stehen drei weitere Betriebe in den Startlöchern, deren Förderanträge für die Anschaffung von Mobilställen gerade bearbeitet werden. Bevor es keinen positiven Bescheid gibt, kann nicht investiert werden.
Insgesamt gebe es in Brandenburg 22 Biobetriebe für Hühnereier mit durchschnittlich 20.000 Tieren, so Mikus. Den Bedarf an Eiern in der Metropolregion deckt das sicher nicht: 19,4 Milliarden Eier verbrauchen die Bundesdeutschen im Jahr. Das macht pro Kopf 236 Eier, zum Frühstück, im Kuchen oder in verarbeiteten Lebensmitteln.
In Deutschland sorgen rund 49 Millionen Legehennen für täglich frische Eier, 3,4 Millionen dieser Hennen leben in Brandenburg, der durchschnittliche Legehennenhalter hat 100.000 Tiere und mehr, so Mikus weiter. Für ihn und Michael Wimmer, Gründer und Geschäftsführer der FÖL, war das Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg, bei dem 2015/16 mehr als 100.000 Brandenburger für eine artgerechte Tierhaltung unterschrieben haben, die Initialzündung für die Gründung der Erzeugergemeinschaft.
Bioeipackstelle Brandenburg: 65 Cent pro Ei kalkuliert
Die Zusammenarbeit mit Engelmann liegt nahe: Der Landwirt hatte seinen Betrieb 1995 gegründet und bewirtschaftete ihn konventionell. Die wirtschaftliche Situation habe eine Veränderung erfordert, so Engelmann. 2017 stellte er seine Wublitz Rind GbR mit 200 Rindern, 330 ha Grünland und 100 ha Ackerlan auf Ökolandbau um. Im April kam die Hühnerhaltung dazu, zertifiziert über den Naturland-Verband.
Zusätzlich zu dem, was die Hühner sich selbst von der Wiese picken, bekommen sie Biofutter. Der Aufwand sei im Vergleich zur konventionellen Legehennenhaltung sechs- bis achtmal so groß, schätzt Engelmann. „Die Kosten pro Huhn liegen bei 120 –180 Euro. Das Ei wird am Ende im Verkaufspreis bei 65 Cent liegen.“ – „Regionale Wertschöpfungskette und der Kampf um den niedrigsten Preis schließen einander aus“, bekräftigt Michael Wimmer, der mit der FÖL das Projekt weiter vorantreibt, das noch bis Ende 2022 läuft.
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Rund anderthalb Jahre ist eine Legehenne im Dienst. Und dann? Wird sie zum Biosuppenhuhn? Engelmann zuckt die Schultern. Die Voraussetzungen stimmen, die Hühner haben Bioqualität. Und vielleicht wäre auch ein Markt da. Aber es mangelt an regionalen Schlachtkapazitäten. Für seine Bioeier-Kunden rund um Wustermark setzt Engelmann auf einen weiteren Vertriebsweg: Verkaufsautomaten. Der Zugang zum regionalen, „mobilen“ Biofrühstücksei ist also gesichert.