Landwirtschaft und Artenvielfalt

FRANZ-Projekt: Maßnahmen für den Naturschutz und Biodiversität in Brandenburg

Eine Überlegung wert: Den Grünlandertrag mit der Gülleausbringung anheizen oder langfristig Kennarten ansiedeln? © Sabine Rübensaat
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Die Bauernzeitung sprach mit Holger Pfeffer vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf), mit welchen Maßnahmen viel für die Biodiversität in Agrarlandschaften erreicht werden kann.

Das Gespräch führte Heike Mildner

Kaum ein Landwirt und keiner der Verbände hatte am 30. Januar 2024 Zeit, um sich bei der Tagung zum Naturschutz in Agrarlandschaften in Eberswalde sehen zu lassen. Holger Pfeffer findet das schade, vor allem, weil die Sicht der Landwirte für die Diskussion wichtig ist: „Sie diskutieren kontrovers, zeigen knallhart die Restriktionen auf und wollen genau wissen, was es bringt, wenn sie dies tun und anderes lassen.“ Auf der Tagung hat er über das F.R.A.N.Z.-Projekt gesprochen.

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FRANZ-Projekt Maßnahmen: Holger Pfeffer im Interview

Pfeffer ist Diplomagraringenieur, hat in Naumburg und an der Humboldt-Uni studiert und zwei- dreimal die Woche mit Landwirten zu tun. Am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (Zalf) ist er als Techniker angestellt, beim Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) als „Landschaftspflegemensch im weiteren Sinne“. Pfeffer hat die Praxis im Blick und verfolgt die Bemühungen zum Thema seit Jahrzehnten.

Holger-Pfeffer
Holger Pfeffer begleitet seit 1991 Projekte für mehr Artenvielfalt auf Agrarland, aktuell beim ZALF und für den DLV. © Heike Mildner

Sie betreuen im achten Jahr den Havellandhof Ribbeck im Rahmen des F.R.A.N.Z.–Projektes. Was sind bisher die wichtigsten Erkenntnisse?

Das Gespräch mit dem Landwirt ist ungemein wichtig. Schon in die Planung von Maßnahmen muss er intensivst mit eingebunden sein, wenn die Maßnahme erfolgreich sein soll. Und erfolgreich ist sie, wenn Menge, Qualität und Ergebnis im Hinblick auf den gewollten Effekt stimmen.

Deutlich wurde: Wir brauchen verdammt viel Fläche, um eine Wirkung zu erzielen und wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen: Blüh- und Altgrasstreifen, Extensiv-Getreide … Durch das zeitnahe Monitoring durch die Wissenschaftler wissen wir, welche Maßnahme an welcher Stellen erfolgreich ist. Und wir haben erfahren, wie wichtig Langfristigkeit ist und auch, was das alles kostet.

Klar ist: Mit der normalen GAP-Förderung kämen wir nicht so weit. Franz orientiert sich auf durchschnittlich leistungsstarke konventionelle, ackerbaulich geprägte Landwirtschaftsbetriebe. Alle wirtschaftlichen Einbußen durch Naturschutz müssen zumindest ausgeglichen, besser noch durch zusätzliche Zahlungen angereizt werden. Wir können diese Art von langfristigem Naturschutz nur mit Betrieben machen, die wirtschaftlich stabil und zufrieden sind.

Förderung für den Naturschutz: Blühende Maßnahmen

Wie ließe sich denn ohne große zusätzliche Förderung aus den aktuellen Förderungen am meisten für den Naturschutz im Betrieb herausholen?

Wir haben in Ribbeck beispielsweise die Brachen gezielt nach bestimmten Schwerpunkten verteilt. Man muss ja nicht einfach nur die schlechtesten Schläge für die Stilllegung anmelden, sondern könnte zum Beispiel eine Brache als Streifen quer über einen großen Ackerschlag legen – 24 oder 36 Meter breit – sowas bringt was! Und dann so lange wie möglich stehen lassen, mit „blühenden Maßnahmen“ kombinieren und die Brache als Rand- als Puffer streifen an den sensiblen Stellen verteilen.

Biodiversität anfeuern

Was nehmen Sie von der Tagung für Ihre Arbeit mit?

Ich nehme zwei Botschaften mit: Mit guten Maßnahmen kann man die Biodiversität wieder anfeuern. Unser Werkzeugkoffer ist gut gefüllt. Die andere Botschaft: Wenn man die großen Indikatoren betrachtet, die wesentlich mehr abdecken als die „Oasenprojekte“, die wir umsetzen, – zeigt sich, dass Flächenmaßnahmen wie Greening oder Ökolandbau das Ruder nicht mehr rumreißen. Ein paar grundlegende Dinge wie Naturschutz-Brachen etc. funktionieren, aber die Gesamtheit an Agrarvögeln und Ackerwildkräutern schwindet.

Landwirtschaft und Naturschutz als Herausforderung

Aber produzierende Landwirtschaft wird gebraucht …

Völlig klar. Es ist bloß die Frage, ob die Fläche für Naturschutz-Maßnahmen ausreicht. Außerdem ist die Intensität auf der Ackerfläche, auf der keine Maßnahmen stattfinden – etwa 85 Prozent – einfach zu hoch. Pflanzenschutzmittelreduktion (PSM) wäre ein Ansatz oder weitere Fruchtartendiversifizierung … Das wird‘s aber alleine auch nicht bringen in Brandenburg. Und das dritte, was mir immer auffällt: Wir haben viel zu große Schläge. Das ist so eine uniforme Landschaft. Im Randbereich kann ich noch was machen, aber auf den großen Schlägen geht zu viel Biodiversität verloren. Und das kriegen wir mit der Regelförderung nicht ansatzweise in den Griff.

Was mir immer sehr bewusst wird, wenn ich bei einem Oasenprojekt – zum Beispiel auf Grundlage von Ersatzmaßnahmen – auf den Feldern reine Naturschutzmaßnahmen umsetze, wenn also der Ertrag überhaupt keine Rolle spielt, liegt der bei ein oder zwei Tonnen Getreide. Das reicht nicht mal, um die Mähdrescherkosten zu decken.

Wenn ich fünf bis sieben Tonnen Getreide ernten will, sind das uniforme Bestände, die im April schon so hoch und dicht sind, dass nichts anderes mehr hochkommt. Bei optimalen Düngergaben schafft es keine Art mehr, keine Ackerwildkräuter, keine Insekten etc., selbst wenn ich PSM reduzieren würde, bleibt der dichte, rasch wachsende Bestand.

Darüber nachzudenken, dass man in Bereichen, die nicht rentabel zu bewirtschaften sind, Maßnahmen umsetzt und bezahlt bekommt … Dafür wäre Brandenburg mit seinen Böden und Niederschlagsverhältnissen prädestiniert.

Lichtnelke
Die Lichtnelke: eine der Kennarten zur Ökoregelung 5. © Sabine Rübensaat

Förderung auf den Ökolandbau

Wie würden Sie den Naturschutz agrarpolitisch angehen?

Gemeinwohl-Leistung wie Artenvielfalt, Strukturierung, Landschaftsbild etc. sollten stärker und planbarer honoriert, und die Honorierung besser verteilt werden. Brandenburg setzt seinen Schwerpunkt in der Förderung auf den Ökolandbau, auf Wiesen und Weiden. Damit können mehr als 50 Prozent des Grünlandes extensiv genutzt werden. Für den Ackerbau, der in Brandenburg zirka 78 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmacht, bleibt da nicht mehr viel übrig. Wie schätzen Sie das neue Kennartenprogramm ein?

Es ist ein Anfang, schafft eine Handlungsalternative: Wer da rein will, sollte jetzt überlegen, ob er demnächst seine 90 Kilo Stickstoff auf Grünland düngen will, ob er den vollen Ertrag braucht oder mit der Förderung auf lange Sicht besser fährt, wenn er auf das Kennartenprogramm setzt. Die Grasvegetation zu verändern, ist allerdings auch nicht so ganz ohne, und es gibt auch keine Handlungsanweisung, die besagt, wie ich mein kennartenarmes Grünland kennartenreich mache. Ich hoffe, dass wir das jetzt in den Betrieben beobachten können. Das hängt aber auch davon ab, ob wir die Ökoregelung 5 in der nächsten Förderperiode noch haben …

Video: FRANZ-Projekt

Das kleine YouTube-Video gibt Einblicke in das Projekt und informiert über die intensive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und naturschutzfachlicher Forschung.

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