Juli Zeh: Bestseller-Autorin bei Freien Bauern in Brandenburg
Sie hat Pferde, die Bauern das Heu. Die haben gefragt und sie ist zu ihrer Mitgliederversammlung gekommen: Bestseller-Autorin Juli Zeh sprach vor dem Brandenburger Bauernbund. Der wählte außerdem einen neuen Vorstand.
Über mangelnde Medienpräsenz zu ihrer Mitgliederversammlung am 12. Februar im Gasthof Schwanenkrug in Schönwalde-Glien kann sich der Bauernbund Brandenburg, Landesgruppe der Freien Bauern, nicht beklagen. Sogar der rbb war angerückt. Immerhin hatte Bestseller-Autorin Juli Zeh ihr Kommen zugesagt. Zuletzt hatte sie mit ihrem Kollegen Simon Urban im E-Mail-Roman „Zwischen Welten“ die Diskrepanz zwischen städtischer und ländlicher Weltsicht auf den Punkt gebracht und mit der Figur der Bäuerin Theresa Kallis den Landwirten eine literarische Stimme gegeben. Außerdem hatte sich Zeh anlässlich der Bauernproteste im vergangenen Jahr solidarisch mit den Landwirten gezeigt.
Daran knüpft Reinhard Jung, Geschäftsführer der Freien Bauern im Gespräch mit der Autorin an. Sechseinhalb Minuten sitzt sie schon auf der Bühne und hat noch keinen Ton gesagt. Jung liest vor, was Zeh den Bauern vor einem Jahr zu sagen hatte, und sie nimmt dafür Applaus entgegen. Als sie zu Wort kommt, ist sie gleich beim verbindlichen Du gegenüber dem Saal, bleibt aber bei ihrem Gegenüber auf der Bühne beim Sie. Wer das halbstündige Gespräch nachhören möchte, kann es auf YouTube.
Video: Juli Zeh im Gespräch mit Reinhard Jung bei den Freien Bauern
Bauern-Proteste waren positiv
Sie habe die Proteste als sehr, sehr positiv empfunden, sagt Zeh. Das Bewusstsein, dass Deutschland überhaupt eine vitale Landwirtschaft habe, sei in vielen Kreisen am Nullpunkt. Bauern würden im politischen Zusammenhang eher als renitente Störenfriede wahrgenommen. Es mangele an Wertschätzung. „Im Bewusstsein der Bevölkerung ist durch die Proteste etwas Positives passiert“, ist Zeh überzeugt. „Ihr braucht Fürsprecher, die den Zentren des Landes klar machen: Das sind nicht Bauern, die nichts verstehen.“ Ein Bild von Landwirtschaft als einem vitalen Wirtschaftszweig, der die dörfliche Kultur prägt, müsse besser transportiert werden, dafür brauche es Schnittstellen, appelliert Zeh.
Roman „Zwischen Welten“: Juli Zeh als Brücke zwischen Stadt und Land
Eine solche Schnittstelle ist fraglos der Roman „Zwischen Welten“, den sich viele der Anwesenden im Anschluss signieren lassen. Das Buch habe sehr viele Leser gefunden und das Feedback zeige, dass es jenseits der medialen Welt viele ansprechbare Menschen im Land gibt. Zeh ermutigt zum Dialog, der versucht, bei sachlichen Argumenten zu bleiben. „Nicht selbst zum Ideologen werden und mit Gegenmoral reagieren“, empfiehlt sie.
In Bezug auf die Coronapolitik, aber auch in Bezug auf die Landwirtschaft hat Juli Zeh beobachtet: „Es fehlt komplett das Vertrauen, dass die Bürger überhaupt irgendwas allein hinkriegen.“ Die Politik strebe möglichst strenge, kleinteilige Regelungen an. „Es wurde wenig danach gefragt, ob sie im Einzelfall Sinn machen oder nicht – Hauptsache es gilt für alle.“
„Netz aus Vorschriften“
Wenn das Gesamtanliegen klar sei, müsse Arbeit effizient und produktiv sein dürfen und möglichst auch Spaß machen. „Wenn man eingesponnen ist in ein Netz aus Vorschriften, die zum Teil in der Umsetzung nicht mal Sinn ergeben, kann Arbeit keine Freude machen“, dann sei es auch schwer, beruflichen Nachwuchs zu finden. Diese Zusammenhänge müsse man in Bezug auf die Regelungsdichte in der Agrarwirtschaft immer wieder erklären.
Tierschutz und Landwirtschaft: Kein Widerspruch
Zum Ende des Talks, spricht Reinhard Jung Juli Zeh auf ihre Mitgliedschaft in der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ an, deren Botschafterin sie ist, und Zeh erinnert ihn daran, dass „Tierschutz und gutes Landwirtschaften kein Gegensatz“ ist.
Bauernbund Brandenburg: Marco Hintze im Amt bestätigt
Das Gespräch mit Juli Zeh war nicht der einzige Tagespunkt der Mitgliederversammlung. Marco Hintze, seit 2017 Präsident des Bauernbundes, wurde einstimmig für weitere vier Jahre im Amt bestätigt, heißt es in einer Pressemitteilung der Freien Bauern. Als seine Stellvertreter gewählt wurden der 38-jährige Ackerbauer Lutz Wercham aus dem Oderbruch. Neu im Vorstand ist die 26-jährige Mutterkuhhalterin Frieda Salzwedel aus Michaelisbruch in der Ostprignitz.

© Freie Bauern Deutschland
Ebenfalls neu in den Vorstand gewählt wurden Timo Scheib aus Biesdorf in Märkisch-Oderland, Maik Behrend aus Neuholland in Oberhavel und Yvonne Dorowski aus Leibsch im Spreewald. Sie unterstützen künftig die wiedergewählten Vorstandsmitglieder Thomas Kiesel, Hans-Jürgen Paulsen, Jens Gerloff, Ulf Simon, Dirk Schulze, Frank Michelchen und Matthias Kurth.

Unter großem Applaus verabschiedet wurde „Urgestein“ Reinhard Benke aus Mörz in der Mittelmark. Er gehörte dem Vorstand 32 Jahre an.
Die Freien Bauern in Brandenburg haben 470 Mitglieder und verstehen sich als die zweite große Berufsvertretung im Agrarbereich.

Unsere Top-Themen
- Titel: Zuckerrübenanbau
- Landessortenversuche Öko-Speisekartoffeln
- inkl. Ratgeber Pflanzenschutz
- Trends Pflugausstattung
- Märkte und Preise
Informiert sein

Fachliche Qualität – jetzt digital mit dem gratis Upgrade!
Sie sind bereits Abonnent:in der gedruckten Bauernzeitung und möchten die aktuelle Ausgabe zusätzlich auf Ihrem Smartphone, Tablet oder in der Browseransicht lesen? Erweitern Sie einfach Ihr Abonnement:
- Jetzt ein Jahr kostenlos upgraden
- Zuverlässig donnerstags lesen
- Offline-Modus: E-Paper auch ohne Internetzugang lesen
- Lesemodus nutzen, Artikel speichern, Suchfunktion
- Zugriff auf das Ausgaben-Archiv
Die Bauernzeitung jetzt digital lesen – immer und überall!