Brandenburg: Ernte mit Bischof
Mähdrescher fahren und mit Landwirten ins Gespräch kommen: Dr. Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz war während der Ernte zu Gast bei Landesbauernpräsident Henrik Wendorff in Worin.
Es ist einer von diesen ganz heißen Tagen. Dazu Freitag, wenn „nach Eins jeder seins“ macht und die meisten Landwirte das Getreide schon im Trocknen haben – außer Henrik Wendorff. Der Landesbauernpräsident hat in Worin (Märkisch-Oderland) extra einen Schlag Hafer stehen lassen. Der soll an diesem 7. August mit landeskirchlichem Beistand geerntet werden: Dr. Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), hat die Einladung des Landesbauernverbandes (LBV) angenommen. Und natürlich geht es nicht nur um ein paar Runden auf dem Mähdrescher, sondern ums Begegnen, Verstehen und Sensibilisieren.
Und so stehen Freitagnachmittag neben Bischof Stäblein und Gastgeber Wendorff vier weitere Landwirte und Kirchen- und Medienvertreter zur Vorstellungsrunde auf dem Betriebshof der Agrarwirtschaftsgesellschaft Worin mbH (AGW). „Bei uns ist zuerst das Getreide reif, bei uns ist zuerst die Bodenbearbeitung fertig und bei uns ist zuerst das Wasser alle“, bringt Wendorff den landwirtschaftlichen Rahmen seines Betriebes und der Region auf den Punkt: 1991 gegründet, 2001 auf Ökolandbau umgestellt, 960 ha plus Mutterkuhhaltung.
Auch die anderen Landwirte stellen sich vor: Egbert Müller aus Hasenholz bei Buckow, Familienbetrieb mit 320 ha und Wildgehege, Reinhard Schulz aus Obersdorf, wo gerade die innerfamiliäre Hofnachfolge ansteht, Johannes Erz aus Rathsdorf, der mit seiner Frau auf Gemüse, Linsen und Direktvermarktung setzt, und Jörg Henschke von der Landwirtschaftsgesellschaft Diedersdorf mbH als Vertreter eines großen, konventionell arbeitenden Betriebes.
Ernte in Brandenburg: Bischof als „Hingucker“
Seit November 2019 ist Christian Stäblein Bischof (im Interview in der Bauernzeitung 40/2019, S. 52). Bischof heiße in einer modernen Übersetzung Hingucker, und er wolle in seinem ersten Jahr auf verschiedene Stellen der Lebenswirklichkeit schauen. Er spricht vom Bewahren der Schöpfung und der Abhängigkeit von ihr, von der Pandemie, und wie sie Versorgungsfragen und Landwirtschaft wieder ins Bewusstsein rückt. Dann guckt er hin und hört, was es zur modernen Landwirtschaft und dem, womit sie sich zur Zeit so herumschlägt, zu sagen gibt.
Henrik Wendorff hat eine kleine Landpartie vorbereitet. Die Gruppe nimmt auf Bänken auf einem traktorgezogenen Hänger Platz, los gehts. Erster Stopp noch auf dem Betriebsgelände: Im Lager ein Teil der Ernte 2020, 600 t Bio-Brotroggen, der dort erstmal eine Weile liegen wird: „Vor Weihnachten brauche ich nicht anrufen“, sagt Wendorff, erzählt von der Ernte, von nachbarschaftlicher Hilfe, von Besonderheiten des Dinkelanbaus.
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Vorbei geht es an der hofeigenen Getreidereinigung runter zum Fließ. Auf dem Hügel eine Mutterkuhherde. Der Angus-Bulle verfolgt wachsam und durchaus sprungbereit die fahrende Gesellschaft. Der Bischof erfährt von einer Kehrseite der sozialen Medien: Dass Tiere erschrecken, deren Reaktion filmen und den Film ins Netz stellen bei hirnverbrannten Zeitgenossen gerade „in“ ist, und dass sich Landwirt auch darum kümmern muss.
Hundert Meter weiter kümmert sich der Biber um Landschaftsumgestaltung. Abgestorbene Bäume, wegrutschende Dämme: Der Biber müsse dem Menschen auch noch ein paar Lebensräume zugestehen, kommentiert Wendorff lakonisch die Entwicklung.
Dann geht es – nebenbei eine kurze Lektion zu Untersaaten – zum reservierten Hafer. Eine Runde Beifahrer, dann darf der Bischof selbst ans Steuer. Eine Herausforderung, die ihm Spaß macht. Die Bilder sprechen für sich. Im Fahrerhaus und am Feldrand weitere Gespräche. Mit dabei Johannes Funke, für die SPD im Landtag und dort Sprecher der Fraktion für Agrarpolitik, ländliche Räume sowie Religion und Kirchen. Er hatte die Begegnung in Worin maßgeblich mit angeschoben und eröffnete auch die Gesprächsrunde im Anschluss an das bischöfliche Ernteabenteuer.
Neue „Handreichung zur Verpachtung“ ist raus
Die Gemeinden der EKBO sind, alle Flächen zusammengenommen, der größte private Landverpächter in Brandenburg. Für die Pachtverträge sind die Gemeindeältesten zuständig. Die druckfrische „Handreichung zur Verpachtung …“ – hier zum Download – wäre Grund und Grundlage, auch anderenorts mit den Kirchgemeinden ins Gespräch zu kommen. Es muss ja nicht immer gleich der Bischof mit an Bord sein.