Landwirtschaft in Brandenburg: Frust bei den Bauern bleibt
Der Agrarausschuss des Landtags wollte im Nachklang der Bauernproteste in einem Fachgespräch wissen, wie es den Landwirten in Brandenburg geht. Bauernpräsident Hendrik Wendorff setzt sich für die Vorschläge des LBV Brandenburg ein.
Von Heike Mildner
Für Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV), war es bereits der dritte Vortrag in dieser Marathonsitzung des Agrarausschusses am Mittwoch (10.4.), sozusagen ein ehrenamtlich-parlamentarischer Hattrick. Und auch den Abgeordneten wurden Konzentration und Durchhaltevermögen abverlangt.
„In Zeiten eines herausfordernden Marktes für landwirtschaftliche Produkte ist unsere Wirtschaftskraft nach wie vor nicht gefestigt“, machte Wendorff deutlich. „Die Absatzbedingungen für die deutschen und europäischen Landwirte für ihre Getreideprodukte verschlechtern sich rasant und bremsen die Unternehmen massiv aus.“ Umso wichtiger sei es, die Umsetzung der Vorschläge des LBV für Bürokratieabbau und Agrar-Binnenstärkung „mit Tempo und Ernsthaftigkeit“ voranzutreiben.
Frust der Bauern: Was sind die „wunden“ Punkte?
In die Diskussion brachte Wendorff weitere „wunde“ Punkte ein:
- Gewinnglättung hilft nur natürlichen Personen und greift in Ostdeutschland weniger;
- weiter ungeklärt ist die Frage nach erneuerbaren Kraftstoffen;
- die Frage, ob Leistungen im kooperativen Naturschutz in Zukunft umsatzsteuerpflichtig sind;
- Umgang mit BVVG-Preußen-Flächen;
- Landwirte dürfen mit dem neuen Bodenschutzgesetz nicht für illegalen Abfall zuständig gemacht werden;
- sowie die Überlegung, ob man nicht mit jeder neuen Verordnung zwei alte abschaffen könne.
Peter Schollbach, Vorsitzender von Land schafft Verbindung Brandenburg, schlug den Bogen zu den Verandlungen auf Bundesebene und ließ noch einmal die Proteste Revue passieren.
Marco Hintze vom Bauernbund Brandenburg machte mit Hinblick auf Mercosur deutlich, dass Abkommen wie diese nicht verabschiedet werden dürfen, wenn sie den Markt mit Produkten fluten, die nicht nach hiesigen Bestimmungen hergestellt wurden.
Rudolf Hammerschmidt (Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg) rechnete u. a. vor, wie schwer es wird, die gestiegenen Kosten mit den gefallenen Preisen zu kompensieren. „Landwirte sind Unternehmer, das können wir!“, sagte Hammerschmidt, jedoch sei das Risiko, das durch die Politik eingebracht werde, immer schwerer zu kalkulieren.
Großer Frust und emotionaler Druck
Stichwort Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie: „Wird Brandenburg weitermachen, obwohl von EU-Seite die Sache vom Tisch ist?“, gibt Hammerschmidt zu bedenken. In der Uckermark führe zudem die Düngeverordnung zu großem Frust, auch, weil sich das Gericht nicht mit inhaltlichen Fragen einer Messstelle beschäftigt.
Julia Bar-Tal (Landesverband Nord-Ost der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) betont die Vielfalt der Landwirtschaftsbetriebe in Brandenburg: „Nicht alle Finger sind gleich, aber trotzdem ergeben sie eine Hand“, sagt sie, diese Diversität gelte es zu verteidigen. Sie machte auf den emotionalen Druck aufmerksam, der auf den Landwirten laste. „50 Prozent im Berufsstand leiden an Depression bis hin zur Suizidalität.“ Entlastend wären schon vermeintliche Kleinigkeiten wie eine praktischere Benutzeroberfläche und eine bessere Kommunikation bei Förderprogrammen.
Sabine Kabath (Bioland Ost) mahnte eine Überarbeitung des Berufsbildes Landwirtschaft in Richtung Ökologie und Naturschutz an und betonte, wie wichtig die Gentechnikfreiheit für ihren Verband sei.
Debatte über den Milchpreis
Hans Foldenauer (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) führte in einer seiner Ausführungen zurück zum Anlass für die Bauernproteste: Niemand gehe auf die Straße, wenn die Milchpreise um 15 Cent oder der Schweinepreis um einen Euro sinken. „Durch den 15 Cent geringeren Milchpreis haben die deutschen Milcherzeuger einen jährlichen Verlust von 4,6 Milliarden Euro“, betonte Foldenauer in der Anhörung. Von der Politik sei er nicht enttäuscht, wohl, weil er schon zu lange dabei sei, sagt das Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft. „Deshalb ein Appell an uns selber, eine Kritik an uns selber: Wir müssen schauen, wofür es elementar wichtig ist zu demonstrieren und nicht von Emotionen leiten lassen.“
Agrarminister Axel Vogel (Grüne) sicherte zu, die Ergebnisse der ministeriellen Arbeitsgruppe Bürokratieabbau im Anschluss an das nächste Treffen am 29. April, an dem auch Ministerpräsident Dietmar (SPD) Woidke teilnehmen wird, schnellstmöglich vorzustellen.
Drei Tage später bietet sich z. B. mit der BraLa eine gute Gelegenheit. Noch vor dem Sommer rechnet der LBV mit konkreten Ergebnissen zur Entlastung von Brandenburgs Bauern.
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