Extrawurst in Selbelanger Hofladen
Vier Landwirte trainieren in ihrem Hofladen in Selbelang an der B5 den Spagat zwischen exklusiven Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs.
Von Silvia Passow
Die uneingeschränkten Stars im Märkischen Hofladen Selbelang beobachten von Fotos an den Wänden das Treiben vor und hinter der Ladentheke: Die Angusherde gehört Karsten Wolter. Der Landwirt aus dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin hält die bundesweit größte Angus-Rinderzucht. Seit Dezember verkauft er das Fleisch seiner Rinder im Märkischen Hofladen Selbelang im Havelland und ist einer der vier Gesellschafter des Projektes, das regionale Erzeugnisse an die Verbraucher bringen möchte.
Für den Traum vom Hofladen tat sich Wolter mit Johannes Zahnwetzer und Christian Waßmann zusammen. Sie betreiben landwirtschaftlichen Ackerbau in Selbelang. Ebenfalls dabei ist Sven Troschke, der Landwirt hat eine Pferdepension und hält Freilandgänse in Phöben bei Werder an der Havel. Zusammen können sie den Aufwand und die Finanzierung des Hofladens besser stemmen, sagt Troschke, der für unser Interview nach Selbelang gekommen ist. Mehr als 100.000 Euro haben die vier Landwirte in den Hofladen gesteckt. „Ohne Förderung, wir haben alles selbst finanziert“, sagt Troschke.
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Hofladen Selbelang: An der Lebensader
Selbelang ist ein eher unscheinbares Dorf und liegt an der Bundesstraße B5, der Lebensader im Havelland zwischen Berlin und Rathenow, gleich hinter Ribbeck. Mit dem Hofladen kommt Leben in den Ort. Endlich gibt es wieder einen Nahversorger, denn die nächsten Geschäfte in Nauen und Friesack sind rund zehn Kilometer entfernt und nur mit dem Auto erreichbar. Die vier Gesellschafter hoffen, dass ihr Hofladen aber auch Berliner anspricht und jene, die im Speckgürtel der Metropole leben und zudem auf gute, regional produzierte Lebensmittel setzen. Die qualitativ hochwertigen Waren aus der Region sind nicht zum Discounterpreis zu haben. Troschke weiß: „Unser Konzept steht und fällt mit der Kaufkraft der Menschen.“
Regionalität für Kunden entscheidend
Im Hofladen gibt es regionale Waren, wenn möglich in Bio-Qualität. Nach seiner Erfahrung sei den Kunden der regionale Aspekt wichtiger als ein Bio-Siegel und bei Tieren die Art und Weise der Haltung, so Troschke.
Die Rinder von Karsten Wolter werden bereits auf den Weiden im Naturpark Westhavelland geboren. Etwa 530 Tiere sind es derzeit, rund 260 Kälber werden erwartet. Die Duroc-Schweine, deren Fleisch im Märkischen Hofladen Selbelang verkauft wird, kommen aus einer Freilandhaltung bei Havelberg. Wenn die Tiere geschlachtet werden, holen die Landwirte sie ab. Kein großer Viehtransport mit fremden Tieren soll unnötigen Stress verursachen. „Wir begleiten die Tiere bis zum Schluss“, sagt Betriebsleiterin Mariana Lengauer. Geschlachtet werde in Perleberg, verarbeitet von Fleischer Rudi Schröder – exklusiv für den Märkischen Hofladen. Es sind seine Rezepturen, nach denen die Wurst zubereitet wird.
Doch der Mensch lebt nicht vom Fleisch allein. Und so gibt es auch Käse und Honig im Märkischen Hofladen. Marmeladen aus dem Spreewald, Obst, Gemüse, Milch und Eier und kommen vom Demeter-Hof Kuhhorst. Es gibt Nudeln, Würzmischungen, Öle und Essig – alles aus der Region, womit Troschke nicht Landesgrenzen, sondern einen Umkreis von 100 Kilometern meint.
Wechselndes Sortiment
Von Demeter-Bauern stammt auch das Getreide, mit dem die Bäckerei Vollkern aus Rohrlack in der Prignitz Brot, Brötchen und Kuchen bäckt, die im Hofladen verkauft werden. Dazu kommen Säfte aus der Mosterei Ketzür, und es gibt eine Auswahl an „geistreichen“ Getränken. Zu den Verkaufsschlagern gehört das in Tangermünde gebraute Bier, das in Dreiviertel-Liter-Flaschen verkauft wird.
Das Sortiment sei in einem Hofladen nicht immer vollständig, und es wechselt, so Troschke. Gerade laden gelbe, orange und tief lila Möhren zum Reinbeißen ein. Es gibt Kartoffeln, Äpfel, bunten Mangold. Das Angebot ist saisonabhängig. Troschkes Gänse werden erst zum Jahresende das Angebot erweitern. Und da der 36-Jährige auch als Jäger unterwegs ist, soll im Herbst auch Wild das Angebot des Hofladens erweitern. „Landwirte, die mit ihren hochwertigen Produkten das Sortiment erweitern möchten, sind uns willkommen“, betont er.
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Acht Mitarbeiter
Seit Dezember hat der Hofladen geöffnet. „Es gibt schon eine Reihe von Stammkunden“, erzählt Betriebsleiterin Mariana Lengauer. Die 41-jährige Berlinerin gehört zu den acht Mitarbeitern des Hofladens. Schon jetzt ist der Kundenkontakt sehr persönlich. Kunden schicken ihre Einkaufsliste per Textnachricht, und Lengauer und ihr Team packen alles zusammen, damit es auf dem Heimweg nur noch abgeholt und bezahlt werden muss. Eine betagte Dame aus der Nachbarschaft des Hofladens bekommt ihre Ware an die Tür geliefert. „Das ist selbstverständlich auf dem Dorf“, sind sich Troschke und Lengauer einig.
Sonderwünsche und foodtruck vor der ladentür
Für die Kundschaft erfüllt Lengauer schon mal Sonderwünsche wie Bio-Orangen. Die gibt es dann nicht aus der Region, aber immerhin in Bioqualität. Ohne Lengauer, sagt Troschke, würde der Laden nur halb so gut laufen. Früher plante sie Hochzeiten, doch in Pandemie-Zeiten wird weniger opulent geheiratet. Den Hofladen managt die passionierte Reiterin mit sichtbarer Freude und Leidenschaft. Diese Begeisterung versprüht auch Troschke. „Ja, wir machen das hier aus Überzeugung“, sagt er, „Bio, regional, nachhaltig, das zieht so seine Kreise.“
Und so sind auch die Verpackungen der Lebensmittel ein Thema für ihn. Das Fleisch wird in Plastik verschweißt. „Das lässt sich kaum ändern“, sagt er. Ansonsten gilt die Devise: Je weniger, desto besser. Draußen vor der Tür gibt es ein Angebot, das fast ohne Verpackung auskommt: Der Foodtruck bietet genussfertige Leckereien aus dem, was drinnen verkauft wird. Hier lässt sich schon mal kosten, was auch am heimischen Herd gebrutzelt werden könnte. Empfehlung von Sven Troschke: Unbedingt die Burger probieren!