Zwei Frauen machen Käse

Die 60 Krainer Steinschafe des Milchschafhofes Pimpinelle stehen derzeit auf einer Koppel in der Nähe des Dorfes. Die alte Rasse gilt als robust und widerstandsfähig, ist aber dennoch vom Aussterben bedroht. (c) Heike Mildner
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Seit 13 Jahren leben Amelie und Franziska Wetzlar in Quappendorf im Oderbruch von und mit ihren 60 Milchschafen auf dem Milchschafhof Pimpinelle. Eine runde Sache.

Von Heike Mildner

Beim Brandenburger Milchschaf- und Ziegentag zeigten Amelie und Franziska Wetzlar ihren Berufskollegen Weide und Hof. Ihre 60 Krainer Steinschafe stehen derzeit auf einer Koppel in der Nähe des Dorfes. Die alte Rasse gilt als robust und widerstandsfähig, ist aber dennoch vom Aussterben bedroht. Im platten Oderbruch scheinen sich die ursprünglichen Alpenbewohner durchaus wohlzufühlen. Wetzlars sind erfolgreiche Herdbuchzüchterinnen.

Am Weidezaun des Milchschafhofes Pimpinelle geht es natürlich um den Wolfsschutz. Wetzlars setzen auf 120 cm hohe Elektrozäune. Bisher ist hier glücklicherweise noch nichts passiert. Müssten es nicht besser 1,40 m sein? Aber wie ist es dann mit der Windanfälligkeit der Zäune, die wiederum von Zaunhöhe und Bodenbeschaffenheit abhängt.

Portionsweide und Stall

Mancher Kollege staunt, dass sich die Schafe an die Litze halten, die die Koppel teilt. Die Litze wird täglich umgesteckt, sodass die Schafe die Weide nach und nach gleichmäßig abweiden. Bis auf zwei Böcke, die heute gekört werden, sind alle Tiere noch bis Dezember auf der Weide.

Pünktlich zur Lammzeit im vergangenen Jahr war nach knapp zweimonatiger Bauzeit der neue Offenstall fertig. Lange hatten die beiden Frauen auf die Bewilligung der Fördermittel gewartet. Nun steht er gegenüber dem Wohnhaus, vorweihnachtlich beleuchtet und nach Holz und Heu duftend. Amelie Wetzlar erläutert den Kollegen, was sie sich bei der Konzeption des Stalls gedacht haben, wie und wofür er genutzt wird, wie das Ausmisten einfacher geworden ist.

In der Lammzeit beispielsweise müssen sie nur kurz über den Hof, wenn es Komplikationen gibt. Zudem lassen sich die Schafe im Stall gut in Gruppen zusammenfassen und über verschiedene Luken, die auf einen Gang zum Melkstand führen, grüppchenweise abholen. Der Melkstand ist im Nachbargebäude und naturgemäß zurzeit ungenutzt. Sogar bis Mitte April, denn Wetzlars praktizieren muttergebundene Aufzucht: Bis die Lämmermägen mit Gras zurechtkommen, darf sich der Nachwuchs bei den Müttern bedienen.

Ab April ist Milchsaison

Gemolken wird von April bis Oktober. Die tägliche Routine fällt dann in Amelies Aufgabenbereich. Auch im Melkstand zielt alles darauf, die Arbeit mit den Schafen zu erleichtern, die Abläufe ruhig und die Wege kurz zu halten. „Wir wollen das ja alles in zehn Jahren auch noch machen“, sagt Amelie Wetzlar. Bei der Melktechnik hat sie in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt: mit anfälliger Technik und Anbietern, die einen Betrieb mit 60 Tieren nicht so recht ernst nehmen und gegebenenfalls warten lassen. Dann war immer mal wieder Handmelken angesagt.

Seit diesem Jahr nutzt Amelie das Kannenmelksystem eines griechischen Herstellers. „Ich will die Technik gegebenenfalls innerhalb einer Stunde selbst reparieren können und nicht länger von Melktechnikern abhängig sein“, schildert Amelie ihre Gründe für den Wechsel. Für die Hofführung hat sie nochmal eine der drei 30-Liter-Kannen herausgeholt, steht unten in der Melkgrube und erläutert das System.

Hof Milchschafhof Pimpinelle
(c) Heike Mildner
Käsemanufaktur
(c) Heike Mildner

Die Grube war einmal ein Rübenkeller, der Melkstand steht im ehemaligen Kuhstall. Zehn Jahre hatten ihn die Wetzlars als Schafstall umgenutzt, was mit vielen Kompromissen verbunden war. Daher der Stallneubau nebenan und der Einzug des Melkstandes.

Sechs von jeweils zwölf Schafen können hier gleichzeitig gemolken werden. Ist die Kanne voll, hebt Amelie sie per Flaschenzug aus der Grube auf einen Handwagen und fährt sie über den Hof zu ihrer Frau Franziska in die Käserei. Eine Milchleistungsprüfung ihrer Krainer Steinschafe ist für die Herdbuchzüchterinnen selbstverständlich. So haben sie die Qualität der Rohmilch immer genau im Blick.

10 Jahre Käserei

Franziska Wetzlar ist die Veredlerin: In der Milchsaison verarbeitet sie die Rohmilch tagesaktuell oder sammelt und kühlt sie höchstens drei Tage. Im nächsten Jahr wird die Käserei zehn Jahre alt.

In über tausend Runden Käseherstellung hat Franziska jede Menge Spezialwissen und Erfahrungen gesammelt. Sie kennt die Reifeprozesse ihrer Schnitt-, Hart- und Weichkäse, pflegt sie täglich mit Salzwasser und Rotkultur und hat etliche erfolgreiche Produktentwicklungen gemeistert und Urkunden für ausgezeichnete Produkte erhalten. Im Repertoire finden sich Salzlakenkäse, halbfester Schnittkäse, Schnittkäse mit grünem Pfeffer, „Steinschaf“, ein Hartkäse, „Schafblues“, ein Hartkäse mit Blauschimmel. Je nach Reifegrad kosten 100 g zwischen 3,60 Euro und 4,10 Euro.

Milchschafhof Pimpinelle: Käse, Fleisch und WollE

In der Saison kommen Joghurt, Quark, Frisch- und Weichkäse hinzu, hier geht es preislich bei 2,20 €/100 g los. Wenn geschlachtet wurde, bereichern frische Lammbratwurst und Fleisch, später Salami und Schaffelle das Angebot des Hofladens. Und natürlich gibt es nach der Schur im Frühjahr Wolle – weiß, schwarz und meliert – als Rohwolle oder gewaschen und kardiert zum Spinnen und Filzen. Kurz: Alles vom Schaf findet auf kurzen Wegen zum Kunden, und das, was die Schafe brauchen oder Franziska in der Käserei, kommt wie Heu und Kräuter vom eigenen Acker oder ebenso auf kurzem Weg aus der Region.


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Über neue Wege zum Kunden denken die beiden Frauen gerade nach. Dass die avisierten Weihnachtsmärkte wegen Corona ausfallen, haben sie mit einem Mailing an die Stammkundschaft kombiniert mit zwei Auslieferungsfahrten nach Berlin kompensiert. Insgesamt habe ihnen die Pandemie eher einen Zulauf an Kundschaft beschert.


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